Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit der Einreichung von Anträgen per beA in Familiensachen
Normenkette
FamFG § 14b
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 10.01.2022; Aktenzeichen 461 F 252253/21) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen.
Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 4.000,- Euro.
Gründe
I. Mit der von ihrem zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten unterzeichneten, am 1.2.2022, am 2.2.2022 und am 2.3.2022 per Post beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerdeschrift wendet sich die Beschwerdeführerin gegen den ihrem erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten am 17.1.2022 zugestellten Beschluss des Familiengerichts vom 10.1.2022 (in der Beschwerde versehentlich bezeichnet als Beschluss vom 10.12.2021, dem Datum der Anhörung vor dem Familiengericht), mit welchem der Beschwerdeführerin Teile der elterlichen Sorge für das betroffene Kind entzogen und auf das beteiligte Jugendamt als Ergänzungspfleger übertragen worden sind.
Die Beschwerdeschrift und die Verfahrensakte sind dem Beschwerdegericht erst mit Verfügung vom 11.3.2022 vorgelegt worden und am 17.3.2022 hier eingegangen.
Die Beschwerdeführerin ist daraufhin vom Vorsitzenden des Senats mit am 18.3.2022 zur Post gegebenen Schreiben darauf hingewiesen worden, dass die Beschwerdeschrift innerhalb der am 17.2.2022 abgelaufenen Beschwerdefrist als elektronisches Dokument zu übermitteln gewesen wäre und dass deshalb beabsichtigt ist, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Hierauf ist keine Reaktion erfolgt.
II. Die Beschwerde ist gemäß § 68 Abs. 2 FamFG als unzulässig zu verwerfen, weil sie innerhalb der nach §§ 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 16 Abs. 2 FamFG, 222 Abs. 1 und 2 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 17.2.2022 endenden zweiwöchigen Beschwerdefrist nicht in der durch § 64 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 14b Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 2 FamFG, 130a ZPO vorgeschriebenen Form eingelegt worden ist.
Nach § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG sind schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen von Rechtsanwälten seit dem 1.1.2022 als elektronisches Dokument im Sinne der §§ 14 Abs. 2 FamFG, 130a ZPO einzureichen.
Die Einreichung eines entsprechenden elektronischen Dokuments ist hier unzweifelhaft nicht erfolgt.
Der von der Beschwerdeführerin bevollmächtigte Rechtsanwalt war auch nicht deswegen von der Einreichung eines elektronischen Dokuments befreit, weil § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG auch eine Beschwerdeeinlegung zur Niederschrift zur Geschäftsstelle zulässt. Bedient sich ein Rechtsanwalt nicht dieser Form der Beschwerdeeinlegung, sondern der in § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG alternativ vorgesehenen Beschwerdeeinlegung "durch Einreichung einer Beschwerdeschrift", muss er nach Auffassung des Senats seit dem 1.1.2022 ein den Anforderungen des § 130a ZPO genügendes elektronisches Dokument übermitteln.
Zwar ist der zum 1.1.2022 in Kraft getretene § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG durch Gesetz vom 5.10.2021 (BGBl. I S. 4607) gegenüber seiner ursprünglichen, durch Gesetz vom 10.10.2013 (BGBl. I S. 3786) vorgesehenen Fassung dahingehend abgeändert worden, dass er die Einreichung eines elektronischen Dokuments nicht mehr für sämtliche Anträge und Erklärungen, sondern nur noch für schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen von Rechtsanwälten, Notaren, Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts vorsieht. Damit sollte ausweislich der Begründung des unverändert übernommenen Gesetzentwurfs der Bundesregierung dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das FamFG im Unterschied zur ZPO kein allgemeines Schriftformerfordernis für Anträge und Erklärungen kennt, weshalb die Pflicht zur elektronischen Übermittlung ausdrücklich auf schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen beschränkt wurde (vgl. BT-Drs. 19/28399, S. 39f.).
Als Beispiel für eine ein Schriftformerfordernis begründende Vorschrift nennt jedoch auch die Begründung des Regierungsentwurfs den für die Beschwerdeeinlegung maßgeblichen § 64 Abs. 2 FamFG: Soweit dieser in § 64 Abs. 2 Satz 1 FamFG für Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Wahl zwischen einer Beschwerdeeinlegung zur Niederschrift der Geschäftsstelle und einer Beschwerdeeinlegung durch Einreichung einer Beschwerdeschrift lässt, folgt daraus vor diesem Hintergrund keine allgemeine Befreiung des in § 14b Abs. 1 Satz 1 FamFG genannten Personenkreises von der Pflicht zur Übermittlung eines elektronischen Dokuments. Vielmehr ist die Bestimmung nach Auffassung des Senats dahingehend auszulegen, dass sie dem genannten Personenkreis zur Übermittlung einer Beschwerdeschrift als elektronisches Dokument verpflichtet, wenn die Beschwerde nicht zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt wird (so auch Beschluss des Senats vom 15.2.2022 - 4 UF 8/22; OLG Frankfurt (5. Familiensenat), Beschluss vom 11.3.2022 - 5 WF 11/22; OLG Bamberg, Beschluss vom 17.2.2022 - 2 UF 8/22; Fritzsche, Die Pflicht zum elektronischen Rechtsverkehr - Chancen und Risike...