Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Unterschriftsbeglaubigung durch den Ortsgerichtsvorsteher in Hessen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für das Unterschriftsbeglaubigungsverfahren durch den Ortsgerichtsvorsteher in Hessen nach den §§ 68 BeurkG, 13 OGerG gelten gemäß § 1 Abs. 2 BeurkG die Bestimmungen über das notarielle Beglaubigungsverfahren entsprechend, mithin die §§ 39, 40 BeurkG, die die Form der öffentlichen Beglaubigung regeln.

2. Eine Verletzung von bloßen Dienstanweisungen beeinträchtigt die Wirksamkeit der Unterschriftsbeglaubigung nicht; allenfalls kann dies den Beweiswert der Urkunde mindern.

 

Normenkette

BeurkG §§ 1, 39-40, 68; OGerG § 13

 

Verfahrensgang

AG Wiesbaden (Verfügung vom 12.05.2022)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben, soweit darin wegen nicht wirksamer ortsgerichtlicher Beglaubigung der Vollmacht vom 12.03.2016/22.03.2022 zur Wirksamkeit der Erklärungen in der Grundschuldbestellungsurkunde die formgerechte Genehmigung sämtlicher zu den UR-Nrn. ... und ... abgegebenen Erklärungen durch die Beteiligte zu 2 in der Form des § 29 GBO aufgegeben wurde.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht im Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I. Im betroffenen Grundbuch sind in Abt. I, lfd. Nrn. 1 a) und 1 b), noch X und dessen Ehefrau, die obige Beteiligte zu 2, als Eigentümer eingetragen. X ist am XX.XX.2021 verstorben. Er ist aufgrund eines Erbscheins des Amtsgerichts Wiesbaden vom 17.02.2022, Az.: ... (Bl. 9/3 d. A.), von den Beteiligten zu 1 bis 5 beerbt worden.

Mit Schreiben vom 05.05.2022, beim Grundbuchamt am 09.05.2022 eingegangen, hat Notar Y, Stadt1-Gemeinde1, (teilweise) Ausfertigungen seiner notariellen Urkunden vom 19.04.2022, UR-Nr. ... (Bl. 10/1 ff. d. A.) und UR-Nr. ... (Bl. 10/2 ff. d. A.), zum betroffenen Grundbuch eingereicht, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird. Ausweislich der erstgenannten Urkunde haben die Beteiligten zu 1 bis 5 einen Erbauseinandersetzungs- und Übergabevertrag mit Auflassung geschlossen. Die Beteiligte zu 1 ist im Rahmen dieser Beurkundung für sich selbst und für aufgrund einer durch das Ortsgericht Stadt2-Gemeinde2 am 22.03.2022 öffentlich beglaubigten Vollmacht vom 12.03.2016 für die Beteiligte zu 2 aufgetreten. Der Beglaubigungsvermerk vom 22.03.2022 hat folgenden Wortlaut:

"Öffentliche Beglaubigung

durch das Ortsgericht - Stadt2-Gemeinde2

dass (...) Frau

(...Name, Geburtsdatum und Anschrift der Beteiligten zu 2)

Ausgewiesen durch BPA oder

..................................................

Nr. ...

die Unterschrift vor dem Vertreter des

Ortsgerichts - Stadt2-Gemeinde2

wird hiermit beglaubigt.

(... Es folgen Tageb.-Nr., Gebührenberechnung, Datum und Unterschrift, sowie Dienstsiegel)."

In der Vorbemerkung der erstgenannten notariellen Urkunde, Seite 2, heißt es nach Darstellung der Erbfolge gemäß dem gemeinschaftlichen Erbschein: "Die Grundbuchberichtigung unter Beiziehung der Nachlassakten wird, sofern notwendig, bewilligt und beantragt."

Ausweislich Ziffer II. der erstgenannten notariellen Urkunde ("Erbauseinandersetzungsvertrag"), Seite 4, haben sich die Beteiligten zu 1 bis 5 hinsichtlich des 1/2-Miteigentumsanteils des X dahingehend auseinandergesetzt, dass der Beteiligte zu 5 diesen zu Alleineigentum erhalte.

Unter einer (weiteren) Ziffer II. der erstgenannten notariellen Urkunde ("Übergabevertrag"), nunmehr Seite 6, hat die Beteiligte zu 2 ihren eigenen 1/2-Miteigentumsanteil ebenfalls an den Beteiligten zu 5 zu Alleineigentum übertragen. Insoweit ist die Auflassung erklärt worden, der Übergeber hat bewilligt und der Übernehmer beantragt, den Eigentumsübergang gemäß dieser Auflassung in das Grundbuch einzutragen.

Ausweislich Ziffer IV. der erstgenannten notariellen Urkunde haben die Beteiligten zu 1 bis 4 dem Beteiligten zu 5 eine im einzelnen beschriebene Vollmacht erteilt, den Grundbesitz zu belasten. Unter anderem in Ausnutzung dieser Vollmacht haben die Beteiligten zu 5 und 6 sodann in der zweitgenannten Urkunde der Bank1 eG eine Grundschuld in Höhe von 290.000,- EUR zzgl. Zinsen und Nebenleistungen bestellt. Notar Y hat im genannten Schreiben vom 05.05.2022 auch im Namen der Gläubigerin die Eintragung "des Grundpfandrechts in Abteilung II und in Abteilung III an erster Rangstelle; vorab jedoch rangbereit" beantragt.

Mit weiterem Schreiben vom 16.05.2022, beim Grundbuchamt am 18.05.2022 eingegangen, hat Notar Y neben weiteren Urkunden nochmals eine (zweite) Ausfertigung seiner notariellen Urkunde vom 19.04.2022, UR-Nr. ... (Bl. 11/1 ff. d. A.), zum betroffenen Grundbuch eingereicht und hat unter anderem die Wahrung der Auflassung beantragt.

Noch zuvor, nämlich am 12.05.2022 hat das Grundbuchamt durch die angefochtene Zwischenverfügung (Bl. 10/3 d. A.), auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, unter Bezugnahme auf § 18 GBO und unter Fristsetzung mitgeteilt, dass der Eintragung Hindernisse entgegenstehen. Es hat sodann ausgeführt, dass die ortsgerichtliche Beglaub...

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