Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts

 

Normenkette

ZPO § 78b Abs. 1

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 20.10.2022; Aktenzeichen III ZB 54/22, III ZB 55/22, III ZB 56/22)

 

Tenor

Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78b Abs. 1 ZPO wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Beiordnung eines Notanwalts für sein geplantes Vorgehen gegen das Land Hessen wegen des angeblich verzögerten Betreibens dreier Gerichtsverfahren, in denen er seinem Vortrag zufolge Verzögerungsrügen erhoben hat.

Details zu den Verfahren und den angeblichen Verzögerungen hat der Antragsteller auch auf Hinweis nicht mitgeteilt.

Nach seinem Vortrag hat er erfolglos mehrere Rechtsanwälte per E-Mail angeschrieben und diesen mitgeteilt, dass er beabsichtige, "Entschädigungsklage wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens" zu erheben. Dabei hat er um Rückmeldung gebeten, sofern die Arbeitsbelastung der angeschriebenen Rechtsanwälte eine Mandatsannahme ermögliche.

II. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet, weil die Voraussetzungen von § 78b Abs. 1 ZPO nicht vorliegen.

Zum einen setzt § 78b Abs. 1 ZPO voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. In Ermangelung konkreten Sachvortrags zum Gegenstand des beabsichtigten Verfahrens können die Erfolgsaussichten bisher überhaupt nicht beurteilt und kann demzufolge auch nicht die fehlende Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung bescheinigt werden. Es wird lediglich sinngemäß mitgeteilt, drei Verfahren, in denen bereits Verzögerungsrüge erhoben worden sei, würden nicht schnell genug betrieben. Der Antragsteller ist auf diese Bedenken hingewiesen worden, hat aber wiederum bloß auf die erhobenen Verzögerungsrügen verwiesen und keine weiteren Umstände vorgetragen, welche eine Prüfung, ob die Rechtsverfolgung aussichtslos ist, ermöglichen würden. Dies wäre ihm aber auch als einem Laien ohne anwaltliche Vertretung zumutbar gewesen. Soweit der Antragsteller ausführt, jeder Zweifel müsse zur Verneinung der Aussichtlosigkeit führen, kann dies nicht dazu führen, dass ein Antragsteller, der dem Gericht bei Stellung des Antrags gemäß § 78b Abs. 1 ZPO praktisch sämtliche relevanten Informationen vorenthält, dieses so dazu nötigt, dem Antrag in Ermangelung jeglicher Prüfungsmöglichkeit stattzugeben.

Zum anderen ist vorausgesetzt, dass der Antragsteller trotz zumutbarer Anstrengungen keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt findet. Hier wurden zwar mehrere Rechtsanwaltskanzleien kontaktiert. Diesen wurden aber außer der ganz abstrakten Benennung des Verfahrensgegenstandes nicht einmal rudimentäre Anhaltspunkte für die Überprüfung mitgeteilt, ob die Übernahme des Mandats sinnvoll erscheint. Weder die Anschrift des Antragstellers noch sonstige Anhaltspunkte, die Rückschluss wenigstens auf das im Falle einer Klageerhebung zuständige Gericht hätten geben können, wurden mitgeteilt. Auch wurde der Verfahrensgegenstand nicht einmal grob umrissen, so dass den angefragten Rechtsanwaltskanzleien nicht einmal eine grobe Prüfung der Erfolgsaussichten möglich war. Auch auf diese Bedenken ist der Antragsteller hingewiesen worden. Er hat die Auffassung vertreten, seine Anfragen hätten ausgereicht, um zu ermitteln, ob bei den angefragten Rechtsanwälten Ressourcen bestünden. Es sei bedenklich, per E-Mail bei einem Erstkontakt persönliche und vertrauliche Informationen zu übermitteln. Allerdings ist das Versenden einer E-Mail nicht der einzige mögliche Weg einer Kontaktaufnahme. Etwa um ein telefonisches Gespräch hat sich der Antragsteller gar nicht erst bemüht, obwohl dies als zumutbare Anstrengung anzusehen ist. Dass die Anfragen per E-Mail eben nicht für einen sinnvollen Erstkontakt ausreichten, wurde bereits oben ausgeführt. Auch die Selbsteinschätzung eines Rechtsanwalts, ob Ressourcen bestehen, hängt naturgemäß vom konkreten Gegenstand des Verfahrens (hier etwa insbesondere von der Komplexität des angeblich verzögerten Verfahrens) ab, so dass er dazu einige grundlegende Informationen benötigt.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (vgl. Zöller-Althammer, ZPO, § 78b, Rn. 10).

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war in Ermangelung des Vorliegens der Voraussetzungen von § 574 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO nicht veranlasst.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15420663

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