Entscheidungsstichwort (Thema)
Elektronische Signatur als zwingendes Erfordernis bestimmender Schriftsätze
Normenkette
ZPO § 130a
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 09.01.2008) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Limburg vom 9.1.2008 wird als unzulässig verworfen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert für den zweiten Rechtszug wird auf 4.845,79 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Berufung gegen das dem Kläger am 17.1.2008 zugestellte Urteil ist unzulässig, weil sie nicht rechtzeitig begründet worden ist.
Die Frist zur Begründung der Berufung, die gem. § 520 Abs. 2 S. 1 ZPO am 17.3.2008 abgelaufen wäre, ist auf rechtzeitigen Antrag des Klägers durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 18.3.2008 bis zum 17.4.2008 verlängert worden (§ 520 Abs. 1 S. 2 ZPO). Die an diesem Tag in elektronischer Form eingegangene Berufungsbegründungsschrift vom 17.4.2008 (Bl. 267 ff. d.A.) war entgegen §§ 520 Abs. 5, 130a Abs. 1 S. 2 ZPO nicht mit einer ausreichenden qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen. Trotz des Wortlauts der Vorschrift des § 130a Abs. 1 S. 2 ZPO ("soll") ist die qualifizierte elektronische Signatur ebenso wie die Unterschrift nach § 130 Nr. 6 ZPO zwingendes Erfordernis bestimmender Schriftsätze (LAG Köln, Beschluss vom 19.11.2003, 4 Ta 318/03, Rz. 29, zitiert nach Juris, mit Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift; vgl. Musielak/Stadler, ZPO, 5. Aufl., § 130a, Rz. 3).
Ausweislich des Prüfprotokolls (Bl. 263 d.A.) war das Zertifikat für den Signaturschlüssel der Prozessbevollmächtigten des Klägers zum Zeitpunkt der Prüfung zurückgewiesen. Das Zertifikat wird aufgrund der Regelung des § 5 Abs. 2 Signaturverordnung (SigV) durch den Zertifizierungsdiensteanbieter (hier: Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer) erst nach Rücksendung der Empfangsbestätigung über den Erhalt der Signaturkarte nachprüfbar gehalten und damit freigeschaltet. Darauf ist die Prozessbevollmächtigte des Klägers im Schreiben der Zertifizierungsstelle vom 31.3.2008 (Bl. 301 d.A.) hingewiesen worden. Ausweislich des Eingangsstempels des Trustcenters der Bundesnotarkammer (Bl. 356 d.A.) ist die auf den 1.4.2008 datierte Empfangsbestätigung erst am 25.4.2008 eingegangen, so dass eine Freischaltung des Zertifikats vor diesem Zeitpunkt nicht erfolgt ist. Zwar hat der Kläger eine mit dem Namen "C" unterzeichnete Notiz vorgelegt, die das Datum 30.5.2008 trägt und die von einer Mitarbeiterin seiner Prozessbevollmächtigten stammen sein soll (Bl. 348 d.A.). Dieser Notiz zufolge soll ein Telefonat mit der Zertifizierungsstelle ergeben haben, dass die Empfangsbestätigung am 7.4. eingegangen sei. Der Notiz ist jedoch weder zu entnehmen, welcher Mitarbeiter der Bundesnotarkammer diese Auskunft erteilt hat noch auf welcher Grundlage eine derartige Auskunft erteilt worden ist. Hingegen spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Eingangsstempel der Zertifizierungsstelle auch tatsächlich den Tag des Eingangs ausweist. Diese Vermutung wird durch die Notiz angesichts deren geringen Aussagekraft nicht erschüttert. Der Kläger hat zu der ihm übersandten, mit dem Eingangsstempel vom 25.4.2008 versehenen Empfangsbestätigung keine Stellung mehr genommen.
Dem Kläger ist auch auf seinen Antrag vom 2.6.2008 (Bl. 292 d.A.) hin keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO zu gewähren. Der Antrag ist nicht innerhalb der 2-wöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO gestellt worden und damit unzulässig. Denn obwohl der mit dem elektronischen Gerichtsfach betraute Justizinspektor A das Büro der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18.4.2008 telefonisch über den Mangel unterrichtet hat, erfolgte der Wiedereinsetzungsantrag erst mit Schriftsatz vom 2.6.2008. Der Kläger hat in diesem Schriftsatz zwar zu dem Vermerk des Mitarbeiters A vom 21.4.2008 (Bl. 273 d.A.) Stellung genommen und eine Unterrichtung am 17.4.2008 bestritten; insbesondere sei nicht mit B telefoniert worden, eine derartige Mitarbeiterin existiere in der Kanzlei nicht. Der Senat hat daraufhin durch die Berichterstatterin am 6.6.2008 den Mitarbeiter A befragt, der angegeben hat, am 18.4.2008 eine Büromitarbeiterin der Prozessbevollmächtigten des Klägers informiert zu haben; die Datumsangabe im Vermerk "17.4.2008" und die Bezeichnung "Rechtsanwaltsbüro B" beruhten auf einem Versehen. Der von der Berichterstatterin gefertigte Vermerk über diese Erklärung (Bl. 330 d.A. unter 2b) ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers zugeleitet worden (s. Bl. 330 R. d.A.), ohne dass diese dazu nochmals Stellung genommen hätte. Da die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen sind, ist der Senat an bestimmte Beweismittel nicht gebunden, sondern kann im Freibeweisverfahren entscheiden. Es besteht kein Grund zur Annahme, der Justizinspektor A könnte die Unwahrheit gesagt haben. Daher ist davon auszugehen, dass die Prozess...