Leitsatz (amtlich)

1. Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer zu vollstreckenden Umgangsregelung erfolgt im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich nicht. Dies gilt auch für den Fall, dass gegen die zu vollstreckende Umgangsregelung Rechtsmittel eingelegt worden sind, über die noch nicht entschieden worden ist. Eine etwaige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist den hierfür vorgesehenen Verfahren nach §§ 64 Abs. 3 bzw. 93 Abs. 1 FamFG vorbehalten.

2. Eine spätere Einstellung der Zwangsvollstreckung oder eine spätere Abänderung der zu vollstreckenden Entscheidung im Rechtsmittelverfahren hindern im Vollstreckungsverfahren nicht die Ahndung von Verstößen, die vor Wirksamwerden der Einstellung der Zwangsvollstreckung oder der Abänderung begangen worden sind.

3. Auf ein fehlendes Verschulden wegen eines entgegen stehenden Willen des Kindes kann sich der zur Herausgabe des Kindes verpflichtete Elternteil nur berufen, wenn er darlegt, dass der Widerstand des Kindes auch mit dem Alter des Kindes angemessenen erzieherischen Mitteln nicht zu überwinden war. An diese Darlegung sind hohe Anforderungen zu stellen.

4. Im Falle eine schuldhaften Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsregelung verdichtet sich das dem Gericht eingeräumte Ermessen regelmäßig zu einer Pflicht zur Verhängung von Ordnungsmitteln. Deren Auswahl und Bemessung stehen allerdings weiterhin im Ermessen des Gerichts und sind im Beschwerdeverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung auf Ermessensfehler zugänglich.

5. Da die in § 89 FamFG vorgesehenen Ordnungsmittel nicht nur Straf-, sondern auch Beugecharakter haben, also auf ein künftiges titelkonformes Verhalten hinwirken wollen, ist das Verhalten des gegen die Umgangsregelung verstoßenden Elternteils im Zeitraum zwischen dem Verstoß und der gerichtlichen Entscheidung im Vollstreckungsverfahren bei der Auswahl und Bemessung der Ordnungsmittel zu berücksichtigen.

 

Normenkette

FamFG §§ 89, 93 Abs. 1, § 64 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Gelnhausen (Beschluss vom 28.06.2012)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Das gegen die Antragsgegnerin festgesetzte Ordnungsgeld wird auf 30 EUR, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft, herabgesetzt.

Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

Von der Erhebung von Gerichtskosten für den zweiten Rechtszug wird abgesehen. Ihre im zweiten Rechtszug angefallenen Aufwendungen tragen die Beteiligten selbst.

Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 1.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgelds wegen Nichtbefolgung einer gerichtlichen Umgangsregelung.

Mit Beschluss vom 2.5.2012, Aktenzeichen 6 F 940/11 UG, dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin zugestellt am 8.5.2012, regelte das AG den Umgang zwischen dem Antragsteller und dem bei der Antragsgegnerin lebenden Kind wie folgt:

  • Der Kindesvater ist berechtigt und verpflichtet, den Umgang mit dem gemeinsamen Kind G., geb. am 22.4.2004, wie folgt auszuüben:
  • am 19.5.2012 in der Zeit von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr
  • vom 2.6.2012 bis 3.6.2012 in der Zeit von samstags 9:00 Uhr bis sonntags 18:00 Uhr
  • an den Enden der Kalenderwochen mit gerader Zahl jeweils freitags von 18:00 Uhr bis sonntags 18:00 Uhr, erstmals am 15.6.2012
  • an den Dolfeiertagen (Weihnachten, Ostern und Pfingsten) jeweils am zweiten Feiertag von 9:00 Uhr bis 18:00 Uhr
  • während der ersten Woche der gesetzlichen hessischen Sommerferien 2012 von freitags, 30.6.2012, 18:00 Uhr, bis sonntags, 8.7.2012, 18:00 Uhr.
  • während der ersten Hälfte der gesetzlichen hessischen Sommerferien, erstmals im Jahr 2013, jeweils von freitags 18:00 Uhr bis sonntags 18:00 Uhr.
  • Fällt der unter Ziff. 1. beschlossene Umgang wegen Erkrankung des Kindes oder sonstigem wichtigen Grund aus, ist der Vater berechtigt, den Umgang mit dem Kind am darauffolgenden bzw. am nächstmöglichen Wochenende nachzuholen. Der 14-tägige Turnus verschiebt sich dadurch nicht.
  • Dem Kindesvater wird aufgegeben, die gemeinsame Tochter zu den in Ziff. 1. genannten Umgangszeiten pünktlich am Bahnhof J. abzuholen und pünktlich wieder dorthin zurückzubringen.
  • Der Kindesmutter wird aufgegeben, die gemeinsame Tochter zu den in Ziff. 1. genannten Umgangszeiten pünktlich zum Bahnhof J. zu bringen und nach Beendigung der Umgangskontakte pünktlich dort wieder in Empfang zu nehmen.
  • Beide Kindeseltern haben sich abfälliger Bemerkungen und jeder wertenden Äußerung über den jeweils anderen Beteiligten in Gegenwart des Kindes zu enthalten, das Kind nicht über das Verhalten des jeweils anderen Beteiligten auszufragen und etwaige Streitigkeiten von dem Kind fernzuhalten.
  • Die Beteiligten werden darauf hingewiesen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung aus Ziff. 1. - 4. gegen den zuwider handelnden Beteiligten ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angeordnet werd...

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