Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-17 O 35/07) |
Nachgehend
Gründe
I. Das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des LG Frankfurt/M. vom 6.11.2007 ist dem Kläger am 20.11.2007 zugestellt worden. Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, ebenso der Kläger mit am 20.12.2007 eingegangenem Schriftsatz. Am 15.1.2008 hat das LG ein Ergänzungsurteil erlassen, welches dem Kläger am 29.1.2008 zugestellt worden ist. Am 5.2.2008 hat er gegen das Ergänzungsurteil und "erneut gegen das Ersturteil" unter Verweis auf § 518 ZPO Berufung eingelegt. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 28.2.2008, ihm zugestellt am 3.3.2008, ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufungsbegründungsfrist bezüglich des Urteils vom 6.11.2007 versäumt sei. Am 10.3.2008 hat der Kläger einen Wiedereinsetzungsantrag bezüglich der genannten Frist gestellt; wegen der Begründung wird auf seinen Schriftsatz vom 4.3.2008 (Bl. 185 ff. d.A.) und auf die ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz v. 4.4.2008 (Bl. 196 d.A.) verwiesen. Auf ausdrücklichen Hinweis des Senats auf die Vorschrift des § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO hat er am 4.4.2008 eine Berufungsbegründung bezüglich des Urteils vom 6.11.2007 zu den Akten gereicht.
II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil vom 6.11.2007 war gem. § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, da die Berufung nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet wurde und dem Kläger eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der versäumten Frist nicht zu gewähren war.
1. Nach Zustellung des Teilanerkenntnis- und Schlussurteils vom 6.11.2008 beim Bevollmächtigten des Klägers am 20.11.2007 lief die Berufungsbegründungsfrist am Montag, 21.1.2008 ab. Eine Berufungsbegründung ist jedoch erst am 4.4.2008 bei Gericht eingegangen. Die Berufungsbegründungsfrist wurde nicht dadurch hinausgeschoben, dass am 15.1.2008 ein Ergänzungsurteil gem. § 321 ZPO ergangen ist. Denn § 518 Satz 1 ZPO ist nicht einschlägig. Diese Vorschrift kommt nur zur Anwendung, wenn ein Ergänzungsurteil vor Ablauf der Frist für die Berufung gegen das Haupturteil erlassen wird; war jedoch bei Erlass des Ergänzungsurteils die Berufungsfrist bereits abgelaufen, verbleibt es bei der ursprünglichen Berufungsfrist für das Haupturteil (Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 518 Rz. 2; Rimmelspacher in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. 2007, § 518 Rz. 3; Wieczorek-Gerken, ZPO. 3. Aufl. 2004, § 518 Rz. 8). So liegt es hier. Die Berufungsfrist für das Haupturteil lief am 20.12.2007 ab. Das Ergänzungsurteil ist aber erst am 15.1.2008 und damit nach Ablauf der Berufungsfrist für das Haupturteil erlassen worden. Wird aber durch den Erlass eines Ergänzungsurteils die Berufungsfrist nicht neu in Gang gesetzt, gibt es auch keinen rechtlichen Ansatzpunkt, weshalb die Berufungsbegründungsfrist neu zu laufen beginnen sollte.
2. Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Berufungsbegründungsfrist für das Urteil vom 6.11.2008 war abzulehnen. Zwar hat der Kläger diesen Antrag am 10.3.2008 rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO gestellt. Der Kläger hat jedoch die Fristversäumnis entgegen dem Erfordernis des § 233 ZPO verschuldet, da ihm das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten gem. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH darf ein Rechtsanwalt die Berechnung der allgemein anfallenden einfachen Fristen sowie die Führung des Fristenkalenders im Rahmen einer von ihm zu verantwortenden Büroorganisation auf sein geschultes, als zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal zur selbständigen Erledigung übertragen (BGH NJW-RR 2003, 1211; NJW 1991, 2082; grundlegend BGHZ 43, 148 [153] = NJW 1965, 1021). Allerdings muss der Rechtsanwalt durch geeignete Anweisungen sicherstellen, dass ihm die Feststellung des Beginns und des Endes der Fristen in den Fällen vorbehalten bleibt, die in seiner Praxis ungewöhnlich sind oder bei deren Berechnung Schwierigkeiten auftreten können (BGH, jeweils a.a.O.; Zöller/Greger, a.a.O., § 233 Rz. 23 "Fristenberechnung"; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl. 2008, § 233 Rz. 88). Ob der Rechtsanwalt diesen Sorgfaltsanforderungen nachgekommen ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze ist im Streitfall das Vorliegen einer solchen geläufigen Routinefrist zu verneinen. Denn ein Ergänzungsurteil gem. § 321 ZPO, zumal ein solches, welches die Voraussetzungen für eine etwaige Anwendbarkeit des § 518 Satz 1 ZPO erfüllt, kommt selten vor; wegen der Notwendigkeit, über den Ergänzungsantrag grundsätzlich mündlich zu verhandeln, ist der Erlass eines Ergänzungsurteils innerhalb der für das Haupturteil laufenden Berufungsfrist als der Ausnahmefall anzusehen (Wieczorek-Gerken, a.a.O., Rz. 8). Der Bevollmächtigte des Klägers musste daher den Fristenlauf per...