Leitsatz (amtlich)
1. Zur Kündigung des Mietverhältnisses gem. § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen wiederholten Wassereintritts infolge Rheinhochwassers in den Keller der gemieteten Gaststätte.
2. Hat der Mieter seine vertragliche Verpflichtung zur Leistung der Kaution ganz oder anteilig nicht erfüllt oder ist diese verbraucht, steht dem Vermieter wegen seiner zu sichernden Ansprüche ein Zahlungs- bzw. Wiederauffüllungsanspruch auch noch nach Beendigung des Mietverhältnisses zu.
3. Der Vermieter hat nach Beendigung des Vertrages grundsätzlich die Wahl, ob er die Kaution einklagt oder ob er die Zahlungsansprüche selbst klageweise geltend macht. Beide Forderungen gleichzeitig einklagen kann er nicht.
4. Der Anspruch aus § 539 Abs. 2 BGB verjährt nach § 548 Abs. 2 BGB in sechs Monaten und wird weder durch eine (unberechtigte) Ausübung des Vermieterpfandrechts noch durch eine innerhalb der Sechsmonatsfrist bei Gericht eingereichte Widerklage auf Zahlung von Schadens- bzw. Aufwendungsersatz gehemmt.
5. Der infolge der eingetretenen Verjährung auf Dauer zum Besitz berechtigte Vermieter schuldet weder eine Nutzungsentschädigung noch haftet er dem Mieter auf Schadensersatz oder Bereicherungsausgleich, wenn dessen Eigentum an der zurückgelassenen Einrichtung untergeht. Darauf, ob der Vermieter sich auf die Einrede der Verjährung des Wegnahmeanspruchs berufen hat, kommt es nicht an.
Normenkette
BGB §§ 240, 242, 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1, § 536 Abs. 1, §§ 536b, 539 Abs. 2, § 543 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 S. 136; StPO § 244 Abs. 3 analog
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 26.10.2004; Aktenzeichen 8 O 156/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.10.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des LG Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.333,34 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 4.166,67 EUR seit dem 4.1. und 4.2.2003 zu zahlen.
Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten 4.896,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.8.2003 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges haben die Klägerin zu 31 % und der Beklagte zu 69 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 49 %, der Beklagte zu 51 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
I. Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem beendeten Mietverhältnis über gewerbliche Räume im Kellergeschoss des Hauses F-Str. in D., in denen u.a. der Beklagte die Gaststätte "..." betrieb. Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens, der gestellten Anträge und der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (GA 168 ff.). Das LG hat die Zahlungsklage der Klägerin (8.333,34 EUR abgetretene Kaufpreisraten; 9.236,24 EUR rückständige Miete; 5.178,48 EUR Wiederauffüllung der verbrauchten Kaution; 5.068 EUR Rechtsanwaltskosten als Schadensersatz; Miete von je 2.974,99 EUR für die Zeit von 05-08/2003) abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage des Beklagten zur Zahlung von 33.592,06 EUR nebst 8 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.8.2003 verurteilt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen (GA 173 ff.).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie macht geltend, dass LG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die fristlose Kündigung des Beklagten vom 13.1.2003 wirksam gewesen sei. Das LG habe verkannt, dass aufgrund der positiven Kenntnis des Beklagten von der konkreten Gefährdung des Objekts in Bezug auf eindringendes Grundwasser (bei außergewöhnlichen Hochwasserständen) das Kündigungsrecht gem. §§ 543 Abs. 4, 536 b Abs. 1 BGB ausgeschlossen gewesen sei. Das LG habe ihren Vortrag insoweit zu Unrecht als unsubstantiiert qualifiziert. Sie habe bereits auf S. 5 der Klageschrift hervorgehoben, dass die Parteien bereits bei Abschluss des Mietvertrages die Tatsache, dass bei extremem Hochwasser und dadurch bedingten erheblich erhöhten Grundwasserständen kurzfristig Grundwasser in die im Keller gelegenen Räumlichkeiten eindringen könne und auch die Vormieter hiermit von Zeit zu Zeit konfrontiert gewesen seien, thematisiert hätten. Der Beklagte habe sich bereits im Rahmen des ersten Gesprächs...