Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit einer Briefzustellerin

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus einer BUZ-Versicherung mit einer Beamtenklausel, nach der Berufsunfähigkeit auch bei Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit infolge seines Gesundheitszustands vorliegt, ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, wenn eine beamtete Posthauptschaffnerin, die ihre bisherige Tätigkeit als Briefzustellerin wegen eines Knorpeldefekts im Knie nicht mehr ausüben kann, wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit i.S.v. § 42 Abs. 1 S. 1 BBG vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden ist.

2. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer muss der Beamtenklausel über die Berufsunfähigkeit bei Versetzung in den Ruhestand „wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit” entnehmen, dass der Versicherer auf eine eigene Überprüfung der Dienstunfähigkeit verzichtet hat und an die beamtenrechtliche Beurteilung in der Zurruhesetzungsverfügung anknüpfen will, es sei denn, dass die gesundheitlichen Gründe lediglich vorgeschoben wären und nicht den eigentlichen Grund für die Pensionierung darstellten.

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 18.07.2002; Aktenzeichen 7 O 419/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.7.2002 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.504,93 Euro zzgl. Zinsen. i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des DÜG, ab dem 1.1.2002 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB, aus 1.000,34 Euro seit dem 1.7.2000 und aus jeweils 1.500,51 Euro seit dem 2.7.2000, 2.10.2000, 2.1.2001, 2.4.2001, 2.7.2001, 2.10.2001, 2.1.2002, 2.4.2002 und 2.7.2002 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, der Klägerin vierteljährlich im Voraus eine Rente i.H.v. 1.500,51 Euro pro Quartal, beginnend am 1.10.2002, jeweils zum 1.1., 1.4., 1.7. und 1.10. eines Jahres bis längstens zum 1.1.2033 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 10 % und die Beklagte zu 90 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine beamtete Posthauptschaffnerin, die als Briefzustellerin bei der D.P. AG tätig war, unterhält bei der Beklagten eine Kapitalversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. § 2 der dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (nachfolgend: „BUZ”) hat folgenden Wortlaut (Anlage 4 zur Klageschrift):

„(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

(2) Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Abs. 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich dauernd erfüllt sind.

(3) Ist der Versichterte sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.

(…)

(10) Berufsunfähigkeit liegt auch vor, wenn ein versicherter Beamter vor Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenze infolge seines Gesundheitszustandes wegen allgemeiner Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt wird.”

Nachdem der Klägerin durch arbeitsmedizinisches Gutachten vom 7.12.1999 attestiert worden war, dass sie aufgrund fortgeschrittenen Verschleißes des linken Kniegelenkes als Briefzustellerin nicht mehr einsetzbar ist (Anlage 5 zur Klage), teilte ihr der zuständige Niederlassungsleiter der D.P. AG unter dem 11.2.2000 mit, er halte sie nach pflichtgemäßem Ermessen für dauernd unfähig, ihre Amtspflichten zu erfüllen. Deshalb sei beabsichtigt, ihre Versetzung in den Ruhestand mit dem Ende des Monats April 2000 einzuleiten einzuleiten (Anlage 6 zur Klage). Mit Verfügung vom 11.4. wurde die Klägerin sodann in den Ruhestand versetzt (Anlage 7 zur Klage).

Die Klägerin nimmt die Beklagte aufgrund der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit Wirkung ab dem 1.5.2000 auf Rentenzahlung und Beitragsfreistellung in Anspruch.

Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht in Abrede gestellt, da nach überwiegender Rechtsprechung...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge