Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendigkeit Erbschein für Grundbuchberichtigung trotz notariellen Testaments

 

Leitsatz (amtlich)

Trotz Vorliegens eines notariellen Testamentes bedarf es für die Berichtigung des Eigentümers im Grundbuch der Vorlage eines Erbscheins, wenn die Erbfolge auf einer Erbausschlagung eines Nacherben beruht, deren Wirksamkeit vom Grundbuchamt geprüft werden muss.

 

Normenkette

BGB §§ 1944-1945, 2142; FamFG § 352b; GBO §§ 22, 35, 51

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Entscheidung vom 11.07.2017)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.000 EURO.

 

Gründe

I. Als Eigentümer des Eingangs bezeichneten Grundbesitzes ist im Grundbuch noch eingetragen der am XX. August 2016 verstorbene Ehemann der Antragstellerin A (im Folgenden: Erblasser).

Die Antragstellerin beantragte am 2. September 2016 ihre Eintragung als neue Eigentümerin unter Bezugnahme auf das von ihr gemeinsam mit dem Erblasser am 13. Februar 2012 errichtete notarielle Testament (UR-Nr. .../12 des Notars B in Stadt1). In diesem Testament, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hatte der Erblasser die Antragstellerin zu seiner nicht befreiten Vorerbin und die Töchter C und D sowie die Enkelkinder E und F zu Nacherben zu gleichen Teilen bestimmt.

Die Nachlassabteilung des Amtsgerichts Stadt1 übersandte dem Grundbuchamt des Amtsgerichts Darmstadt am 29. September 2016 zur Kenntnis die beglaubigte Abschrift eines Protokolls, wonach die Tochter C unter diesem Datum gegenüber diesem Nachlassgericht erklärt hatte, erst durch das bei ihr am 27. August 2016 eingegangene gerichtliche Schreiben Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erlangt zu haben und die durch das notarielle Testament angefallene Nacherbschaft auszuschlagen, weil sie den Pflichtteil geltend machen wolle.

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes beanstandete mit Zwischenverfügung vom 11. Juli 2017, zum Nachweis der Erbfolge sei ein Erbschein vorzulegen. Der beigezogenen Nachlassakte des Amtsgerichts Stadt1 sei lediglich die Niederschrift über die Ausschlagungserklärung zu entnehmen, die jedoch nicht den Beweis der Wirksamkeit der Ausschlagung erbringe. Hierfür sei ein Erbschein unbedingt erforderlich.

Gegen diese Zwischenverfügung legte die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 25. Juli 2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, Beschwerde ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Grundbuchamt habe in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die Ausschlagung der Nacherbschaft durch die Tochter des Erblassers form- und fristgerecht erfolgt sei und wer auf der Grundlage dieser Ausschlagung als Nacherbe in den von Amts wegen einzutragenden Nacherbenvermerk aufzunehmen sei. Der von der Tochter geltend gemachte Pflichtteilsanspruch könne nur durch die neue Valutierung der bereits im Grundbuch vorhandenen Grundschulden finanziert werden, weshalb Eile geboten sei.

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat der Beschwerde mit Beschluss vom 28. Juli 2017, auf dessen Inhalt verwiesen wird, nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Entscheidung vorgelegt.

Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit weiteren Schriftsätzen vom 14. August 2017 und 18. November 2017, auf deren Inhalt ebenfalls verwiesen wird, weiter geltend gemacht, im vorliegenden Fall könne das Grundbuchamt sofort und eindeutig anhand der Nachlassakten feststellen, dass die schon vor Eintritt des Nacherbfalles mögliche Ausschlagung der Nacherbschaft durch die Tochter kurz nach dem Tod des Erblassers form- und fristgerecht erfolgt sei. Im Übrigen sei der Nacherbenvermerk von Amts wegen unabhängig von diesbezüglichen Anträgen, Anregungen oder Rechtsauffassungen einzutragen.

II. Die Beschwerde der Antragstellerin, über die nach der erfolgten Nichtabhilfe durch den Grundbuchrechtspfleger gemäß §§ 72, 75 GBO das Oberlandesgericht zu entscheiden hat, ist zulässig.

In der Sache führt die Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg, weil die Grundbuchrechtspflegerin für die beantragte Grundbuchberichtigung auf Grund der eingetretenen Rechtsnachfolge zu Recht die Vorlage eines Erbscheines verlangt hat.

Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO ist der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO die Vorlage dieser Urkunde und der Eröffnungsniederschrift. Dabei ist das Grundbuchamt im Rahmen der inhaltlichen Überprüfung der notariell beurkundeten letztwilligen Verfügung gegebenenfalls auch selbst zu deren Auslegung unter Heranziehung des Urkundeninhalts, allgemein bekannter oder offenkundiger Tatsachen, sonstiger ihm vorliegender öffentlicher Urkunden und der gesetzlichen Auslegungsregeln verpflichtet und hat hierbei gegebenenfalls auch selbst schwierige Rechtsfragen zu entscheiden (vgl. OLG Hamm Rpfleger 2013, 23 [OLG Hamm 06.09.2012 - I-15 W 260/12] ; OLG Köln Rpfleger ...

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