Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Fruchtziehung bei Erbengemeinschaft (hier: Mieteinnahmen)
Normenkette
BGB § 743
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 31.05.2022; Aktenzeichen 2-09 O 45/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 31.05.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.800,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 29.10.2021 zu zahlen.
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz haben die Klägerin 15 % und der Beklagte 85 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien, die wechselseitig Berufung eingelegt haben, streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit dem Eigentum an einer Immobilie.
Die mit einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus mit vier Wohnungen bebaute Liegenschaft Straße1 in Stadt1 stand ursprünglich im Eigentum des A. Dieser vermietete am 18.05.1990 die Erdgeschosswohnung an Herrn B (Anlage K 4 =Bl. 50 ff. d.A.), der derzeit eine monatliche Kaltmiete von 1.650,57 EUR auf ein Konto des Beklagten zahlt.
Der Beklagte lebt seit Kindertagen in dem Objekt und nutzt die Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss.
Der Vater des Beklagten, Vorname1 Nachname1, führte wegen des Ankaufs der Immobilie Verkaufsverhandlungen mit A. Am 31.03./01.04.2002 verstarb Vorname1 Nachname1. Er wurde von seiner Ehefrau Vorname2 Nachname1 zu 1/2 und dem Beklagten und seiner Schwester Vorname3 Nachname1 zu je 1/4 beerbt. Die Erben schlossen im Juni 2003 mit A einen notariellen Kaufvertrag, nach dem das Grundstück "in Erbengemeinschaft zu 1/2" gekauft wurde. Nachdem das Grundbuchamt mangels Nachweises eines Kaufvertrages mit dem Erblasser eine Eintragung der Erbengemeinschaft als Eigentümerin abgelehnt hatte, änderten die Vertragsparteien den Kaufvertrag dahingehend ab, dass die Käufer das Grundstück nunmehr "zu je 1/3" erwarben, und die Auflassung erklärt wurde.
Daraufhin wurden am 14.10.2003 der Beklagte (unter lfd. Nr. 3a, später 4.1 in Abt. I), seine Schwester Vorname3 Nachname1 (unter lfd. Nr. 3b, später 4.2) und seine Mutter Vorname2 Nachname1 (unter lfd. Nr. 3c) jeweils zu 1/3 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Im Rahmen der Finanzierung des Kaufpreises wurde bereits am 16.07.2003 eine Grundschuld über 800.000,00 EUR zugunsten der Bank1 eG eingetragen.
Nach dem Tod von Vorname2 Nachname1 am 01.03.2006 wurde sie von dem Beklagten und Vorname3 Nachname1 zu je 1/2 beerbt. Auf Grundlage eines Erbscheins vom 23.01.2009 wurden sie hinsichtlich des Bruchteilseigentums von Vorname2 Nachname1 in Erbengemeinschaft zu 1/3 (lfd. Nr. 4.3 und 4.4) eingetragen.
Mit notariellem Grundstücksanteil-Kaufvertrag mit Auflassung vom 12.05.2021 (UR-Nr. ... des Notars C, Stadt1) veräußerte Vorname3 Nachname1 an die Klägerin ihren Grundstücksanteil von 1/3 zum Preis von 500.000,00 EUR, auf den 1/3 der Grundschuldvaluta (246.694,73 EUR) angerechnet wurden (Anlage K 6, Anlagenband). Hinsichtlich der Grundschuld über 800.000,00 EUR heißt es u.a.:
"Der Verkäufer erklärt, dass diese Grundschuld von allen eingetragenen Miteigentümern - das sind neben dem Verkäufer einmal Herr Vorname4 Nachname1 [Beklagter] mit 1/3 Anteil, und zum anderen die Erbengemeinschaft bestehend aus dem Verkäufer und Vorname4 Nachname1, mit je 1/3 Anteil als gemeinsame Kreditnehmer mit intern gleichen Rückzahlungsverpflichtungen bestellt worden ist."
Mit Erbteilkauf- und Übertragungsverkauf vom selben Tag (UR-Nr. ... des Notars C, Stadt1) erwarb die Klägerin ferner den Erbteil der Vorname3 Nachname1 nach dem Tod von Vorname5 Vorname1 Nachname1 zu 1/4 und nach Vorname2 Nachname1 zu 1/2 zum Preis von 3,5 Mio. EUR (Anlage K 7, Anlagenband).
Die Klägerin wurde daraufhin am 22.07.2021 hinsichtlich des Anteils unter der lfd. Nr. 4.2 als Eigentümerin eingetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Grundbuchauszug gemäß Anlage K 1 (= Bl. 21 ff. d.A.) Bezug genommen.
Im Keller der Liegenschaft kam es in der Vergangenheit wiederholt zu einem Wassereintritt, u.a. im September 2021 (Anlage K 5 = Bl. 58 ff. d.A.).
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.08.2021 verlangte die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Rechtsnachfolge und unter Fristsetzung Auskunft hinsichtlich des Zustands der Liegenschaft sowie hinsichtlich der Miet- und Nutzungsverhältnisse. Gleichzeitig widersprach sie einer Verwaltung durch den Beklagten und verlangte Übergabe von Schlüsseln zur Hauseingangstüre und den Türen der Gemeinschaftsflächen, Herausgabe von 1/3 der Mieteinnahmen, Zahlung einer Nutzungsentschädigung von monatlich 2.383,52 EUR (1/3 × 7.150,57 EUR), Zugangsgewährung zu den Räumlichkeiten im ersten und zweiten Obergeschoss, Dachgeschoss und Kellergeschoss sowie Freiräumung des Treppenhauses (Anlage K 2 = Bl...