Leitsatz (amtlich)

Keine Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist, wenn das allein Frist wahrende Voraus-Fax des Schriftsatzes von dem Prozessbevollmächtigten nicht unterzeichnet war und innerhalb der Frist auch keine Anlagen mitgefaxt wurden, die einen "Beglaubigt-Vermerk" tragen.

 

Normenkette

ZPO §§ 85, 233, 520

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-27 O 43/08)

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche aus einem Kaufvertragsverhältnis geltend.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Gegen das Urteil vom 26.6.2008, das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 3.7.2008 zugestellt worden ist, hat die Klägerin durch Schriftsatz 23.7.2008, bei Gericht am selben Tag per Fax eingegangen, Berufung eingelegt.

Mit Schreiben vom 9.9.2008, das per Fax an diesem Tag auch bei Gericht eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 6.10.2008 beantragt. Mit Verfügung vom 10.9.2008 (Bl. 80 d.A.) hat das Gericht die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß verlängert.

Mit Schriftsatz vom 6.10.2008, bei Gericht per Fax am selben Tage eingegangen, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Berufung begründet (Bl. 82 ff. d.A.). Der Schriftsatz ist nicht unterzeichnet worden.

Am 7.10.2008 ist bei Gericht das Original des Berufungsbegründungsschriftsatzes eingegangen, der ebenfalls nicht unterzeichnet ist (Bl. 122 d.A.). Beigefügt waren beglaubigte Abschriften des Schriftsatzes, die vom Gericht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten übersandt worden sind.

Mit Schreiben vom 9.12.2008, das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 15.12.2008 zugestellt worden ist, hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung gem. § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen (Bl. 142 d.A.).

Mit vom Klägervertreter unterschriebenen und am gleichen Tage per Fax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 29.12.2008 (Bl. 147 d.A.) hat die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages hat sie unter Hinwies auf eine entsprechende eidesstattliche Versicherung ihres Prozessbevollmächtigten vom 29.12.2008 (Bl. 151 d.A.) vorgetragen, dass der Berufungsbegründungsschriftsatz am 6.10.2008 von diesem selbst fertiggestellt und vervielfältigt und die beglaubigte Abschrift im Original von ihm unterzeichnet worden sei. Sodann habe er den Originalschriftsatz an das OLG gefaxt und dabei versehentlich nicht kontrolliert, ob auch dieser nach dem Kopieren von ihm unterzeichnet gewesen sei. Den Originalschriftsatz habe er nebst beglaubigter, von ihm selbst unterzeichneter beglaubigter Abschrift noch am 6.10.2008 in die Post eingelegt.

Im Übrigen trägt die Klägerin vor, dass ihr Prozessbevollmächtigter in der Zeit vom 03.10.-12.10.2008 als Notarvertreter für den Notar A bestellt gewesen sei. Er habe aufgrund des besonders hohen und wegen der Vertretung auch zusätzlichen Arbeitsaufkommens und zahlreicher anderweitiger Fristabläufe sämtliche an diesem Tag gefertigte Schriftsätze aus seiner Unterschriftenmappe erst gegen 17.15 Uhr unterzeichnet, nachdem die Berufungsbegründung erst um 16.24 Uhr fertiggestellt worden sei. Er habe sie um 17.23 Uhr versandt. Der Prozessbevollmächtigte kontrolliere mehr als gewissenhaft, ob seine Schriftsätze jeweils ordnungsgemäß unterzeichnet seien und die ordnungsgemäße Wahrung von Fristen.

Der Beklagtenvertreter trägt vor, die ihm zugegangene beglaubigte Abschrift sei im Rahmen des "Beglaubigt"-Vermerk von dem Klägervertreter unterzeichnet gewesen.

II.1. Die Berufung der Kläger ist gem. § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO bis zum 6.10.2008 ordnungsgemäß begründet wurde. Denn der am 6.10.2008 bei Gericht per Fax eingegangene Schriftsatz entspricht nicht den Anforderungen der §§ 520 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 i.V.m. 130 Nr. 6 ZPO. Selbst wenn man davon ausgeht, die Unterschrift unter die beglaubigte Abschrift des Schriftsatzes oder die Unterschrift unter den "Beglaubigt"-Vermerk der beglaubigten Abschrift würde dem genannten Unterschriftserfordernis genügen, wäre die Berufungsbegründung zu spät bei Gericht eingegangen, da der per Fax eingegangene - allein fristwahrende - Schriftsatz jedenfalls nicht unterschrieben war.

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist konnte der Klägerin nicht gewährt werden, weil aus ihren Darlegungen in der Antragsschrift nicht darauf geschlossen werden kann, dass sie bzw. ihr Prozessvertreter, deren Verschulden sich die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes zurechnen lassen muss, ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert waren.

Das Fristversäumnis wurde vorliegend dadurch verursacht, dass der Prozessvertreter - wie er in seiner eidesstattlichen Versicherung angibt - versehentlich nicht kontrolliert hat, ob er a...

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