Entscheidungsstichwort (Thema)
Anlageberatungsvertrag: aufklärungspflichtige Rückvergütung (VIP Medienfonds 4)
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Vorliegen aufklärungspflichtiger Rückvergütungen
2. Zur Frage der Kausalität der fehlenden Aufklärung über Rückvergütungen für die Anlageentscheidung
3. Zur Frage des Verschuldens der Bank im Hinblick auf die unterlassene Aufklärung und der Möglichkeit eines Rechtsirrtums
4. Zur Frage des Schadensumfangs bei der Rückabwicklung eines Anlagegeschäfts, das teilweise finanziert wurde
5. Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Anleger Erstz entgangenen Gewinns zusteht
Normenkette
BGB §§ 249, 280 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.07.2009) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.7.2009 verkündete Urteil des LG Frankfurt/M. - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung - abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerin 29.750 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 18.9.2008 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung der Klägerin an der ... VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG im Nennwert von 50.000 EUR;
2. die Klägerin von allen unmittelbaren und mittelbaren Verbindlichkeiten aus dem Darlehen der Bank1 freizustellen, das dort unter der Darlehenskontonummer ... geführt wird;
3. die Klägerin von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus der unter 1. bezeichneten Beteiligung resultieren;
4. an die Klägerin 1.761,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 18.9.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz haben die Klägerin 7 % und die Beklagte 93 % zu tragen.
Das vorliegende Urteil und das angefochtene Urteil im abgeänderten Umfang sind vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleitung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin fordert von der beklagten Bank Schadensersatz wegen ihrer Beteiligung am VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (VIP 4).
Die Klägerin beteiligte sich am 4.6.2004 am streitbefangenen Fonds VIP 4 in Höhe eines Nominalbetrages von 50.000 EUR zzgl. 5 % Agio, insgesamt also 52.500 EUR. Die Beteiligung war mit einer endfälligen Finanzierung von 45,5 % des Beteiligungsbetrages durch die ... (Bank1) verbunden.
Die Klägerin hat beantragt:
Antrag zu 1) Zahlung von 29.750 EUR nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung
Antrag zu 2) Freistellung von allen Verbindlichkeiten aus dem Darlehen mit der Bank1
Antrag zu 3) Freistellung von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen aus der Beteiligung
Antrag zu 4) Zahlung von Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.696,54 EUR nebst Zinsen
Antrag zu 5) Zahlung von entgangenem Gewinn i.H.v. 4.792,60 EUR nebst Zinsen
Antrag zu 6) Feststellung des Annahmeverzug der Beklagten
Wegen des Sachverhalts im Weiteren, des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz und der vom LG erhobenen Beweise wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 377 ff. d.A.) verwiesen.
Mit Urteil vom 3.7.2009 hat das LG der Klage - bis auf den Antrag zu 6) - stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 383 ff. d.A.) verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten.
Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor:
Die Beklagte hafte nicht wegen schuldhafter Verletzung einer Pflicht zur ungefragten Mitteilung ihres Anteils an den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten. Es lägen schon begriffliche keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen vor. Die Beklagte habe schlechthin eine Zahlung der VIP Beratung für Banken erhalten (wird ausgeführt). Ein etwaiger Interessenkonflikt der beratenden Bank sei zudem offenkundig (wird ausgeführt).
Überdies treffe die Beklagte kein Verschulden (wird ausgeführt) und sei die fehlende Kenntnis der Klägerin über Vergütungen der Beklagten nicht kausal für ihre Entscheidung gewesen, die streitbefangene Anlage zu zeichnen. Insoweit könne sich die Klägerin nicht auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen. Den Nachweis einer Abstandsnahme von dem Geschäft bei Kenntnis der Vergütungen habe die Klägerin nicht geführt (wird ausgeführt).
Durch die Zeichnung der Beteiligung sei der Klägerin kein Schaden entstanden, da ein jederzeitiges Widerrufsrecht bestehe, das zur Rückabwicklung des Anteilsfinanzierungsdarlehens ...