Leitsatz (amtlich)
Eine Entscheidung nach § 142 Abs. 1 ZPO ist nicht beschwerdefähig.
Normenkette
ZPO § 142
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 02.11.2004; Aktenzeichen 10 O 364/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Entscheidung des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Darmstadt v. 2.11.2004 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
Im vorliegenden Rechtsstreit berühmt sich der Kläger ggü. der Beklagten eines Darlehensrückzahlungsanspruchs i.H.v. 11.150 Euro. Die Beklagte, die um Klageabweisung nachsucht, gesteht zu, von dem Kläger 6.500 Euro erhalten zu haben und behauptet, von ihm als Haushälterin und Betreuerin angestellt worden zu sein zu einem Stundensatz von 10 Euro/Stunde. Seit April 2003, so behauptet sie, arbeite sie für den Kläger auf Vollzeitbasis und zwar 60 Stunden/Woche. Soweit dem Kläger ein Zahlungsanspruch zustehe, sei dieser durch Verrechnung mit ihren Arbeitslohnansprüchen erloschen. Die Stunden, die sie gearbeitet habe, habe der Kläger in eine weiße und ihr gehörende Mappe mit Stundenplan eingetragen. Die Stundenpläne bewiesen, wie viele Stunden sie gearbeitet habe und was verrechnet bzw. ausbezahlt worden sei. Sie, die Beklagte, beantrage, dem Kläger gem. § 142 Abs. 1 ZPO aufzugeben, die Mappe mit den Stundenplänen vorzulegen. Soweit das Gericht im Schreiben v. 23.9.2004 moniere, die zur Aufrechnung gestellten Gegenansprüche seien unsubstantiiert, erkläre sie, die Beklagte, sie könne einen näheren Vortrag erst dann halten, wenn dem Kläger aufgegeben werde, gem. § 142 ZPO die geforderten Unterlagen vorzulegen. Mit Schreiben v. 2.11.2004 (Bl. 66 d.A.) - gefertigt am 3.11.2004 -, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, teilte der erstinstanzliche Erkenntnisrichter der Beklagten mit, die Gegenforderungen seien nach wie vor unsubstantiiert und das Gericht sehe keine Veranlassung, dem Kläger aufzugeben, durch Vorlage einer Stundenaufstellung ("weiße Mappe") die zur Aufrechnung gestellte Forderung schlüssig zu machen.
Mit bei Gericht am 15.11.2004 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte "Beschwerde" erhoben, soweit das LG mit Schreiben v. 2.11.2004 ihren Antrag auf Anordnung der Vorlage der weißen Mappe gem. § 142 ZPO durch den Kläger abgelehnt habe. In der Beschwerdebegründung führt die Beklagte aus, unter Verstoß gegen § 142 ZPO, Art. 103 Abs. 1 GG wolle das Gericht "sehenden Auges willkürlich rechts- und verfahrensfehlerhaft verhindern", dass sie, die Beklagte, ihre Behauptungen beweisen könne. Mit verkündetem Beschluss v. 30.11.2004 hat der Einzelrichter der 10. Zivilkammer des LG Darmstadt der Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung am 10.12.2004 vorgelegt. Der Einzelheiten im Übrigen wegen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten - nach In-Kraft-Treten des ZPO-Reformgesetzes gibt es gem. § 567 ZPO im Bereich des Zivilverfahrensrechts nur noch die sofortige Beschwerde - war, wenn sie auch fristwahrend erhoben worden ist, als unzulässig zu verwerfen, weil keine beschwerdefähige erstinstanzliche Entscheidung vorliegt.
Nach § 567 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO i.d.F. des RG findet die sofortige Beschwerde gegen die im ersten Rechtszuge ergangenen Entscheidungen statt, wenn es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidung handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, weil kein "Gesuch" der Beklagten im Sinne der vorbezeichneten Vorschrift zurückgewiesen worden ist.
§ 142 ZPO ist im Titel 1 des dritten Abschnitts des Ersten Buches der ZPO - die die mündliche Verhandlung regelnden Verfahrensvorschriften betreffend - verortet.
§ 142 ZPO verfolgt zwei Zwecke. Die Vorlegungsanordnung kann nämlich zum einen der Information des Gerichts dienen, im besonderen bei undeutlichem oder lückenhaftem Tatsachenvorbringen der Parteien das Vorbringen zu klären, als zum anderen auch der Bereitstellung von Beweismitteln zur Aufklärung eines streitigen Sachverhalts (Musielak/Stadler, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 142 Rz. 1). Die Anordnung erfolgt hierbei durch das Gericht aufgrund der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens von Amts wegen, weshalb die der Sachverhaltsaufklärung dienende Vorschrift letztlich den Grundsatz der Parteiherrschaft und des Beibringungsgrundsatzes durchbricht. Indessen muss bei Auslegung und Anwendung der vorgenannten Vorschrift gebührend berücksichtigt werden, dass die Lehre von der allgemeinen prozessualen Aufklärungspflicht sich in Deutschland nicht durchgesetzt hat und auch der historische Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien verlautbart, dass nach wie vor eine Ausforschung prozessordnungswidrig bleibe. Der II. Zivilsenat des BGH hat in seinem Urt. v. 11.6.1990 (BGH, Urt. v. 11.6.1990 - II ZR 159/89, MDR 1991, 226 = NJW 1990, 3151) den Grundsatz betont, dass keine Prozesspartei gehalten sei, dem Gegner für dessen Pr...