Leitsatz (amtlich)
Terminsgebühr nach Klagerücknahme
Normenkette
RVG-VV Nr. 3104
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 25.09.2018; Aktenzeichen 3-8 O 88/17) |
Tenor
Ist die Klage unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung zurückgenommen worden, entsteht die Terminsgebühr nur aus dem Kostenwert.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Klägerin dem Beklagten 760,14 EUR nebst Zinsen in der festgesetzten Höhe zu erstatten hat.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Beschwerdewert: EUR 225,60.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstattungsfähigkeit einer vollen Terminsgebühr.
Die Klägerin hat am Terminstag mit Schriftsatz vom 13.06.2018, bei Gericht per Fax am gleichen Tag um 8:32 Uhr eingegangen, die Klage zurückgenommen. Das Gericht hat den Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf die Klagerücknahme hingewiesen. Der Beklagtenvertreter hat daraufhin einen Kostenantrag gestellt. Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 02.09.2018 hat das Landgericht die von der Klägerseite zu erstattenden Kosten auf 978,54 EUR festgesetzt. Dabei ging es von einer 1,2 Terminsgebühr i.H.v. 363,60 EUR aus dem vollen Streitwert des Rechtsstreits aus. Auf Erinnerung des Beklagten hat es mit Beschluss vom 30.11.2018 den Erstattungsbetrag auf 985,74 EUR festgesetzt. Mit Beschluss vom 4.2.2019 hat das Landgericht den Streitwert bis zum 12.06.2018 auf 4.347,16 EUR und ab dem 13.06.2018 auf 1.484,96 EUR festgesetzt.
II. Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.
1. Über die Beschwerde war gemäß § 568 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden, da die in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
2. Die 1,2-Terminsgebühr entsteht nach Nr. 3104 RVG-VV in allen Verfahren, sofern kein Ausnahmetatbestand eingreift. Gemäß §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die Klägerin dem Beklagten allerdings nur diejenigen Kosten zu erstatten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren. Vorliegend war bereits vor dem Termin die Klagerücknahme beim Landgericht eingegangen. Dies geschah wenige Stunden vor Terminsbeginn und wurde der zuständigen Kammer offenbar noch rechtzeitig zur Kenntnis gegeben (vgl. Protokoll zur mündlichen Verhandlung). Die Klagerücknahme war mit ihrem Eingang bei Gericht wirksam. Für die Wirksamkeit war weder die Zustellung noch der Zugang beim Beklagtenvertreter erforderlich (§ 269 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 ZPO). Die Rechtshängigkeit der Hauptsache war damit rückwirkend entfallen. Es konnte nicht mehr über die Hauptsache, sondern nur noch über die Kosten des Rechtsstreits verhandelt werden (§ 269 Abs. 3 ZPO). Die Sache wurde zwar aufgerufen; der Aufruf ist jedoch dahingehend zu verstehen, dass er nur den Teil des Verfahrens betraf, über den noch zu entscheiden war (Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Aufl., Anhang IV Rn. 334). Gegenstand des Termins war allein die Kostenfrage. Dementsprechend stellte der Beklagtenvertreter im Termin lediglich einen Kostenantrag.
3. Bei dieser Sachlage konnte die Terminsgebühr nicht aus dem Hauptsachestreitwert anfallen, sondern lediglich aus dem Kostenwert (vgl. Gerold/ Schmidt, RVG-Kommentar, 23. Aufl., Anhang IV Rn. 334; OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.3.2009 - 8 W 118/09 -, juris). Den Kostenwert hat das Landgericht auf 1.484,96 EUR festgesetzt. Daraus errechnet sich eine 1,2 Gebühr i.H.v. 138,00 EUR. Im Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts wurde demgegenüber eine Terminsgebühr i.H.v. 363,60 EUR in Ansatz gebracht. Der festgesetzte Erstattungsbeitrag ist um 225,60 EUR zu reduzieren. Er beläuft sich anstatt der festgesetzten 985,74 EUR nur auf insgesamt 760,14 EUR.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
5. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) sind nicht erfüllt.
Fundstellen
Haufe-Index 13191258 |
JurBüro 2019, 412 |
ZAP 2019, 790 |
AGS 2019, 501 |
NJW-Spezial 2019, 668 |
SVR 2021, 98 |
FMP 2019, 158 |