Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 2b O 254/18) |
Tenor
Die Berufung des klagenden Landes wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt das klagende Land.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Dem klagenden Land bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Zahlung negativer Zinsen aus einem Schuldscheindarlehen.
Die Parteien schlossen am 21.05.2004 auf Vermittlung des Bankhaus L... ein Schuldscheindarlehen (Nr. 40-275) über einen Betrag von 50.000.000,00 EUR. Das Darlehen ist am 26.05.2034 endfällig. Es wird mit 0,013 % p. a. unter dem 6-Monats-EURIBOR (nachstehend nur noch "Zinssatz") verzinst. Die Zinsen sind halbjährlich nachträglich am 26.05. und 26.11. eines jeden Jahres ("Zinsfälligkeitstag") fällig. Die Darlehenssumme wurde an das klagende Land ausgezahlt.
Nachdem der Zinssatz zunächst positiv war, wurde er zum Zinsfälligkeitstag 27.05.2016 erstmals und seit dem durchgehend negativ. Das klagende Land, welches zunächst die positiven Zinsen entsprechend an die Beklagte entrichtete, verlangte Zahlung der negativen Zinsen, was die Beklagte ablehnte.
Zum weiteren Vorbringen der Parteien im ersten Rechtszug sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergänzend auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Mit am 24.06.2020 verkündeten Urteil hat das Landgericht Düsseldorf durch die 2b. Zivilkammer die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Parteien hätten zwar eine wirksame "Zinsgleitklausel" vereinbart, jedoch sei unter Auslegung des Vertragsinhalts sowie der weiteren Begleitumstände zu ermitteln, dass die Parteien bei Vertragsschluss einvernehmlich davon ausgegangen seien, dass nur seitens des klagenden Landes Zinsen gezahlt werden sollten und diese Zinszahlungspflicht bei entsprechender Entwicklung des Zinssatzes im für die Beklagte schlechtesten Fall "nur" ausbleiben könne. Die Parteien hätten den Vertrag als "Darlehensvertrag" beschrieben und von einer "Verzinsung" gesprochen. Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 488 BGB sei als Pflicht des Darlehensgebers aber lediglich eine Kapitalverschaffungspflicht vorgesehen, wohingegen der Darlehensnehmer für die Bereitstellung des Kapitals Zinsen zu zahlen habe (§ 488 Abs. 1 S. 2 BGB). Zinsen seien nach der Wertung der zinsrechtlichen Normen des BGB stets von demjenigen zu zahlen, der über das jeweilige Kapital verfügen kann. Würde man dem Darlehensnehmer zusätzlich zu seinem Anspruch auf Kapitalverschaffung noch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen zubilligen, würden die gesetzlich vorgesehenen synallagmatischen Gegenleistungspflichten umgekehrt und das Gesamtgefüge der Hauptleistungspflichten gestört. Der Darlehensvertrag wäre somit in die Nähe eines Verwahrungsvertrages gerückt. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht aus der Möglichkeit, die Zinszahlungspflicht des Darlehensnehmers auf "Null" zu reduzieren. Hiermit sei keine Umwandlung der Zahlungspflicht des Darlehensnehmers in eine Zahlungspflicht des Darlehensgebers verbunden. Selbst wenn man die vereinbarte Klausel dahingehend verstehen sollte, dass die Beklagte Zinsen zu zahlen hätte, wäre diese aufgrund Vorgesagtem jedenfalls überraschend und als besonders ausdrückliche Regelung zu erwarten gewesen, an der es vorliegend mangeln würde. Es bestehe vorliegend auch keine besondere Interessenlage, die es rechtfertigen würde, das Risiko der Geldaufwertung auf die Beklagte abzuwälzen. Bei der Beklagten handele es sich um eine Versorgungsanstalt, die die Anlage des Vermögens mit dem Ziel größtmöglicher Sicherheit verfolge. Aus dem seitens des klagenden Landes zitierten Hinweis des BGH (XI ZR 197/09) ergebe sich nichts anderes. Der BGH habe die Zulässigkeit negativer Zinsen offen gelassen. Selbst wenn sich aufgrund der aktuellen Entwicklung zwischenzeitlich ein anderes Verständnis etabliert habe, in dem auch negative Zinsen zu zahlen seien, ändere dies nichts an dem gemeinsamen Verständnis der Parteien im Jahre 2004 (s.o.). Es handele sich jedenfalls um eine mehrdeutige Klausel. Es sei daher die für die Beklagte als Verwendungsgegnerin günstigste Auslegungsvariante zugrunde zu legen. Diese sähe - wie oben dargelegt - vor, dass ein rechnerisch negativer Zins mit Null anzusetzen sei. Zudem könne die von Seiten des klagenden Landes bevorzugte Auslegung als Überraschungsklausel bereits unwirksam sein (s.o.).
Mit Schriftsatz vom 01.07.2020 hat das klagende Land einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt, dem das Landgericht mit Beschluss vom 12.10.2020 teilweise stattgegeben, ihn im Übrigen aber zurückgewiesen hat. Wegen des Inhalts des Antrags sowie des Beschlusses wird auf die Prozessakte verwiesen.
G...