Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermächtigungsgrundlage für Kontaktverbot
Leitsatz (amtlich)
Ermächtigungsgrundlage für ein gegen einen nicht sorgeberechtigten Elternteil ausgesprochendes gerichtliches Kontaktverbot ist eine in einer Umgangssache zu treffende Regelung nach § 1684 Abs. 4 BGB. Es kann weder auf § 1666 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB gestützt werden, wenn dem Elternteil die elterliche Sorge nicht (mehr) zusteht, noch auf § 1666 Abs. 4 BGB, da der nichtsorgeberechtigte Elternteil nicht Dritter im Sinne dieser Vorschrift ist.
Normenkette
BGB §§ 1666a, 1666, 1684; GewSchG § 3
Verfahrensgang
AG Langen (Beschluss vom 15.09.2017; Aktenzeichen 67 F 68/17 SO) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Langen (Hessen) vom 15.09.2017 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 02.11.2017 werden Ziffern 2 bis 5. des Tenors der Entscheidung aufgehoben.
Im Übrigen bleibt der Beschluss vom 15.09.2017 aufrechterhalten.
II. Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Eltern geteilt; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Der Beschwerdewert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Aus der Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners gingen X1, geb. XX.XX.2009, und X2, geb. XX.XX.2011, hervor. Seit der Trennung der Eltern leben die Kinder in der Obhut ihrer Mutter. Die Ehe der Eltern wurde durch Beschluss vom XX.XX.2014 geschieden.
Am XX.XX.2017 rief der Antragsgegner die Antragstellerin an und zeigte sich verärgert darüber, dass er die Kinder so selten sehe. Er drohte an, dass er die Kinder einfach "abgreifen" oder es ein "Falling Down" geben würde, falls sich dies nicht ändere. Die Antragstellerin bezog diese Bemerkung auf einen Film, der von einem amoklaufenden Mann handelt. Nachfolgend rief er bei dem Bruder der Antragstellerin an und teilte ihm mit, dass es am Ende des Sommers drei Xs weniger gäbe, wenn er die Kinder nicht sehen könne. Der bereits seit November 2016 vom Kinderschutzbund in Stadt1 begleitete Umgang wurde daraufhin am 11.05.2017 beendet.
In der Anhörung vom 01.09.2017 räumte der Antragsgegner ein, mit den Ausführungen gegenüber dem Bruder der Antragstellerin gedroht zu haben, sich und die Kinder umzubringen.
Die Antragstellerin beantragte erstinstanzlich, ihr die elterliche Sorge für X1 und X2 zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Hilfsweise begehrte sie, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinschaftlichen Kinder X1 und X2 zur alleinigen Ausübung übertragen zu bekommen. Ferner beantragte sie, dem Antragsgegner zu untersagen, sich den gemeinschaftlichen Kindern X1 und X2 zu nähern, insbesondere an ihrem Wohnort, dem Kindergarten von X2 oder der Schule X1s. Zudem begehrte sie, dem Antragsgegner zu untersagen, mit den Kindern schriftlich, fernmündlich oder mittels Fernkommunikationsmitteln in Kontakt zu treten. Schließlich sollte ihm aufgegeben werden, sich bei einem zufälligen Zusammentreffen mit den Kindern unverzüglich zu entfernen.
Durch Beschluss vom 15.09.2017 wurde der Mutter die elterliche Sorge zur alleinigen Ausübung übertragen. Darüber hinaus hat das Familiengericht dem Antragsgegner in Ziffer 2. untersagt, sich den gemeinsamen Kindern X1, geb. am XX.XX.2009, und X2, geb. am XX.XX.2011, zu nähern, insbesondere in der Straße1 in Stadt2, dem Wohnort der Antragstellerin, dem Kindergarten in der Straße1 in Stadt2 und der Schule1, Straße2, Stadt2. Dem Antragsgegner wurde ferner in Ziffer 3. aufgegeben, sich bei einem zufälligen Zusammentreffen unverzüglich zu entfernen. Schließlich wurde ihm in Ziffer 4. untersagt, die Kinder X1 und X2 fernmündlich oder mittels Fernkommunikationsmitteln zu kontaktieren. In Ziffer 5 wurde ihm für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 100.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht. Inhaltlich verweist die Entscheidung darauf, dass zwischen den Eltern keine tragfähige soziale Beziehung bestehe und die Ehe von Gewalt geprägt gewesen sei, weshalb die Antragstellerin erhebliche Angst vor dem Antragsgegner habe. Zugleich wurde das beantragte Kontaktverbot auf Grundlage des § 1666 Abs. 3 BGB wegen des vom Vater angedrohten erweiterten Suizids erlassen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sich sowohl gegen die Aufhebung der elterlichen Sorge und deren Übertragung auf die Mutter als auch gegen das ausgesprochene Kontaktverbot wendet.
Die Antragstellerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Der Senat hat mit Schreiben vom 09.01.2018 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde gegen die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter zur alleinigen Ausübung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Entscheidung hinsichtlich des unbefristeten Kontakt- und Näherungsverbots in Ziffern 2 bis 5 hingegen aufzuheben ist.
Die Beteiligten führen vor dem Amtsgericht -Familiengericht- Langen (Hessen) unter Az. 67 F 86/17 ein Umgangsverfahren, in dem ein Gutachten des Kinder- und Jugendpsychiaters A e...