Leitsatz (amtlich)
- Der Senat hält an der Rechtsauffassung fest, eine Beschwerde sei gem. § 256 Satz 2 FamFG unzulässig, wenn der Unterhaltspflichtige Einwendungen erhebt, mit denen er im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist (vgl. BGH FamRZ 2008, 1428, 1433 zu § 652 ZPO a.F.; a.A. jetzt OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.4.2015 - 3 WF 12/15).
- Eine dem OLG als Beschwerde vorgelegte Eingabe ist als Erinnerung weiter zu behandeln (§ 11 Abs. 2 S. 1 RPflG), über die gem. § 11 Abs. 2 S. 3 RPflG der Familienrichter des AG abschließend zu entscheiden hat (BGH, a.a.O.; insoweit gegen OLG Jena, Beschl. v. 22.1.2015 - 4 WF 699/14; OLG Bremen FamRZ 2013, 560).
- Die Frage ist nicht nur von theoretischer Bedeutung, so dass die Praktikabilität eine andere Handhabung rechtfertigen könnte, denn für den Rechtsmittelführer entstehen im Beschwerdeverfahren nach §§ 58 ff. FamFG - anders als bei bloßer Erinnerung - vom Verfahrenswert abhängige Kosten.
Normenkette
FamFG § 256; RPflG § 11 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Aktenzeichen 57 FH 2/15 VU) |
Tenor
Die Vorlageverfügung des AG - Familiengericht - Darmstadt wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung als kostenfreie Erinnerung an das AG zurückgegeben. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Gründe
Die Unterhaltsvorschusskasse hat den Antragsgegner im vereinfachten Verfahren aus übergegangenem Recht auf Zahlung laufenden Mindestunterhalts und Unterhaltsrückstände für sein Kind Samuel in Anspruch genommen.
Nachdem dem Antragsgegner am 15.1.2015 der Antrag vom 5.1.2015 sowie ein Anhörungsbogen zugestellt worden waren und darauf keine Antwort einging, hat das AG mit der angefochtenen Entscheidung vom 5.3.2015 den Unterhalt antragsgemäß festgesetzt. Diese Entscheidung ist dem Antragsgegner am 9.3.2015 zugestellt worden.
Mit der am 7.4.2015 beim AG eingelegten Beschwerde schreibt der Antragsgegner, er sei zur Zeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage den von ihm verlangten Unterhalt zu zahlen und bietet eine monatliche Zahlung von 100 EUR an.
Die dem OLG als Beschwerde vorgelegte Eingabe ist als Erinnerung weiter zu behandeln (§ 11 Abs. 2 S. 1 RPflG), weil im vereinfachten Verfahren eine Beschwerde, die sich erstmals und ausschließlich mit der Berufung auf angeblich mangelnde Leistungsfähigkeit gegen die Unterhaltsfestsetzung richtet, nach § 256 Satz 2 FamFG i.V.m. § 252 Abs. 2 Satz 3 FamFG nicht zulässig ist (vgl. BGH FamRZ 2008, 1433, Rz. 6 ff.; FamRZ 2008, 1428, Rz. 10 jeweils zu § 652 ZPO a.F.; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.6.2011 - 5 UF 139/11; OLG Frankfurt FamRZ 2012, 465; Bumiller/Harders/Schwamb FamFG, § 256 Rz. 2, 3). Soweit der 3. und 5. Senat für Familiensachen an dieser Auffassung aus den oben zitierten Entscheidungen in Anlehnung an eine Entscheidung des OLG Brandenburg (Rpfleger 2015, 74) nun nicht mehr festhalten (OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.4.2015 - 3 WF 12/15, m.w.N., u.a. auf Maurer FamRZ 2014, 1053, der sich aber mit der Argumentation des BGH nicht auseinandersetzt) kann ihnen nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat die Konstruktion des Rechtsmittelsystems nach § 256 FamFG in Kenntnis der zitierten Rechtsprechung des BGH im Wesentlichen, insbesondere hinsichtlich der zulässigen Anfechtungsgründe, aus § 652 ZPO a.F. übernommen (ausdrücklich BT-Drucks. 16/6308, 261). Der BGH (a.a.O.) hatte unter Berücksichtigung von Wortlaut und Systematik dieser Vorschrift damals ausgeführt, aus dem Umstand, dass gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss grundsätzlich die (damals noch sofortige) Beschwerde statthaft ist, könne nicht gefolgert werden, dass das Rechtsmittel ohne Bindung an die Beschwerdegründe des § 652 Abs. 2 ZPO a.F. eröffnet ist, sondern vielmehr ausdrücklich zwischen zulässigen und nicht zulässigen Anfechtungsgründen differenziert. Daran ist deshalb auch für die vorliegende Fallkonstellation unter Geltung des dem § 652 ZPO a.F. insoweit nachgebildeten § 256 FamFG festzuhalten. Die Frage ist auch nicht nur von theoretischer Bedeutung, so dass etwaige Praktikabilitätsgesichtspunkte eine andere Handhabung rechtfertigen könnten, denn für den Rechtsmittelführer entstehen im Beschwerdeverfahren nach §§ 58 ff. FamFG - anders als bei bloßer Erinnerung - vom Verfahrenswert abhängige Kosten allein dafür, dass er vom OLG die Begründung erhält, seine Beschwerde sei zulässig, seine vorgebrachten Beschwerdegründe jedoch nicht. Diese wenig nachvollziehbare Kostenfolge wird nach der Rechtsprechung des BGH, der zutreffend auf eine Einheitlichkeit zwischen Zulässigkeit der Beschwerde und deren Beschwerdegründe abstellt, vermieden. Die Handhabung bereitet überdies auch keine besonderen Schwierigkeiten; der Rechtspfleger hat je nach vorgebrachtem Beschwerdegrund die Sache dem Amtsrichter oder dem OLG vorzulegen, die dann jeweils die Frage prüfen, ob die Sache zutreffend vorgelegt ist.
Über die Erinnerung hat gem. § 11 Abs. 2 S. 3 RPflG der Familienrichter des AG abschließend zu entscheiden, so dass die Sache zur Entscheidung an das AG zurückverwiesen werden muss.