Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Verleitung zum Vertragsbruch und Ausnutzen fremden Vertragsbruchs
Leitsatz (amtlich)
Wechselt ein Handelsvertreter ohne fristgemäße Kündigung von seinem alten zu einem neuen Geschäftsherrn und kommen der Handelsvertreter und der neue Geschäftsherr überein, dass der neue Geschäftsherr die sonst übliche Mitteilung der Neubeschäftigung an einen Branchenverband unterlässt, damit der alte Geschäftsherr von dem Wechsel zu seinem Mitbewerber zunächst keine Kenntnis erhält, liegt hierin kein Verleiten zum Vertragsbruch durch den neuen Geschäftsherrn, sondern lediglich ein wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstandendes Ausnutzen fremden Vertragsbruchs.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 10, § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hanau (Urteil vom 28.02.2012; Aktenzeichen 6 O 95/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 28.2.2012 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Hanau wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 2 und 3 vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin (A) vermittelt Finanzdienstleistungen. Sie ist B. e.V. (B) angeschlossen. Die Tätigkeit dieses Vereins, der von der gesamten Versicherungsbranche getragen wird, beruht auf einer Anordnung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen aus dem Jahre 1994, nach der alle angeschlossenen Unternehmen vor Vertragsschluss mit einem Bewerber für den Außendienst eine Auskunft über den Bewerber einzuholen haben. In den Richtlinien des B heißt es:
"Die Unternehmen sind verpflichtet, vor Vertragsschluss mit einem Bewerber, auch Makler, für die haupt- und nebenberufliche Tätigkeit im Versicherungs- bzw. Bausparkassenaußendienst eine Auskunft bei der B einzuholen ...
Bei Beginn der Vertragsverhandlungen (spätestens aber vor endgültigem Abschluss des Dienst-/Agenturvertrages bzw. vor der Courtagezusage) muss bei der B nachgefragt werden ..."
Der Beklagte zu 1 war für die Klägerin als Handelsvertreter tätig. Die Beklagte zu 2 ist eine Mitbewerberin der Klägerin, der Beklagte zu 3 ein Mitarbeiter der Beklagten zu 2. Es existiert ein schriftlicher Kooperationsvertrag zwischen der Beklagten zu 2 und dem Beklagten zu 1 vom 1.5.2011, der seitens des Beklagten zu 1 unterzeichnet ist (Anlage 3). Danach soll der Beklagte zu 1 als selbständiger Versicherungsmakler für die Beklagte zu 2 tätig werden. In einer Anlage 1 zum Bewerbungsformular wurden beigefügte Unterlagen in einer Auflistung angekreuzt. Die Auflistung enthält den Punkt "B - Erklärung Makler", der nicht angekreuzt wurde. Daneben findet sich der handschriftliche Vermerk: "warten bis A beendet" (Anlage 5). Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 1 auf Unterlassung von Konkurrenztätigkeit und die Beklagten zu 2 und 3 auf Unterlassung der Abwerbung ihrer Mitarbeiter in Anspruch. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Das LG hat den Beklagten zu 1 zur Unterlassung und Auskunftserteilung verurteilt und seine Schadensersatzpflicht festgestellt. Die gegen die Beklagten zu 2 und 3 gerichtete Klage hat es abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Im Berufungsrechtszug wiederholen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin hat im Berufungsrechtszug ursprünglich mit dem Hauptantrag beantragt, die Beklagten zu 2 und 3 unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, es zu unterlassen,
Außendienstmitarbeiter der Klägerin für eine Tätigkeit bei der Beklagten zu 2 abzuwerben, und zwar indem diese Außendienstmitarbeiter dazu bewegt werden, mit der Beklagten zu 2 einen Kooperationsvertrag zu schließen und eine Tätigkeit für die Beklagte zu 2 aufzunehmen, obwohl sie gleichzeitig an die Klägerin gebunden sind.
Diesen Antrag erhält sie nicht mehr aufrecht. Sie beantragt nunmehr, unter Aufhebung des Urteils des LG Hanau vom 28.2.2012 die Beklagten zu 2 und 3 zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer festzusetzenden Ordnungshaft bis zu einer Dauer von 6 Monaten zu unterlassen, Außendienstmitarbeiter der Klägerin für eine Tätigkeit bei der Beklagten zu 2 abzuwerben und zwar in der Form, dass diesen Außendienstmitarbeitern zugesichert bzw. in Aussicht gestellt wird, dass im Falle einer Tätigkeitsaufnahme für die Beklagte zu 2 während des noch bestehenden Vertragsverhältnisses zur Klägerin eine Mitteilung der Beklagten zu 2 an die B. e.V. (B) nicht erfolgen wird.
Die Beklagten zu 2 und 3 beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst d...