Normenkette
EGV 1348/2000 Art. 8 Abs. 1; ZPO §§ 167, 929 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.04.2014; Aktenzeichen 2-3 O 95/13) |
Tenor
In dem Rechtsstreit beabsichtigt der Senat, die Berufung der Antragstellerin gegen das am 3.4.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Frankfurt durch Beschluss zurückzuweisen, da die zulässige Berufung in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO erfüllt sind.
Gründe
Das LG hat die einstweilige Verfügung zu Recht aufgehoben, weil sie entgegen § 929 Abs. 2, 936 ZPO nicht rechtzeitig vollzogen worden ist.
1. Die Vollziehung einer Unterlassungsverfügung nach § 929 Abs. 2 ZPO setzt regelmäßig die fristgemäße Zustellung der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb voraus. Ist der Titelschuldner allerdings - wie im vorliegenden Fall - im Ausland ansässig, reicht es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. zuletzt Beschl. v. 9.7.2013 - 6 U120/13, veröffentlicht in juris, sowie GRUR-RR 2010, 400) zur Wahrung der Vollziehungsfrist aus, wenn der Gläubiger innerhalb dieser Frist den Antrag auf Auslandszustellung bei Gericht einreicht und die tatsächliche Zustellung entweder gleichfalls innerhalb dieser Frist oder aber jedenfalls "demnächst" i.S.v. § 167 ZPO erfolgt; letzteres setzt jedenfalls voraus, dass die Zustellung ohne jede vom Gläubiger zu vertretende Verzögerung bewirkt wird (Senat, a.a.O.).
2. Danach fehlt es hier an einer fristgerechten Vollziehung. Zwar hat die Antragstellerin die Auslandszustellung innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO gegenüber dem LG beantragt. Die tatsächliche Zustellung ist jedoch weder innerhalb dieser Frist noch "demnächst" im dargestellten Sinn erfolgt.
a) Die mit Beschluss vom 13.3.2013 erlassene einstweilige Verfügung des LG wurde der Antragstellerin am 15.3.2013 zugestellt. Die Vollziehungsfrist endete damit am 15.4.2013. In dieser Zeit wurde die einstweilige Verfügung der in Italien ansässigen Antragsgegnerin nicht wirksam zugestellt.
aa) Die Antragsgegnerin hat am 15.4.2014 die Annahme der per Post übermittelten Beschlussverfügung wegen fehlender Übersetzung zu Recht verweigert. Die Zustellung wurde dadurch schwebend unwirksam (vgl. BGH, Beschl. v. 31.12.2006 - VII ZR 164/05, juris).
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 18.3.2013 zunächst die Auslandszustellung nach Art. 14 EuZVO, also per Einschreiben mit Rückschein, beantragt. Übersetzungen waren nicht beigefügt. Eine Übersetzung des zuzustellenden Schriftstücks ist nicht erforderlich, wenn erwartet werden kann, dass der Adressat die deutsche Sprache versteht. Dieser darf jedoch nach Art. 8 Abs. 1 EuZVO die Annahme verweigern und damit die Zustellung unwirksam machen, wenn er tatsächlich den Inhalt des in deutscher Sprache zugestellten Schriftstücks nicht versteht. Am 8.4.2013 hat die Antragsgegnerin die Annahme verweigert.
Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Annahmeverweigerung unberechtigt war, weil die Antragsgegnerin die deutsche Sprache versteht. Das LG hat zu Recht angenommen, dass es insoweit nicht auf die Sprachkenntnisse des Verkaufsleiters der Antragsgegnerin, Herrn Z1, ankommt. Die EuZVO regelt nicht, auf wessen Sprachkenntnisse bei Zustellungen an juristische Personen abzustellen ist. Nach herrschender Meinung kann allerdings nicht gefordert werden, dass ein Organmitglied die entsprechende Sprache beherrscht. Es genügt vielmehr, wenn im Rahmen einer üblichen dezentralen Organisationsstruktur eines Unternehmens die mit der Sache befasste Abteilung über einen entsprechenden Sprachkundigen verfügt, dessen Einschaltung in die Übersetzung des Schriftstücks nach den gesamten Umständen erwartet werden kann (Rauscher in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., Anh. §§ 1067 ff., Art. 8, Rz. 12). Über die Organisationsstruktur der Antragsgegnerin wurde nichts mitgeteilt. Üblicherweise gelangen Posteingänge an die Poststelle oder einen mit Posteingängen befassten Sachbearbeiter. Von dort aus werden sie an die zuständige Abteilung weitergeleitet. Im Falle gerichtlicher Schreiben ist mit einer Weiterleitung an die Rechtsabteilung oder an die Geschäftsführung zu rechnen. Mit der Einschaltung des Verkaufsleiters ist grundsätzlich nicht zu rechnen. Auch im Streitfall ist nicht ersichtlich, dass der Verkaufsleiter mit der Beantwortung gerichtlicher Verfügungen betraut ist.
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin bereits die Abmahnung in deutscher Sprache per E-Mail und per Fax an die italienische Firmenzentrale geschickt hatte und die Antragsgegnerin daraufhin unverzüglich italienische Anwälte einschaltete. Der Anwalt gab sich gerade nicht mit dem deutschsprachigen Text zufrieden, sondern forderte eine englische Übersetzung der Abmahnung an (Anlage AS 32). Außerdem war die Abmahnung ausdrücklich an Herrn Z1 als Ansprechpartner gerichtet, der unstreitig der deutschen Sprache mächtig ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragstellerin die in deutscher S...