Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung

 

Normenkette

EGBGB Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.07.2022; Aktenzeichen 2-07 O 365/21)

 

Tenor

Auf den Hinweis wurde die Berufung zurückgenommen.

In dem Rechtsstreit

...

werden die Parteien darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Anspruch.

Der Kläger schloss mit der Bank1, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, im März 2017 zwei Darlehensverträge zur Finanzierung des Kaufs einer Bestandsimmobilie zur Selbstnutzung. Der Darlehensvertrag mit der Kontonummer ... über 120.000,00 EUR wurde am 30.03.2017 geschlossen und sah eine Sollzinsbindung bis zum 31.03.2027 vor. Der Darlehensvertrag mit der Kontonummer ... über 50.000,00 EUR, bei dem es sich um ein Darlehen aus dem "KfW-Wohnungseigentumsprogramm (124)" handelte, wurde am 31.03.2017 abgeschlossen und sah eine Sollzinsbindung bis zum 30.04.2027 vor. Beide Darlehen waren grundpfandrechtlich besichert und wurden voll valutiert.

In Ziffer 6.12 beider Darlehensverträge heißt es unter der Überschrift "Voraussetzungen und Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung im Falle vorzeitiger Rückzahlung bei gebundenem Sollzins":

6.12.1 Bei einem Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz kann der Darlehensnehmer das Darlehen während des Sollzinsbindungszeitraumes nur dann über die vereinbarten Tilgungsleistungen und Sondertilgungen hinaus vorzeitig zurückzahlen, wenn er hierzu ein sog. "berechtigtes Interesse" hat, z.B. wenn er das Beleihungsobjekt verkauft.

In diesem Fall muss der Darlehensnehmer der Bank den dadurch entstehenden Schaden ersetzen (sog. Vorfälligkeitsentschädigung).

6.12.2 Die Bank berechnet die Vorfälligkeitsentschädigung finanzmathematisch nach der sogenannten Aktiv-Passiv-Methode. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung ist der Zeitpunkt, zu dem die vorzeitig zurückgezahlte Darlehensvaluta bei der Bank eingeht. Im Einzelnen erfolgt die Berechnung wie folgt:

Zunächst ermittelt die Bank unter Berücksichtigung etwa vertraglich vereinbarter Sondertilgungsrechte, eines etwaigen Rechts des Darlehensnehmers auf Anpassung des Tilgungssatzes und eines etwaigen Kündigungsrechts des Darlehensnehmers nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wann und in welcher Höhe Zahlungen von ihm zu entrichten gewesen wären, wenn das Darlehen fortgeführt worden wäre. Dies geschieht dadurch, dass die Bank das vorzeitig zurückgezahlte Darlehenskapital unter Berücksichtigung der Fälligkeitstermine der einzelnen ausstehenden Raten des Darlehensvertrages hypothetisch wieder anlegt. Dabei wird wie folgt differenziert: Soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristenkongruenten Laufzeiten vorhanden sind, werden für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde gelegt. Soweit keine fristenkongruenten Hypothekenpfandbriefe vorhanden sind, werden fristenkongruente Geldmarktsätze aus der Bundesbankstatistik zugrunde gelegt. Liegen die erzielbaren Zinssätze am Kapitalmarkt bzw. am Geldmarkt unter dem vertraglich vereinbarten Darlehenszins, entsteht der Bank ein Zinsausfall. Dieser ist Ausgangspunkt für die weitere Schadensberechnung.

Zugunsten des Darlehensnehmers berücksichtigt die Bank im Folgenden dann, dass die nach Maßgabe des Darlehensvertrages geschuldeten, ganz oder teilweise ausfallenden Zahlungen in der Zukunft liegen. Finanzmathematisch erfolgt dies im Wege der "Abzinsung" jeder einzelnen ganz oder teilweise ausfallenden Zahlung über den Zeitraum zwischen ihrer vertraglich vereinbarten Fälligkeit und der tatsächlich erfolgenden Rückzahlung (sog. "Barwertmethode"). Zur Abzinsung der in der Zukunft liegenden Zahlungen zieht die Bank die entsprechenden Zinssätze des Geld- und Kapitalmarkts heran, die sie bei der Berechnung des Zinsausfalls zugrunde legt (s. o.).

Von der so ermittelten Schadenssumme, zieht die Bank (a) zu Gunsten des Darlehensnehmers die für dieses Darlehen auf Seiten der Bank ersparten Verwaltungskosten ab, weil keine weitere Bearbeitung für dieses Darlehen mehr erforderlich ist. Weiter wird (b) von diesem Betrag ein Abschlag für ersparte Risikokosten vorgenommen. Dieser resultiert daraus, dass die Bank für den Zeitraum zwischen der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens und dem Zeitpunkt, zu dem das Darlehen normalerweise zurückzuzahlen gewesen wäre, kein Ausfallrisiko für das Darlehen mehr tragen muss.

Die Schadenssumme, vermindert um die vorstehend unter (a) und (b) genannten ersparten Verwaltungs- und Risikokosten, zuzüglich einer angemessenen Kostenpauschale für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ergibt dann die vom Darlehensnehmer an die Bank zu zahl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge