Leitsatz (amtlich)

1. Setzt der Mieter nach Ablauf eines Mietverhältnisses den Mietgebrauch unter Weiterzahlung des als Miete vereinbarten Entgelts fort und nimmt der Vermieter dieses Verhalten hin, so besteht zwischen ihnen nicht nur ein faktisches Nutzungsverhältnis, sondern weiterhin der bisherige Vertrag oder ein neuer Mietvertrag zu den bisherigen Vertragsbedingungen, allerdings mit gesetzlicher Kündigungsfrist.

2. Die Wegnahmepflicht des Mieters ist nicht auf Einrichtungen beschränkt, sondern umfasst auch bauliche Veränderungen.

 

Normenkette

BGB §§ 535, 545-546

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Urteil vom 13.12.2005; Aktenzeichen 3 O 99/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am am 13.12.2005 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Kläger 7.532,31 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 888,47 EUR seit dem 4.12.2004, 6.1., 4.2. und 4.3.2005 und aus weiterem 3.773 EUR seit dem 1.1.2005 zu zahlen.

2. Die Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger zu 40 %, die Beklagte zu 60 %, die des zweiten Rechtszuges der Kläger zu 30 %, die Beklagte zu 70 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel, mit welchem die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Miete für die Zeit von Dezember 2004 bis März 2005 (4 Mon × 888,47 EUR/Mon = 3.553,88 EUR), Verzugszinsen daraus (50,23 EUR), Schadensersatz wegen unterbliebener Schönheitsreparaturen (2.594,04 EUR) und unterbliebenen Rückbaus der Mietsache nach beendetem Mietverhältnis (3.773 EUR) jeweils nebst gesetzlicher Zinsen sowie Verzugsschaden (230,40 EUR) bekämpft, hat hinsichtlich der Position "Schönheitsreparaturen" vollen, hinsichtlich der Positionen "Rückbau" und "Verzugsschaden" einen Teilerfolg; im Übrigen bleibt es ohne Erfolg. Im Einzelnen gilt das Folgende:

I. Forderungsabrechnung

Spalte?

I

II

Zeile?

Position/Beträge

Beträge/EUR

01

Mieten 12/03-03/05 (4 Mon × 888,47 EUR)

3.553,88

02

Verzugszinsen lt. Klageschrift (S. 6, GA 14)

50,23

03

Schönheitsreparaturen lt. Rg. v. 25.1.2005 (GA 111 f.) brutto 2.594,04 EUR,

0,00

04

Rückbaukosten lt. Rg. v. 1.12.2004 (GA 47) brutto 4.376,68 EUR,

netto 3.773,00

05

Vorgerichtl. Mahnkosten nach RVG/Gegenstandswert: 5.621,09 EUR, netto

155,20

06

Restforderung

7.532,31

II. Erläuterungen

1. Der Senat folgt der Rechtsauffassung des LG, dass die Parteien nicht nur durch ein (faktisches) Nutzungsverhältnis, sondern durch ein Mietverhältnis (bewusste Gebrauchsüberlassung der gewerblichen Räume gegen Entgelt) mit gesetzlicher Kündigungsfrist miteinander verbunden gewesen sind, § 535 BGB. Es gibt keine Veranlassung, das im ersten Rechtszug gewonnene und vom LG als mietvertragliche Bindung beurteilte Beweisergebnis abweichend zu würdigen. Dabei kommt es auf die Frage, ob eine Übernahme des Mietvertrags vom 18.10.1993 (nachfolgend Altmietvertrag genannt) stattgefunden hat oder ob ein neuer Mietvertrag (nachfolgend Neumietvertrag genannt) zustande gekommen ist, nicht entscheidend an. Auch wenn sich die Parteien (nur) auf den Neumietvertrag verständigt haben sollten, dann jedenfalls konkludent zu den (der Beklagten bekannten) konstitutiven Konditionen des Altmietvertrags, also auch mit der dort zugrunde gelegten Miete zzgl. Betriebskostenvorauszahlung und Mehrwertsteuer (Zeile 01).

a) An dieser Beurteilung ändert auch nichts der Umstand, dass der Altmietvertrag gem. § 2 Nr. 2 zeitlich bis zum 31.12.2003 befristet worden ist. Hatten sich die Parteien auf eine Vertragsübernahme verständigt, endete das Mietverhältnis zwar zum genannten Termin und es konnte auch durch die bloße (widerspruchslose) Gebrauchsfortsetzung nicht gem. § 545 Satz 1 BGB (früher § 568 BGB) neu begründet werden; denn die Anwendung dieser Bestimmung war mietvertraglich abbedungen (§ 2 Nr. 6 Mietvertrag). Das hinderte die Parteien aber nicht daran, nach Ablauf des schriftlichen Mietvertrags durch neue Vereinbarung stillschweigend den Altvertrag unbefristet zu verlängern. Die bewusste Fortsetzung der Nutzung unter bewusster Fortentrichtung des Entgelts ist nämlich gem. §§ 133, 157 BGB als Angebot der Beklagten auf Abschluss eines neuen unbefristeten Mietvertrags zu den im Übrigen alten Konditionen auszulegen. Dieses Angebot hat der Kläger durch bewusste Belassung der Gebrauchsmöglichkeit unter bewusster Entgegennahme des Entgelts konkludent angenommen. Mit dem Vollzug ist es zum Abschluss eines neuen Mietvertrags ab 1.1.2004 gekommen, wenn sich die Parteien nicht schon anlässlich des Mieterwechsels mündlich auf den Abschluss eines neuen unbefristeten Mietvertrags zu den essentiellen Konditionen des Altmietvertrags geeinigt hatten.

b) Daran waren sie auch nicht durch die Schriftformklausel (§ 21 Mietvertrag) gehindert. Die in Rede stehende Klausel in Satz 1 des Mietvertrags, wonach "nachträgliche Ände...

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