Leitsatz (amtlich)
1. Unterschreibt ein Darlehensnehmer den ihm von der Bank zugesandten Darlehensvertrag mehr als sieben Monate später, kann nicht ohne ein weiteres davon ausgegangen werden, dass eine ggf. bei Anbahnung des Vertragsverhältnisses einmal bestehende Überrumpelungssituation bis zum Zeitpunkt der Unterzeichnung fortgewirkt hat.
2. Der Darlehensnehmer kann sich grundsätzlich nicht auf den Einwendungsdurchgriff des § 9 Abs. 3 VerbrKrG berufen, wenn zur Sicherung des Kredites eine Grundschuld eingetragen wird und der Kredit ansonsten zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite übliche Bedingungen gewährt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Grundschuld nachrangig war und nur einen Teil des Kredites sicherte.
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 06.05.2003; Aktenzeichen 7 O 201/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 6.5.2003 verkündete Urteil des LG Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Darlehensgeschäfts, das er bei der Beklagten einging, um sich an einem geschlossenen Immobilienfonds (X. Y. GmbH & Co. Z KG = XYZ) zu beteiligen.
Der Kläger entschloss sich 1993 - nach mehreren Gesprächen mit dem Vermittler A.B, die auf Vermittlung eines Freundes des Klägers - C.D. - in seiner Privatwohnung stattfanden - zu einer Beteiligung an der XYZ und unterschrieb am 27.12.1993 eine entsprechende Beitrittserklärung nebst Treuhandvertrag (Bl. 78 Anlagenband) zu einem Beteiligungsbetrag von 60.000 DM zzgl. 3.000 DM Bearbeitungsgebühr. In dieser Erklärung bestätigte der Kläger den Erhalt des Gesellschaftsvertrages sowie zweier Prospektteile.
Wiederum durch Vermittlung des Herrn B. bot die Beklagte dem Kläger zur Finanzierung der Fondsbeteiligung die Gewährung zweier Festkredite über 50.000 DM und 20.000 DM an und übersandte einen entsprechenden Vertragsentwurf mit Datum 28.12.1993.
Die Beklagte zahlte die Darlehensvaluta - weil der Kläger im Jahre 1993 noch Steuervorteile wahrnehmen wollte - teilweise schon am 30.12.1993 an den Treuhänder der XYZ aus.
Die weitere Vermittlung übernahm in der Nachfolge des Herrn B. der Vermittler E.F.
Am 4.8.1994 unterschrieb der Kläger den ihm von der Beklagten zugesandten Kreditvertrag (Bl. 83 f. AB). Als Sicherheit trat er eine - neu abgeschlossene - Lebensversicherung über 70.000 DM sowie die Aus- und Rückzahlungsansprüche aus dem Immobilienfonds an die Beklagte ab und verpfändete ein sog. "Zuwachskonto G ... Fond". Ferner wurde am 19.8.94 zugunsten der Beklagten eine nachrangige Grundschuld über 30.000 DM auf dem Hausgrundstück des Klägers in O1 bestellt (Bl. 91 ff. AB).
Die restliche Darlehensvaluta zahlte die Beklagte im Dezember 1994 direkt an die XYZ aus.
In der Folgezeit zahlte der Kläger die im Kreditvertrag vereinbarten Zinsen und auf den ... Fonds. Insgesamt zahlte er bis 2001 27.672,77 Euro (54.123,23 DM), nämlich an Kreditzinsen 15.660,91 Euro (30.628,91 DM) und auf den ...-Fonds 6.960 DM sowie auf die Lebensversicherung 16.534,32 DM.
Die XYZ meldete 1995 Konkurs an. Mit Zahlungen aus der Konkursmasse kann der Kläger nicht rechnen.
Mit Anwaltsschreiben v. 15.9.2000 (Bl. 101 AB) und 21.5.2001 (Bl. 106 AB) machte der Kläger ggü. der Beklagten im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs nach § 9 VerbrKrG Schadenersatzansprüche gegen die XYZ wegen falscher Angaben bei den Vertragsschlüssen geltend und verweigerte weitere Zahlungen auf die Kredite.
Mit Schreiben v. 2.11.2000 (Bl. 103 AB) kündigte der Kläger ggü. dem Konkursverwalter der XYZ vorsorglich fristlos seinen Beitritt zur Fondsbeteiligung aus wichtigem Grund.
Mit Anwaltsschreiben v. 11.1.2002 (Bl. 109 AB) erklärte der Kläger ggü. der Beklagten den Widerruf nach dem HWiG.
Mit Schreiben v. 26.6.2002 (Bl. 112 AB) kündigte die Beklagte das Kreditverhältnis wegen Zahlungsverzugs und forderte den Kläger zur Zahlung von 17.170,04 Euro auf. Gleichzeitig kündigte sie die zu ihren Gunsten bestelle Buchgrundschuld.
Mit der Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der gezahlten Kreditzinsen (Antrag zu 1) sowie die Rückabtretung bzw. Freigabe oder Löschung der vereinbarten Sicherheiten (Anträge zu 3-5). Weiterhin verlangt er die Feststellung, dass der Beklagten aus dem Kreditvertrag keine Forderungen mehr zustehen (Antrag zu 2), sowie die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde (Antrag zu 6).
Der Kläger hat vorgetragen: Es liege ein "verbundenes Haustürgeschäft" vor. Das Darlehensgeschäft sei nach § 3 HWiG rückabzuwickeln. Eine Haustürsituation habe vorgelegen. Die Beklagte müsse sich diese auch zurechnen lassen, weil sie davon gewusst h...