Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung nach Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt der Kläger seine Klage zurück, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen und hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimmt, ist ohne Bedeutung.

 

Normenkette

ZPO §§ 269, 91; ZÜO § 97

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 03.11.2015; Aktenzeichen 2-26 O 185/15)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 3.11.2015 wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die A GmbH hat als Prozessbevollmächtigte der Kläger am 18.9.2013 einen Mahnbescheid über einen Betrag in Höhe von 12.996,67 EUR gegen den Beklagten beantragt. Nach Zustellung des Mahnbescheids hat der Beklagte gegen diesen Widerspruch eingelegt. Die Kläger haben in der Folge ihren Mahnantrag zurückgenommen. Auf Antrag des Beklagten hat das LG durch Beschluss vom 3.11.2015 die Kosten des Rechtsstreits den Klägern nach § 269 Abs. 2 S. 3 ZPO auferlegt. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Kläger, die sie sogleich damit begründet haben, die A GmbH habe den Mahnbescheid als vollmachtlose Vertreterin beantragt. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gemäß §§ 269 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß § 569 ZPO form- und auch fristgerecht begründet worden.

In der Sache hat die Beschwerde allerdings keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht eine Kostenentscheidung nach Rücknahme des Mahnantrags bzw. der Klage zu Lasten der Kläger getroffen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Entscheidung über die Kosten in unmittelbarer oder analoger Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu erfolgen hatte, nachdem die Abgabe an das Streitgericht - soweit nach dem Akteninhalt ersichtlich - ohne Antrag einer der Parteien auf Durchführung des streitigen Verfahrens erfolgt ist.

Die Regelung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ist eine Ausprägung des allgemeinen, den §§ 91, 97 ZPO zu Grunde liegenden Prinzips, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Nimmt der Kläger seine Klage zurück, begibt er sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen. Ob dieses Ergebnis mit dem materiellen Recht übereinstimmt, ist ohne Bedeutung. Letzteres betrifft allein den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, nicht aber die davon zu unterscheidende prozessuale Kostenlast (BGH, Beschluss vom 6.7.2005, IV ZB 6/05, NJW-RR 2005, 1662).

Die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls nach § 269 Absatz 3 S. 2 Halbs. 2 ZPO liegen nicht vor. Über die Kosten des Rechtsstreits ist weder bereits rechtskräftig entschieden noch sind sie der A GmbH "aus einem anderen Grund aufzuerlegen". Insbesondere kann aus dem Rechtsgedanken des § 89 ZPO keine schützenswerte Stellung der Kläger hergeleitet werden. Zwar kann der Veranlasser eines Rechtsstreits mit Kosten belastet werden, wenn er als vollmachtloser Vertreter aufgetreten ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 14.5.2009, 5 W 286/09, JurBüro 2010, 154; OLG Stuttgart, Urteil vom 12.7.2010, 5 U 33/10, MDR 2010, 1427; Wert in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 88 Rdn. 14). Die Kläger haben aber der A GmbH eine umfassende Inkassovollmacht erteilt, die diese berechtigte, alle Maßnahmen zum Einzug der Forderung zu ergreifen. Zu diesen Maßnahmen gehörten auch die Erwirkung eines Titels und die Einleitung eines Mahnverfahrens. Dass die A GmbH nach der Vollmacht berechtigt war, im Namen der Kläger Rechtsanwälte mit der gerichtlichen Beitreibung zu beauftragen, hinderte sie nicht, zunächst selbst als Bevollmächtigte der Kläger das kostengünstigere Mahnverfahren einzuleiten (vgl. § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO). Der Passus in der Vollmachtsurkunde bestimmt insoweit lediglich eine Erweiterung der Kompetenzen für den Fall der Überleitung in das Streitverfahren oder aber der Einleitung eines Streitverfahrens.

Der Vollmacht ermangelt es auch nicht deshalb ihrer Geltung, weil die Kläger zugleich ihre Forderung an die A GmbH abgetreten hat. Ein Abtretungsvertrag ist nicht nachweislich zustande gekommen. Die Abtretungserklärung vom 12.8.2013 trägt eine Unterschrift der A GmbH nicht. Der Umstand, dass die A GmbH sich sowohl die Abtretungserklärung als auch die Inkassovollmacht hat unterzeichnen lassen, macht ersichtlich nur Sinn, wenn ihr die Entscheidung über die Geltendmachung der Forderung in eigenem oder fremdem Namen vorbehalten bleiben sollte.

Der Umstand, dass die A GmbH im Innenverhältnis u.U. nicht zur Einleitung eines Mahnverfahrens im Namen der Kläger berechtigt gewesen sein mag, rechtfertigt keine im Rahmen des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu deren Lasten zu treffende Kostenentscheidung. Denn die Vorschrift dient allein dazu, prozessualen Besonderheiten Rechnung zu tragen und insoweit Ausnahmen von dem in § 269 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 ZPO normierten Veranla...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge