Leitsatz (amtlich)

1. Die Ausländerbehörde und die auf ihrer Seite beteiligten weiteren Behörden müssen sicher stellen, dass eine im Laufe des Vormittages eines Freitags bei der Zentralen Ausländerbehörde eingehende Information, die die Beendigung der Abschiebungshaft erfordert, (hier: Fortfall der Abschiebungsmöglichkeit innerhalb der Frist des § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG trotz Vorhandensein eines "Laissez-Passer") auch außerhalb der regulären Dienstzeit einem zur Entscheidung über die Entlassung befugten Mitarbeiter (einer Mitarbeiterin) unverzüglich zur Kenntnis gelangt, wobei dieser die Haftentlassung umgehend in die Wege zu leiten hat.

2. Werden dem Tatgericht (hier Beschwerdegericht) gegen den Betroffenen anhängige staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren nach Aktenzeichen und Behörde bekannt, so muss es vor seiner Haftentscheidung ermitteln, ob die Staatsanwaltschaft einer Abschiebung des Betroffenen mit Blick auf § 72 Abs. 4 AufenthG zustimmt.

 

Normenkette

AufenthG § 62 Abs. 2 S. 4, § 72 Abs. 4; FreihEntzG § 14 Abs. 3; FGG § 13a

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Beschluss vom 01.10.2007; Aktenzeichen 18 T 49/07)

AG Düsseldorf (Aktenzeichen 152 XIV 59/07)

 

Tenor

Der Betroffene hat die Gerichtskosten für die amtsgerichtliche Haftanordnung zu tragen.

Die Landeshauptstadt Düsseldorf hat dem Betroffenen die Hälfte seiner ihm im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde notwendig entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I. Der Betroffene reiste am 5.1.2003 mit einem bis zum 5.4.2003 gültigen Visum erstmals in das Bundesgebiet ein. Unter dem 10.1.2003 stellte er einen Asylantrag, der durch Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge am 12.3.2003 - bestandskräftig seit dem 28.3.2003 - unter Androhung der Abschiebung als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.

Der Betroffene kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, tauchte unter und wurde am 10.10.2003 nach unbekannt abgemeldet und zur Fahndung ausgeschrieben.

Am 14.12.2003 wurde er in Rostock vorläufig festgenommen. Bei der Ausländerbehörde Kleve erklärte der Betroffene am 18.12.2003, nicht freiwillig in sein Heimatland zurückkehren zu wollen. Nach vorübergehender Duldung wurden Aufenthalts beendende Maßnahmen eingeleitet. Nach Ausstellung eines Passersatzpapiers sollte er, nach schriftlicher Ankündigung am 3.1.2005, am 7.1.2005 in sein Heimatland abgeschoben werden. Zu diesem Termin erschien er nicht, er tauchte vielmehr erneut unter und wurde wiederum zur Fahndung ausgeschrieben.

Im Rahmen anderweitiger polizeilicher Ermittlungen wurde der Betroffene am 7.8.2007 in Düsseldorf überprüft. Er wies sich dabei zunächst mit einem auf den Namen seines Bruders ausgestellten deutschen Führerschein aus. Der Betroffene wurde festgenommen.

Auf Gesuch des Antragstellers hat das AG nach Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 8.8.2007 Sicherungshaft gem. §§ 62 Abs. 2 Nr. 2, 3 und 5 AufenthG für längstens drei Monate angeordnet.

Mit der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat der Betroffene im Wesentlichen geltend gemacht, die Abschiebungshaft hätte wegen § 62 Abs. 1 Satz 4 AufenthG mit Blick auf gegen den Betroffenen laufende Ermittlungsverfahren nicht angeordnet werden dürfen, da der Antragsteller die Zustimmung der Staatsanwaltschaft nach § 72 Abs. 4 AufenthG nicht eingeholt habe.

Das LG hat das Rechtsmittel am 1.10.2007 zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, der Betroffene habe den Haftgrund des § 62 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AufenthG verwirklicht. Er habe seinen Aufenthaltsort gewechselt, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er zu erreichen war, ferner sei er aus von ihm zu vertretenden Gründen zu einem für die Abschiebung angekündigten Termin nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen worden. Es bestehe der begründete Verdacht, dass der Betroffene, käme er auf freien Fuß, sich der Abschiebung durch Untertauchen entziehen werde, § 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG. So habe er angegeben, nicht freiwillig in sein Heimatland zurückkehren zu wollen. Er habe bereits zwei Jahre in der Illegalität gelebt.

Der Abschiebungshaft stünden auch keine Abschiebehindernisse entgegen. Der unter dem 17.9.2007 gestellte Asylfolgeantrag hindere die Aufrechterhaltung der Haft nicht, § 71 Abs. 8 AsylVfG.

Da der Betroffene im Übrigen die Geldstrafe aus dem Strafbefehl bezahlt habe, habe es einer Zustimmung nach § 72 Abs. 4 AufenthG zur Abschiebung durch die Staatsanwaltschaft Duisburg nicht bedurft. Im Übrigen seien der Ausländerbehörde weitere staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren nicht bekannt, die eine entsprechende Zustimmung erforderlich machen würden.

Die Dauer der Haft sei verhältnismäßig. Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung nicht innerhalb der festgesetzten Frist werde erfolgen können, seien nicht gegeben. Die libanesischen Behörden hätten der Zentralen Ausländerbehörde unter dem 29.8.2007 zugesagt, innerhalb der festgesetzten Frist die Passersatzpapiere auszustellen.

Gegen den landgerichtliche...

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