Entscheidungsstichwort (Thema)

Form der Zustimmung des Scheinvaters

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, zur Vaterschaftsanerkennung eines Dritten gem. § 1599 Abs. 2 S. 2 BGB kann nicht formwirksam zur Niederschrift des Gerichts im Ehescheidungsverfahren erklärt werden.

 

Normenkette

BGB §§ 1597, 1599 Abs. 2 S. 2, §§ 1626, 1671; FamFG § 180; ZPO § 641c

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.03.2013; Aktenzeichen XII ZB 71/12)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.

Der Antrag des Antragstellers auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts betreffend das am ... geborene Kind J. auf ihn allein und Begründung des gemeinsamen Sorgerechts mit der Kindesmutter im Übrigen wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten für die erste Instanz und das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Seine außergerichtlichen Kosten hat jeder Beteiligte selbst zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin heiratete am ... 1996 Herrn S. Von ihrem Ehemann trennte sie sich Anfang 2001. Mit am 15.4.2002 beim AG B. eingegangenem Schreiben ihrer Bevollmächtigten leitete sie das Ehescheidungsverfahren ein, das in der Folge beim AG U. unter dem Aktenzeichen 4 F 131/02 geführt wurde. Im Jahr 2003 lernte sie den Antragsteller kennen, mit dem sie in der Folgezeit bis zur Trennung Mitte 2010 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebte. Am ... wurde das betroffene Kind von der Antragsgegnerin geboren. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin stimmen darin überein, dass der Antragsteller der biologische Vater von J. ist. Am ... 2005 wurde vom Standesamt D. unter der Nummer../05 eine Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft für J. durch den Antragsteller (der damals noch G. mit Nachnamen hieß) und die Zustimmung der Antragsgegnerin aufgenommen. Mit Schreiben vom 7.1.2005 und 4.4.2006 erinnerte das Standesamt D. die Antragsgegnerin daran, dass die Vaterschaftsanerkennung erst wirksam werden kann, wenn die Zustimmungserklärung des Ehemannes, ein Nachweis über die Anhängigkeit des Scheidungsantrags und über die Rechtskraft der Ehescheidung vorliegt. Demgemäß ist im Geburtsregister des Standesamts D. bis heute der damalige Ehemann der Antragsgegnerin eingetragen.

In einem vom AG U. im Scheidungsverfahren am 9.6.2008 durchgeführten Verhandlungstermin erklärte der Antragsteller zu Protokoll, dass J. sein leibliches Kind sei. Der damalige Ehemann der Antragsgegnerin wurde im Wege der Rechtshilfe durch das AG P. am 15.8.2008 zu dem Scheidungsantrag angehört. Außerdem erklärte er zu Protokoll, dass er der Vaterschaftsanerkennung im Protokoll des AG U. vom 9.6.2008 zustimme und dass er nicht der Vater des Kindes sei. Diese Erklärung wurde ihm nicht aus der vorläufigen Tonbandaufzeichnung des Protokolls vorgespielt und auch nicht von ihm genehmigt.

Nach der Trennung des Antragstellers von der Antragsgegnerin Mitte 2010 kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen beiden über den zukünftigen Aufenthalt J. s. Deshalb hat der Antragsteller mit am 9.9.2010 beim AG W. eingegangenem Schreiben seines Bevollmächtigten im vorliegenden Verfahren unter Berufung auf die Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 beantragt, das gemeinsame Sorgerecht für J. zu begründen und ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zu übertragen. Zur Begründung verweist er auf psychische Probleme der Kindesmutter und auf den geäußerten Willen des Kindes. Die Kindesmutter ist den Anträgen entgegengetreten, wobei sie u.a. darauf hinwies, dass sie sich lediglich aufgrund der kurz zuvor vom Antragsteller bekannt gegebenen Trennung freiwillig in stationäre psychiatrische Behandlung begeben habe. Jetzt gehe es ihr wieder gut. Im Übrigen wolle J. bei ihr leben, was auch wegen der Bindung an die Halbschwester C. zu bevorzugen sei.

Nach Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens hat das AG W. durch Beschluss vom 10.5.2011 das Aufenthaltsbestimmungsrecht dem Antragsteller allein übertragen und im Übrigen das gemeinsame Sorgerecht begründet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass im Grundsatz beide Elternteile erziehungsfähig seien, die Bindung des Kindes zum Antragsteller aber stärker ausgeprägt sei und dieser auch durch die Unterstützung seiner jetzigen Ehefrau besser auf die Bedürfnisse J. s eingehen könne, während die Mutter durch Probleme mit ihrer weiteren Tochter C. belastet sei und nicht ihre volle Aufmerksamkeit J. zukommen lassen könne.

Gegen diesen ihrer Bevollmächtigen am 19.5.2011 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit am 7.6.2011 beim AG W. eingegangenem Schreiben ihrer Bevollmächtigten Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und die Anträge des Antragstellers zurückzuweisen. Zur Begründung wird u.a. das psychologische Sachverständigengutachten und die aus einer zweimaligen Interaktionsbeobachtung gewonnene Auffassung, die Antragsgegnerin könne nicht ...

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