Leitsatz (amtlich)
Die Reisekosten eines am dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten zum Termin sind bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwaltes erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich gewesen wäre. Entsprechendes gilt für die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines Unterbevollmächtigten am sog. dritten Ort.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Beschluss vom 09.01.2006; Aktenzeichen 1 O 227/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Duisburg - Rechtspflegerin - vom 9.1.2006 wird kostenfällig zurückgewiesen.
Gründe
I. Die am 3.2.2006 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers (Bl. 161 f. GA) gegen den ihm am 23.1.2006 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.1.2006 (Bl. 117 ff. GA) ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig, hat jedoch keinen Erfolg.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Rechtspflegerin in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss gem. Festsetzungsantrag der Beklagten vom 7.12.2005 (Bl. 96 ff. GA) auch Kosten für den Terminsvertreter (Unterbevollmächtigten) i.H.v. 537,35 EUR festgesetzt hat. Diese sind der in Hamburg ansässigen Beklagten - die mit der Wahrnehmung ihrer Rechte ebenfalls in Hamburg ansässige Prozessbevollmächtigte beauftragt hat - entstanden für die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 28.10.2005 vor dem LG Duisburg durch den in Nordwalde ansässigen Unterbevollmächtigten.
1. Nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 16.10.2002 (BGH v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, JurBüro 2003, 202 ff.) sind Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen, wobei die Wesentlichkeitsgrenze bei 10 % liegt. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
a) Die Kosten, die im Falle eigener Terminswahrnehmung durch die Hauptbevollmächtigten entstanden wären, wären dem Grund nach zu erstatten. Die Beklagte war berechtigt, einen in der Nähe ihres Wohnortes bzw. Firmensitzes ansässigen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung ihrer Vertretung zu betrauen. Sie war nicht etwa gehalten, sogleich einen am Ort des Prozessgerichtes ansässigen Rechtsanwalt zu beauftragen und schriftlich oder fernmündlich zu informieren.
Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohnortes ansässigen Rechtsanwaltes durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt im Regelfall eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder -verteidigung i.S.d. § 91 Abs. 2 S. 1 2. Halbs. ZPO dar. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung nur aufgrund eines persönlichen Gespräches erfolgen kann. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur dort eingreifen, wo schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwaltes feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist allenfalls dann anzunehmen, wenn ein gewerbliches Unternehmen über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, die die Sache bearbeitet hat, oder wenn es sich um einen in tatsächlicher Hinsicht auch von einem juristischen Laien überschaubaren Streit handelt, in dem etwa die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein oder keine Einwendungen zu erheben (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, JurBüro 2003, 202 ff.). Derartige Umstände sind jedoch im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
b) Die für die Terminswahrnehmung durch den Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten liegen unter denen, die bei einer Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären.
Die Kosten für die Wahrnehmung des Termins durch den Unterbevollmächtigten betragen nach der Berechnung vom 2.12.2005 (Bl. 98 GA) 537,35 EUR. Die fiktiven Kosten für eine Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten hätten nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 11.1.2006 (Bl. 123 f. GA) 579,50 EUR betragen. Von der Kostenaufstellung abzusetzen waren insoweit die Verfahrensgebühr sowie die Auslagenpauschale, die bereits im Festsetzungsantrag der Beklagten vom 7.12.2005 (Bl. 96 GAO) enthalten sind und durch die Terminswahrnehmung nicht nochmals angefallen wären. Die Flugkosten i.H.v. 250 EUR wären erstattungsfähig, da die hierdurch verursachten Mehrkosten zu den Kosten bei der Benutzung des eigenen Pkw unter Berücksichtigung der Zeitersparnis in einem angemessenen Verhältnis stehen (OLG Naumburg OLGReport Naumburg 2006, 162). Insoweit hat die Rechtspflegerin die Kosten für die Benutzung eines Pkw auf 322,41 EUR ermittelt zzgl. eine...