Leitsatz (amtlich)
Erschütterung des durch Lieferschein und korrespondierender Rechnung begründeten Anscheinsbeweises, wenn der Frachtführer die übernommene Sendung äußerlich vollständig beim bestimmungsgemäßen Empfänger abliefert, aber der Kartoninhalt fehlt und eine Manipulation an den Kartons und damit ein Warenverlust noch beim Absender nicht ausgeschlossen ist.
Normenkette
ZPO § 286
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 25.06.2004) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25.6.2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des LG Wuppertal wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt mit der Behauptung, Assekuradeur der Transportversicherer der Fa. T. GmbH (im Folgenden: Fa. T.) zu sein, die Beklagte aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen Verlust von 1.000 Festplatten auf Zahlung von zweitinstanzlich noch 13.494,55 EUR in Anspruch.
Die Fa. T. hatte 1.000 Festplatten an die L. S. A. in P. veräußert. Die Fa. T. lagert u.a. Festplatten im Lager der E. GmbH in H. Am 22.5.2002 erteilte die Fa. T. der Beklagten, mit der sie in ständiger Geschäftsbeziehung steht, einen sog. Speditionsauftrag zu festen Kosten über 1 Palette mit 1.000 Festplatten, zu befördern von der E. GmbH in H. zu der L. S. A. in P. Gemäß dem Speditionsauftrag bestand die zu befördernde Sendung aus "1 Pal = 20 KT." mit 1.000 HDD ... (Festplatten) im Gewicht von 132 kg. Der Fahrer der von der Beklagten beauftragten Unterfrachtführerin Dornsbach quittierte am gleichen Tag, die Ware in H. "ordnungsgemäß übernommen" zu haben. Noch am gleichen Tag wurde im Lager der Beklagten in W. die Palette umgeschlagen. Am 23.5.2002 wurde die Warensendung bei der Fa.F. in B. umgeschlagen und von dort mit einem Lkw der Fa.F. ausgerollt. Am 24.5.2002 wurde die Warensendung von einem Mitarbeiter der L. S. A. angenommen. Auf der nicht unterschriebenen Ablieferungsquittung brachte ein Mitarbeiter der L. mehrere Stempel auf, einer davon lautet (in deutscher Übersetzung) "Unter Vorbehalt der Kontrolle".
Auf der Empfangsquittung befindet sich des Weiteren ein handschriftlicher Vermerk, der unstreitig von einem Mitarbeiter der Empfängerin stammt, wonach eine umschrumpfte Palette abgeliefert wurde, nach einer Kontrolle jedoch zwei Kartons leer vorgefunden und 100 Festplatten als fehlend festgestellt wurden.
Die Klägerin hat behauptet:
In jedem der 20 auf der - unstreitig mit Folie umwickelten - Palette befindlichen Kartons hätten sich 50 Festplatten befunden. 2 Kartons seien der Empfängerin leer abgeliefert worden, so dass im Obhutsgewahrsam der Beklagten bzw. ihrer Gehilfen insgesamt 100 Festplatten in Verlust geraten seien.
Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin sowie einen Warenverlust in ihrem Obhutsgewahrsam bzw. in dem ihrer Unterfrachtführer bestritten.
Das LG hat Beweis erhoben durch Vernehmung zweier Versandmitarbeiter der E. GmbH. Es hat sodann das klageabweisende Versäumnisurteil aufrecht erhalten und ausgeführt, es sei nicht mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass die Festplatten nicht bereits im Herrschaftsbereich der E. GmbH entnommen worden sind. Es hätte ein dortiger Mitarbeiter das Hochregal erklimmen können, welches an der Rückseite des mit T.-Waren gefüllten Hochregallagers grenzt, die Festplattenkartons öffnen, den Inhalt entnehmen und die Kartons wieder verschließen können. Denkbar sei auch, dass sich eine Person mit einem Gabelstapler von einer zweiten Person in das Hochregal hinauf fahren ließ, um entsprechend vorzugehen. Ein solches Vorgehen erscheine angesichts des hohen Wertes der fehlenden Ware auch nicht gänzlich unwahrscheinlich. Auch bei einem Diebstahl auf dem Transportweg nach F. hätte es eines gesteigerten Aufwandes und einer entsprechend hohen kriminellen Energie bedurft, weil ein Täter die Plastikfolienumspannung der Palette zunächst hätte beseitigen, zwei Festplattenkartons hätte öffnen, die Festplatten hätte entnehmen, die Kartons wieder schließen und die Folienumspannung wieder hätte herstellen müssen. Demgegenüber erscheine eine Entwendung der Ware im Lager der E. GmbH, z.B. zu einer betriebsarmen Zeit, nicht völlig ausgeschlossen. Die Anforderungen an die Klägerin würden hiermit auch nicht unzumutbar überspannt. Im Gegensatz zu der Beklagten, die eine Entwendung während des Transportes durch mehrere von ihr beauftragte Unternehmen kaum ausschließen könne, hätte für die Mitarbeiter der E. GmbH jederzeit die Möglichkeit bestanden, die Vollständigkeit der Waren ohne erheblichen Aufwand bei Ausgabe zu prüfen und zu belegen, indem die Ware vor der Ausgabe erneut gewogen worden wäre, wie es im Übrigen nach d...