Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Drittschutz nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage des Drittschutzes zu Gunsten eines Aktionärs einer Zielgesellschaft im Falle eines von ihm für zu niedrig erachteten, von der BaFin gestatteten, veröffentlichten Übernahmeangebots der Bieterin

2. Festhaltung an der ständigen Rechtsprechung des Senats, wonach die Vorschriften des WpÜG, also auch die im Verfahren von der Beschwerdeführerin konkret zur Begründung ihrer Ansprüche in Bezug genommenen §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 31, 35 WpÜG, grundsätzlich keine drittschützende Wirkung entfalten, mit der Folge, dass sie die von der Beschwerdeführerin begehrten Verpflichtungen der BaFin (Überprüfung und Rücknahme des Gestattungsbescheids, Verpflichtung der Bieterin auf Veröffentlichung eines Pflichtangebots mit angemessener Gegenleistung, Hinzuziehung der Beschwerdeführerin zum Gestattungsverfahren, Anhörung der Beschwerdeführerin im Gestattungsverfahren) nicht begründen können.

 

Normenkette

WpÜG § 4 Abs. 2, §§ 15, 31, 35, 48 Abs. 3 S. 1

 

Tenor

Die Beschwerde wird hinsichtlich der mit der Beschwerde in Nr. 1. bis 5. beantragten Verpflichtungen der Beschwerdegegnerin als unzulässig verworfen.

Eine Entscheidung über den als Hilfsantrag mit der Beschwerde gestellten Antrag Nr. 6 ergeht nicht.

Die Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der Beschwerde zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Verfahren der Beschwerde wird auf 745.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Am 23.01.2014 veröffentlichte die A GmbH & Co. KGaA (nachfolgend nur: Bieterin; mittlerweile firmierend als B1 GmbH & Co. KGaA) ihre Entscheidung zur Abgabe eines Übernahmeangebots zum Erwerb aller Aktien der B AG (nachfolgend nur: Zielgesellschaft).

Am selben Tag schloss die Bieterin, die im Rahmen der Übernahme der Zielgesellschaft eine Beteiligung von mindestens 75 % an dieser anstrebte, Kaufverträge über den Erwerb von Aktien der Zielgesellschaft für 23,50 Euro je Aktie sowie gemäß 7.7.2. der Angebotsunterlage über den Erwerb von 4840 der Anleihen 2014 zum Preis von 71.428,57 Euro pro Anleihe 2014 und 2180 der Anleihen 2018 zum Preis von 162.473,79 Euro pro Anleihe 2018, was die Bieterin gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht - der Beschwerdegegnerin (nachfolgend nur: BaFin) - offengelegt hat. Nicht enthalten in der Angebotsunterlage sind die auf eine Aktie bezogenen Kaufpreise hinsichtlich der Anleihen 2014 in Höhe von 30,943 Euro und hinsichtlich der Anleihen 2018 in Höhe von 30,951 Euro.

Die BaFin gestattete die Veröffentlichung der Angebotsunterlage am 28.02.2014. Daraufhin veröffentlichte die Bieterin mit gleichem Datum ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot zum Erwerb sämtlicher nennwertloser Namens-Stammaktien der Zielgesellschaft gegen eine Geldleistung in Höhe von EUR 23,50 je Aktie. Die Annahmefrist des Angebotes endete am 02.04.2014, die weitere Annahmefrist lief am 22.04.2014 ab.

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine in Großbritannien eingetragene Investment-Managerin von Fondsgesellschaften, die während der Annahmefrist insgesamt eine Million Aktien der Zielgesellschaft hielten. Sie hat erklärt, das Übernahmeangebot für diese Fondsgesellschaften nicht angenommen zu haben, da sie die Gegenleistung des Angebotes für unangemessen, d.h. zu niedrig im Sinne des WpÜG angesehen habe.

Mit Schreiben vom 08.04.2016, auf das wegen seines genauen Inhalts Bezug genommen wird (Bl. 44 ff der Akte), haben sich die Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin bei der BaFin gemeldet und beantragt, den vorgenannten Gestattungsbescheid vom 28.02.2014 zur Veröffentlichung der Angebotsunterlage einer Überprüfung zu unterziehen und die ordnungsgemäße Anwendung des WpÜG durch Rücknahme des Gestattungsbescheids und die Feststellung der Verpflichtung der Bieterin nach § 35 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 WpÜG zur Veröffentlichung des Kontrollerwerbs über die Zielgesellschaft und Abgabe eines Pflichtangebots mit angemessener Gegenleistung an alle (damaligen) Aktionäre der Zielgesellschaft sicherzustellen. Die Erlangung der Kontrolle der Bieterin über die Zielgesellschaft und damit deren Verpflichtung zur Veröffentlichung und Abgabe eines Pflichtangebots an alle damaligen Aktionäre bestehe fort. In dem Schreiben wird insbesondere auf das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19.01.2016, Az.: 5 U 2/15 (zitiert nach juris), verwiesen. Mit diesem - zwischenzeitlich durch den Bundesgerichthof mit Urteil vom 07.11.2017 (Az. II ZR 37/16, zitiert nach juris) bestätigten - Urteil hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.12.2014 (Az.: 3-5 O 44/14, zitiert nach juris), das die gegenteilige Auffassung vertreten hat, entschieden, dass die von der Bieterin angebotene und gezahlte Gegenleistung für den Aktienerwerb von 23,50 Euro nicht angemessen im Sinne von § 31 Abs. 1 WpÜG sei. Maßgeblich...

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