Leitsatz (amtlich)
Antrag auf Neubegutachtung nach § 412 ZPO.
Normenkette
ZPO § 412
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.12.2009) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 14. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 8.12.2009 i.d.F. des Beschlusses vom 27.1.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
Die Antragstellerin hat im Juli 2007 die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens im Wege der schriftlichen Begutachtung durch einen Sachverständigen bezüglich behaupteter Mängel an einer von der Antragsgegnerin zu 1. hergestellten Pflasterung im Außenbereich von Lagerhallen, die Antragsgegnerin zu 2. hat für die Bauleistung eine Gewährleistungsbürgschaft übernommen, beantragt. Dem Antrag hat das LG mit Beschluss vom 12.9.2007 (Bl. 162 - 164) entsprochen. Nachfolgend hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27.10.2008 (Bl. 252 bis 258) die schriftliche Erläuterung und Ergänzung des Gutachtens zu weiteren Fragen beantragt. Dies hat das LG mit Beschluss vom 18.11.2008 (Bl. 261, 262) angeordnet. Auf das Ergänzungsgutachten vom 31.1.2009 (Bl. 274 bis 278) hat die Antragstellerin zunächst angekündigt, eine Ergänzung des Gutachtens ggf. für erforderlich zu halten und sich um dessen umfassende technische Begutachtung zu bemühen. Nachdem die Antragsgegnerinnen eine Erläuterung des Ergänzungsgutachtens beantragt haben, hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 15.4.2009 (Bl. 301 bis 308) die Einholung des Gutachtens eines weiteren Sachverständigen gem. § 412 Abs. 1 ZPO namentlich mit der Begründung beantragt, das zwischenzeitlich eingeholte Privatgutachten (Bl. 309 bis 324) gelange zu dem Ergebnis, der gerichtlich beauftragte Sachverständige lasse tatsächliche Ursächlichkeiten außer Betracht, wende nicht einschlägige Vorschriften in unzutreffender Weise an und ziehe hinsichtlich der Ursachen der Schäden falsche Schlüsse, das gerichtliche Gutachten könne also keinen Bestand haben. Hilfsweise hat die Antragstellerin mündliche Erläuterung seines Gutachtens durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen beantragt. Dem Antrag auf Neubegutachtung sind die Antragsgegnerinnen entgegen getreten.
Mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 343, 344) hat das LG den Antrag auf Neubegutachtung zurückgewiesen und auf den Hilfsantrag der Antragstellerin dieser aufgegeben, die an den gerichtlich bestellten Sachverständigen konkret zu richtenden Fragen binnen dreiwöchiger Frist zu formulieren und einen weiteren Auslagenvorschuss einzuzahlen.
Gegen den ihr am 10.12.2009 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 21.12.2009 sofortige Beschwerde (Bl. 356 bis 363) eingelegt, der die Antragsgegnerinnen entgegen getreten sind und die das LG mit Beschluss vom 27.1.2010 zurückgewiesen und dem OLG zur Entscheidung vorgelegt hat. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 3.2.2010 weiter begründet, warum das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen ungenügend und seine Sachkunde zweifelhaft sei.
Die Beschwerde ist form- und binnen der zweiwöchigen Notfrist zur Einlegung der Beschwerde (§ 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO) fristgerecht eingelegt und auch sonst zulässig, insb. statthaft als, was hier allein in Betracht kommt, gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung des LG gerichtet, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Der Senat teilt die Ansicht des 4. Zivilsenats des OLG Frankfurt (Beschluss vom 7.12.2007 - 4 W 64/07, BauR 2008, 1183, Juris-Rz. 2 m.w.N. zur Gegenansicht), dass dem in vorliegender Konstellation nicht die hergebrachte Auffassung entgegen steht, ein "das Verfahren betreffendes Gesuch" i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sei nicht gegeben, wenn es für die Tätigkeit des Gerichts keines Gesuches bedarf, sondern die Entscheidung von Amts wegen zu ergehen hat (etwa BGH MDR 2004, 699; Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 567 Rz. 15; Braun in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 567 Rz. 7; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 567 Rz. 31 ff.). Für die von der Antragstellerin erstrebte Entscheidung ist zwar in § 412 Abs. 1 ZPO kein Antrag vorgesehen, die Norm besagt lediglich, das Gericht könne die Entscheidung treffen. Hieraus ist nicht zu folgern, dass im selbständigen Beweisverfahren eine sofortige Beschwerde mangels Notwendigkeit eines Gesuches ausgeschlossen ist, weil die Gesetzesfassung, nach der das Gericht auch ohne Antrag eine neue Begutachtung anordnen "kann", auf der besonderen Struktur des Erkenntnisverfahrens beruht; hiernach ist die Entscheidung des Prozessgerichts, ob es eine weitere Begutachtung zum Beweisthema durchführen lassen will, Teil der Beweisaufnahme, deshalb der Anfechtung entzogen (vgl. § 355 Abs. 2 ZPO) und einer Überprüfung erst durch das Rechtsmittelgericht, insb. im Fall einer zulässigen Berufung (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), zugänglich.
Während das erstinstanzliche Prozessgericht schon aufgrund seiner Pflicht zur Ausschöpfung der angebotenen Beweise und des Grundsatzes umfass...