Leitsatz (amtlich)
Verfahrenskostenhilfe für ein Hauptsacheverfahren zum Umgangsrecht, das neben einem einstweiligen Anordnungsverfahren zum Umgangsrecht eingeleitet wurde, kann regelmäßig nicht wegen fehlendem Rechtsschutzbedürfnis oder Mutwilligkeit der Verfahrenseinleitung verwehrt werden.
Normenkette
FamFG §§ 49, 76, 151 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Offenbach (Beschluss vom 25.11.2010; Aktenzeichen 319 F 2443/10) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Dem Antragsteller wird für das Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Zur Wahrnehmung der Rechte im ersten Rechtszug wird ihm Rechtsanwältin X, Stadt01 beigeordnet.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 76 FamFG, § 127 IV ZPO).
Gründe
Die gem. § 76 FamFG, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde gegen die Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Dem Hauptsacheverfahren fehlt nicht die Erfolgsaussicht. Ein Rechtsschutzbedürfnis für das Hauptsacheverfahren zum Umgangsrecht kann regelmäßig nicht verneint werden. Das summarische Anordnungsverfahren nach § 49 ff. FamFG und das Hauptsacheverfahren nach §§ 151 Nr. 2 ff. FamFG stehen mit unterschiedlichen Verfahrensgegenständen selbständig nebeneinander. Während die einstweilige Anordnung bei einem dringenden Regelungsbedürfnis als vorläufige Maßnahme aufgrund eines nach §§ 51, 54 FamFG besonders geregelten Verfahrens in Betracht kommt, hat das Hauptsacheverfahren mit seinen weitergehenden Ermittlungsmöglichkeiten und seiner grundsätzlich auf einen längeren Zeitraum ausgerichteten Entscheidung eine wesentlich andere Zielrichtung und einen weiteren Rahmen. Das Nebeneinander beider Verfahren sieht die Gesetzeslage in §§ 51 Abs. 3, 52, 56 FamFG aber auch beispielsweise für den Sonderfall der Kindeswohlgefährdung in § 157 Abs. 3 FamFG ausdrücklich vor. Die Neuregelung lehnt sich, wie etwa § 49 Abs. 2 FamFG zeigt, in ihren Grundzügen an das Verhältnis zwischen zivilrechtlichem Klageverfahren und einstweiligen Rechtsschutz an. Ob unter besonderen, hier nicht vorliegenden Umständen das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise verneint werden könnte, bedarf vorliegend keiner weiteren Erörterung.
Die Verfahrenskostenhilfe kann auch nicht wegen einer Mutwilligkeit der Verfahrensführung abgelehnt werden. Es kann nicht festgestellt werden, dass ein bemittelter und kostenbewusster Antragsteller von der gleichzeitigen Einleitung eines Hauptsacheverfahrens Abstand genommen hätte. Gerade im Hinblick auf die Vorläufigkeit der im parallelen einstweiligen Anordnungsverfahren getroffenen Umgangsregelung und die Besonderheit, dass noch bis zum 23.2.2011 eine einstweilige Anordnung in einem Gewaltschutzverfahren mit Kontaktverbot wirkt, zeigt das weiterreichende Bedürfnis nach einer endgültigen, auch die Ferienzeiten umfassenden Umgangsregelung für die Zukunft, in der das Abholen und Zurückbringen der Kinder zu regeln ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2729955 |
FF 2011, 263 |