Leitsatz (amtlich)

Verzichtet der Vermieter bei einem Mieterwechsel auf den Abriss der vom Mieter errichteten Gebäude (hier: Tankstellenaufbauten) und macht der Mieter auch von seinem Wegnahmerecht keinen Gebrauch, kann eine Eigentumsübertragung auf den Vermieter vorliegen, wenn der Nachmieter an den Absprachen nicht beteiligt wird.

 

Normenkette

BGB §§ 535, 539

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 374/06)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Den Klägern wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Die Berufung der Kläger hat keine Aussicht auf Erfolg und wird deshalb zurückzuweisen sein.

I. Das landgerichtliche Urteil ist richtig. Das LG hat zutreffend festgestellt, dass eine Verpflichtung der Beklagten zum Abriss der Gebäude auf dem Grundstück W-Str. 139 in S. nicht besteht, weshalb sie auch zur Tragung der damit verbundenen Kosten nicht verpflichtet ist.

Der Senat folgt den Ausführungen des angefochtenen Urteils, worauf zur Vermeidung von Wiederholungen auch Bezug genommen wird. Das Vorbringen der Kläger in der Berufungsbegründung rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

Die Beklagte war nicht Eigentümerin der von der S. AG im Anschluss an den Mietvertrag vom 16.7./4.8.1958 auf dem Mietgrundstück errichteten Gebäude und sie ist auch nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zum Abriss der Gebäude verpflichtet.

1. Eigentümer der Gebäude waren die Kläger geworden. Die in § 6 der Mietverträge vom 16.07./4.8.1958 und vom 18.12.1979/2.9.1980 mit der S. AG getroffene Regelung, dass die Baulichkeiten nur zu einem vorübergehenden Zweck für die Dauer des Mietverhältnisses errichtet werden sollten, im Eigentum der S. AG stehen und nach Beendigung des Mietverhältnisses beseitigt werden müssen, führte zunächst dazu, dass die Gebäude nur Scheinbestandteile des Grundstücks gem. § 95 Abs. 1 BGB geworden waren. Trotz ihrer festen Verbindung mit dem Grundstück können auch vom Mieter errichtete Gebäude nur Scheinbestandteile darstellen (vgl. BGHZ 92, 70; BGH NJW 1996, 916; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB, 67. Aufl., § 95 Rz. 3).

Wesentlicher Bestandteil des Grundstücks der Kläger wurden die Gebäude indes, nachdem der Mietvertrag mit der S. AG zum 31.12.1987 beendet wurde und die Kläger, dieser Beendigung zeitlich vorgelagert, ggü. der S. AG durch ihre schriftlichen Erklärungen vom 29.5.1987 und vom 29.7.1987 auf den Abriss der Gebäude verzichtet hatten. Zwar hatte diese Entbindung nicht ohne weiteres zur Folge, dass die S. AG die Gebäude nicht gleichwohl hätte beseitigen können, da der Wegfall ihrer Pflicht zum Abriss nicht automatisch auch den Wegfall ihres Rechts zur Wegnahme aus § 547a Abs. 1 BGB a.F. = § 539 Abs. 2 BGB nach sich zog. Indes liegt in dem Verzicht der Kläger und dem Unterlassen der S. AG, den Abriss vorzunehmen, eine stillschweigende Einigung über den Eigentumsübergang an den Gebäuden gem. § 929 BGB (vgl. hierzu BGHZ 23, 57; BGH NJW 1987, 774; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a.a.O., § 95 Rz. 4). Anders vermag der insoweit unstreitige Ablauf des Geschehens nicht beurteilt zu werden, zumal nicht ersichtlich ist, wem die S. AG die Gebäude ansonsten hätte übereignen wollen. Mit der Übereignung wurde vielmehr die vom Gesetz in § 946 BGB vorgesehene Rechtsfolge erreicht, dass nämlich die auf einem Grundstück befindlichen Gebäude im Eigentum des Grundstückseigentümers stehen. Für eine Übereignung an die Beklagte ist dagegen nichts ersichtlich.

Die Würdigung der Kläger, die Entbindung der S. AG von der Abrissverpflichtung stelle eine "Weisung" von ihnen an diese dar, "den Abriss zu unterlassen" und es lägen keine "übereinstimmenden Erklärungen der Parteien dieses Mietvertrages" vor, ist rechtsirrig. Vielmehr haben die Kläger ggü. der S. AG schriftlich auf ihr Recht, einen Abriss verlangen zu können, verzichtet. Das darin liegende Angebot zur Abänderung des Mietvertrages wurde von der S. AG konkludent angenommen, indem sie auf einen Abriss verzichtete. Der formlosen Annahme steht § 12 des Mietvertrages vom 16.7./4.8.1958 nicht entgegen; denn die Parteien dieses Mietvertrages haben das Formerfordernis durch diese Handhabung stillschweigend aufgehoben. Dieses ist stets anzunehmen, wenn - wie hier - die Parteien die Maßgeblichkeit der mündlichen Vereinbarung übereinstimmend gewollt haben (BGH NJW 1962, 1908; WM 1982, 902; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a.a.O., § 125 Rz. 14 m.w.N.). Im Übrigen wurde das so Vereinbarte in der Folgezeit unbeanstandet entsprechend gehandhabt. Die Kläger haben sich seit 1987 zu keinem Zeitpunkt ggü. der S. AG darauf berufen, dass deren Zustimmung zum Verzicht auf die Abrissverpflichtung nicht schriftlich erklärt worden sei. Es besteht deshalb auch eine tatsächliche Vermutung für den Abschluss des Änderungsvertrages (vgl. hierzu BGH LM § 305 Nr. 17, HGB 105 Nr. 22; OLG Frankfurt MDR 1981, 498; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, a.a.O., § 125 Rz. 14a).

Dass zwischen der Beklagte...

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