Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 03.07.2007; Aktenzeichen 3/5 O 22/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt am Main vom 3.7.2007 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist nach den Vorschriften des Mitbestimmungsgesetzes einen Aufsichtsrat zu bilden.

Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten beider Instanzen zu tragen.

Die außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 98, 99 AktG, § 6 MitbestG darüber, ob bei der Antragsgegnerin ein Aufsichtsrat nach §§ 6, 7 i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 3 MitbestG einzurichten ist.

Die Antragsgegnerin ist alleinige Gesellschafterin der AX GmbH, wobei zugunsten der Antragsgegnerin ein Gewinnabführungsvertrag besteht. Bei der AX GmbH, die ihrerseits über fünf Tochterunternehmen verfügt, ist ein mitbestimmter Aufsichtsrat gebildet. Alleinige Gesellschafterin der Antragsgegnerin ist die AB, USA, Letztere, eine an der New York Stock Exchange notierte Gesellschaft, ist direkte oder indirekte Allein- oder Mehrheitsgesellschafterin aller Gesellschaften der weltweiten A-Gruppe. Der A Konzern wird zentralistisch von den USA aus gesteuert. Alle Gesellschaften, von denen die Antragsgegnerin Alleingesellschafterin ist, haben insgesamt mehr als 2.000 Arbeitnehmer.

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, dass bei der Antragsgegnerin ein mitbestimmter Aufsichtsrat zu bilden sei. Die Antragsgegnerin treffe alle wesentlichen Entscheidungen.

Die Antragsgegnerin hat dem entgegengehalten, sie übe keinerlei Leitungsfunktion aus, sondern sei ausschließlich aus steuerlichen Gründen gegründet worden. Sie beschäftige keine Mitarbeiter. Die Anstellungsverträge ihrer Geschäftsführer bestünden jeweils mit anderen ausländischen Konzerngesellschaften. Sämtliche Grundsatzbereiche seien unmittelbar bei der A angesiedelt und dort einem der sog. Officers (Vorstände) oder dem Präsidenten der ... Group, einer virtuellen Organisationseinheit, zugewiesen. Die Budgets würden zunächst in den Konzerngesellschaften vorbereitet und dem Präsidenten der ... Group sowie dem innerhalb der ... Group zuständigen Vize-Präsidenten für Finanzen zugeleitet und zwischen der jeweiligen Gesellschaft und dieser Führungsebene abgestimmt. Im Anschluss erfolge eine weitere Abstimmung mit dem Chief Financial Officer (Finanzvorstand) der A. Das Konzerncontrolling der A umfasse auch die zeitnahe monatliche Ergebniskontrolle durch den Finanzbereich der ... Group.

Das LG hat durch Beschluss vom 3.7.2008, auf den verwiesen wird (Bl. 187 ff. d.A.), den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.

Gegen diesen ihm am 13.8.2007 zugestellten Beschluss, der nach dem 17.9.2007 zur Veröffentlichung im Bundesanzeiger gegeben wurde, hat der Antragsteller mit einem am 10.9.2007 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er rügt, das LG habe fehlerhaft angenommen, dass die gesetzlichen Vermutungen der §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 Satz 2 AktG widerlegt seien. Dies zeige auch die nach Schluss der mündlichen Verhandlung bekannt gewordene Änderung der Geschäftsordnung Ziff. 5 Buchst. g) bis i) für die Geschäftsführung der AX GmbH, die ab 1.7.2007 gelte. Danach bedürfe die Geschäftsführung der vorigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bei der Ernennung und Abberufung von Generalbevollmächtigten der AX GmbH, bei der Feststellung von Finanz- und Investitionsplänen sowie der Änderung dieser Pläne um mehr als 10 % und bei der Festlegung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung einschließlich der Geschäftsverteilung.

Die Antragsgegnerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Die Struktur der deutschen A-Gruppe sei nicht darauf angelegt, Mitbestimmung zu unterlaufen. Auch vor Abschluss der Neuorganisation seien praktisch alle Mitarbeiter von einem mitbestimmten Aufsichtsrat vertreten gewesen. Ein Informations- und Einflussdefizit der Arbeitnehmerseite bestehe nicht. Gesellschaftsrechtliche Gliederungen seien für die Konzernleitung nicht relevant.

Die Antragsgegnerin bringt weiter vor, die Geschäftsordnung sei nicht zum 1.7.2007 in der beschriebenen Weise geändert worden. Lediglich § 5 (g) sei insoweit geändert worden als die Geschäftsführung von sechs auf drei Geschäftsführer verkleinert worden sei. Die Position eines Generalbevollmächtigten unterscheide sich allenfalls in Nuancen von der Position eines Geschäftsführers. Die Auswahl werde von der A in den USA in Abstimmung mit den virtuellen Entscheidungsebenen European Region und Central Region getroffen. Dort würden auch sämtliche den Konzern leitenden Entscheidungen getroffen. In den wenigen verbleibenden Fällen seien die operativen Gesellschaften unmittelbar zuständig. Für die Konzernleitung seien gesellschaftsrechtliche Gliederungen nicht relevant. Für ein Eingreifen von § 5 Abs. 3 MitbestG sei auf d...

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