Leitsatz (amtlich)
Die Wiedergabe einer Kurzfassung von Buchrezensionen Dritter (Abstracts) kann zulässig sein, wenn das Abstract einen eigenständigen schöpferischen Gehalt aufweist. Dies hängt vor allem davon ab, wie weit sich das Abstract in Aufbau und Gliederung vom Original unterscheidet und in welchem Umfang Passagen aus dem Originaltext übernommen werden.
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-3 O 171/06) |
Nachgehend
Gründe
A.
Die Klägerin zu 1 ist der A Verlag, in dem u.a. die "AB Zeitung" erscheint, die Klägerin zu 2 ist ein Unternehmen, das damit betraut ist, das Online-Archiv der "AB Zeitung" zu vermarkten. Zu diesem Zweck hatte die Klägerin zu 1 mit der Klägerin zu 2 am 30.9.1998 einen Vertrag geschlossen, durch den die Klägerin zu 1 der Klägerin zu 2 "die ausschließlichen und räumlich unbeschränkten Nutzungsrechte an dem Archivmaterial" einräumte, soweit ihr - der Klägerin zu 1 - diese Recht zustanden. Durch Vertrag vom 22.12.1998 trat die - nicht mit der Klägerin zu 1 und der Klägerin zu 2 identische - "AB GmbH" mit Wirkung zum 27.12.1998 für die Klägerin zu 1 in diesen Vertrag ein und übernahm alle Rechte und Pflichten aus den Vereinbarungen mit der Klägerin zu 2; die Klägerin zu 1 wurde vereinbarungsgemäß aus dem Vertrag entlassen. Die Klägerin zu 1 ist außerdem Inhaberin der Marken "AB" und "AC".
Die Beklagte ist ein Unternehmen, das auf der Website "C.de" Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt vorstellt und Buchempfehlungen ausspricht. Ebenfalls finden sich auf dieser Website Buchrezensionen aus verschiedenen renommierten Zeitungen, darunter auch der "AB Zeitung". Dabei werden die Rezensionen deutlich verkürzt in Form von sog. "Abstracts" wiedergegeben, wobei diese Zusammenfassungen grundsätzlich von den Mitarbeitern der Beklagten selbst formuliert sind, aber einzelne, nach Auffassung des Abstract-Verfassers besonders aussagekräftige Passagen aus den Originalkritiken enthalten, die meist durch Anführungszeichen gekennzeichnet sind (s. dazu im Einzelnen Bl. 47-69 d.A., wo die Übereinstimmungen jeweils durch gelbe Markierungen gekennzeichnet sind). Die Beklagte verwertet diese Abstracts auch dadurch, dass sie den Internet-Buchhandlungen "D.de" und "E.de" Lizenzen zu ihrem Abdruck erteilt.
Hiergegen haben sich die Klägerinnen mit ihrer Klage gewendet, mit der sie wegen dieser Lizenzerteilungen von der Beklagten aus Urheber-, Marken- und Wettbewerbsrecht Unterlassung, Auskunft und Schadensersatzfeststellung verlangen. Durch Urteil vom 23.11.2006 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klage sei zwar zulässig, insbesondere sei der (Haupt-)Antrag der Klägerinnen hinreichend bestimmt. Sie sei aber nicht begründet. Hinsichtlich der Ansprüche aus § 97 UrhG fehle der Klägerin zu 1 die Aktivlegitimation, die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2 sei zweifelhaft, könne aber dahin stehen. Denn jedenfalls sei die Beklagte zur Herstellung und Verbreitung der Abstracts nach § 12 Abs.2 UrhG berechtigt gewesen. Die Grenze zulässiger Inhaltsmitteilung oder -beschreibung im Sinn dieser Bestimmung sei erst dann überschritten, wenn die Lektüre des Originaltextes durch das Abstract ganz oder teilweise ersetzt werde. Dies sei hier - wie das Landgericht im Einzelnen darlegt - zu verneinen, insbesondere darum, weil interessierte Leser sich nicht mit einer Lektüre der Abstracts begnügen, sondern sich gerade aufgrund dieser Lektüre mit der Original-Rezension beschäftigen würden. Hinsichtlich der markenrechtlichen Ansprüche fehle der Klägerin zu 2 die Aktivlegitimation. Der Klägerin zu 1 stünden solche Ansprüche darum nicht zu, weil die Beklagten das Zeichen "AC" nicht markenmäßig verwendeten; jedenfalls greife die Schranke des § 23 Nr.2 MarkenG ein. Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestünden nicht. Es fehle schon an der wettbewerblichen Eigenart der Rezensionen, da diese nicht geeignet seien, Herkunftsvorstellungen zu erwecken. Zudem lägen keine besonderen unlauterkeitsbegründenden Umstände im Sinn von § 4 Nr.9 a, b und Nr.10 UWG vor.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung tragen die Klägerinnen vor: Ihre Aktivlegitimation sei gegeben. Die Autoren hätten der - nicht am vorliegenden Verfahren beteiligten - "AB Zeitung GmbH" Nutzungsrechte eingeräumt, diese habe diese Rechte an die Klägerin zu 2 weiter übertragen, indem sie in den Lizenzvertrag zwischen der Klägerin zu 1 und der Klägerin zu 2 anstelle der Klägerin zu 1 eingetreten sei. Eine Zustimmung der Autoren zu dieser Rechteeinräumung sei nicht erforderlich gewesen, weil insoweit lediglich eine Unterlizenzierung stattgefunden habe, die Autoren ihre ursprüngliche Vertragspartnerin also nicht verloren hätten. Zum "Archivmaterial" im Sinn des Vertrags vom 30.9.1998 gehöre auch das später hinzugekommene Material. Die Einräumung von Nutzungsrechten durch die angestellte Rezensentin Frau F an die "AB Zeitung" ergebe sich aus dem ...