Leitsatz (amtlich)
1. Die Form des § 29 GBO bleibt auch dann gewahrt, wenn eine Textänderung in einer öffentlich beglaubigten Urkunde nachträglich durch den Unterzeichnenden selbst oder mit seinem Einverständnis durch einen Dritten vorgenommen wird. Da die Vermutung des § 440 ZPO aber für die Textänderung nicht gilt, obliegt es der freien Beweiswürdigung durch das Grundbuchamt, ob die nachträgliche Textänderung von dem Unterzeichnenden bzw. mit dessen Einverständnis vorgenommen wurde.
2. Nur wenn die unberechtigte Vornahme der Textänderung offensichtlich ist oder hierfür sicherer Anhaltspunkte vorliegen, kann das Grundbuchamt die erneute Unterzeichnung und Beglaubigung der berichtigten Erklärung verlangen.
3. Maßgeblich für die Beurteilung, ob das Grundbuchamt durch die Unterlassung einer solchen Zwischenverfügung gegen § 29 GBO verstoßen hat mit der möglichen Folge der Eintragung eines Amtswiderspruchs, ist die Sachlage im Zeitpunkt der auf Grund der veränderten Erklärung vorgenommenen Eintragung.
Normenkette
BeurkG § 40; BGB §§ 129, 880; GBO § 29; ZPO § 440
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 16.12.2004; Aktenzeichen 26 T 179/04) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin und ihr Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe werden zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Der Beschwerdewert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 10.225 EUR festgesetzt.
Gründe
Für die Antragstellerin ist seit 1975 in Abt. II, lfde. Nr. ... ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht an dem betroffenen Grundbesitz eingetragen. Sie erstrebt die Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO insoweit, als am 25.4.1997 hinsichtlich einer am 2.3.1988 eingetragenen Grundschuld zugunsten der Beteiligten zu 2) eine Vorrangseinräumung im Grundbuch eingetragen wurde.
Auf Grund einer Bewilligung der Grundstückseigentümerin vom 11.2.1988 war die Eintragung der Grundschuld unter Abt. III, lfde. Nr. .... des Grundbuchs antragsgemäß an rangbereitester Stelle erfolgt. Unter dem 6.2.1997 beantragte die Beteiligte zu 2) die Wahrung einer Vorrangseinräumung zu Lasten des Nießbrauchs auf der Grundlage einer am 20.9.1984 durch den Ortsgerichtsvorsteher von O1 öffentlich beglaubigten Erklärung der Antragstellerin. Darin wird einer zugunsten der Beteiligten zu 2) eingetragenen oder noch einzutragenden Grundschuld oder Hypothek i.H.v. 100.000 DM nebst bis zu 15 % Zinsen und bis zu 5 % Nebenleistungen der Vorrang vor dem in Abt. II, lfde. Nr. .... eingetragenen Nießbrauch einräumt und die Eintragung dieser Rangänderung in das Grundbuch bewilligt.
Mit Zwischenverfügung vom 17.2.1997 verlangte das Grundbuchamt unter Hinweis auf die Vielzahl der zugunsten der Beteiligten zu 2) eingetragenen Grundschulden und unter Fristsetzung von vier Wochen ab Zugang die Ergänzung der eingereichten Vorrangseinräumung dahin, welchem Recht der Vorrang eingeräumt wird und fügte die am 20.9.1984 beglaubigte Erklärung im Original wieder bei. Mit Anschreiben dem 17.4.1997, beim Grundbuchamt eingegangen am 21.4.1997, beantragte die Beteiligte zu 2) die Eintragung der Vorrangseinräumung zugunsten der im Grundbuch in Abt. III, lfde. Nr. .... eingetragenen Briefgrundschuld. Diesem Anschreiben war das öffentlich beglaubigte Original der Erklärung zur Vorrangseinräumung wieder beigefügt. Darauf befand sich jetzt der Vermerk: " Vorrang soll der Grundschuld Abt. III lfd. Nr. ... i.H.v. 100.000 DM eingeräumt werden: O1, den 16.4.1997, Unterschrift B. geb. C". Daraufhin erfolgte am 25.4.1997 der jetzt verfahrensgegenständliche Rangvermerk, von dessen Eintragung die Antragstellerin auch benachrichtigt wurde.
Unter dem 12.8.2004 hat die Beteiligte zu 1) die Berichtigung des Grundbuchs beantragt bzw. die Eintragung eines Amtswiderspruchs, da die Einwilligungserklärung des Rangrücktritts unwirksam sei. Die Behebung des in der Zwischenverfügung vom 17.2.1997 angegebenen Eintragungshindernisses sei erst nach Ablauf der darin gesetzten Frist erfolgt. Mangels Beglaubigung der Unterschrift unter den Änderungsvermerk sei nicht klar, dass die Antragstellerin die Unterschrift nach Änderung der Urkunde geleistet habe. Sie habe jedenfalls keine Unterschrift zum Rangrücktritt zugunsten einer Grundschuld aus dem Jahr 1988 gegeben. Auf Rückfrage des Grundbuchrechtspflegers hat die Antragstellerin erklärt, ihr Antrag sei als Bewerde aufzufassen. Der Grundbuchrechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem LG zur Entscheidung vorgelegt. Das LG hat mit Beschluss vom 16.12.2004 die Beschwerde zurückgewiesen. Die Kammer hat ausgeführt, die Voraussetzungen zur Eintragung eines Amtswiderspruchs lägen nicht vor, das Grundbuch sei nicht unrichtig. Eine erneute Beglaubigung der Unterschrift unter den Änderungsvermerk von 1997 sei nicht erforderlich gewesen, da es sich nur um eine Klarstellung der in 1984 bereits in öffentlich beglaubigter Form bewilligten Vorrangseinräumung gehandelt habe. Zwar gelte wegen der nachträglichen ...