Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Folgen des Widerrufs eines Darlehensvertrages nach § 3 HWiG, der zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung abgeschlossen wurde.

2. Zu den Voraussetzungen der Annahme eines verbundenen Geschäfts zwischen einem solchen Darlehensvertrag und dem Immobilienkaufvertrag.

3. Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Verbrauchers gegen die Bank wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie.

4. Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Anlegers wegen unterlassener Aufklärung in Bezug auf einen Wissensvorsprung der Bank hinsichtlich einer Überteuerung des finanzierten Kaufobjekts.

 

Normenkette

BGB § 242; Haustürwiderrufsrichtlinie § 4; HWiG § 3; VerbrKrG § 9

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Aktenzeichen 3 O 108/03)

 

Tenor

Das Versäumnisurteil vom 15.2.2006 bleibt aufrechterhalten. Die Kläger haben auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen von der beklagten Bank Rückabwicklung eines Darlehensgeschäfts, das sie zur Finanzierung einer im Rahmen eines Steuersparmodells erworbenen Eigentumswohnung eingegangen sind.

Wegen des Sachverhalts und des streitigen Vortrags der Parteien in erster Instanz wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 324 ff. d.A.) verwiesen.

Zu ergänzen ist:

Die Beklagte und die in den Verträgen genannte A-Bank sind identisch; es hat eine Umfirmierung stattgefunden.

Die Kläger unterschrieben eine Auszahlungsanweisung über die Darlehensvaluta unter dem Datum 1.10.1997 (vgl. Anlage BB 4 - Bl. 630 d.A.).

Mit notarieller Urkunde vom 9.10.1997 (Bl. 82 d.A.) bestätigten die Kläger, dass die Vollmacht des für sie bei Abschuss des Kaufvertrages aufgetretenen Bevollmächtigten bereits bei Beurkundung bestanden habe.

Bis zum 31.12.2005 zahlten die Kläger insgesamt 49.685,18 EUR als Zins- und Tilgungsleistungen an die Beklagte.

Mit Urteil vom 12.3.2004 hat das LG die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 326 ff. d.A.) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sowie begründete Berufung der Kläger.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.2.2006 haben die Kläger keinen Antrag gestellt. Auf Antrag der Beklagten hat der Senat deshalb ein Versäumnisurteil gegen die Kläger erlassen, mit dem die Berufung zurückgewiesen wird. Hiergegen haben die Kläger form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

In der Einspruchsschrift machen die Kläger geltend, durch das Geschäft einen Schaden von insgesamt 65.483,26 EUR erlitten zu haben. Die von der Beklagten aus ihren bis zum 31.12.2005 geleisteten Zahlungen gezogenen Nutzungen berechnen die Kläger mit insgesamt 56.680,81 EUR (wird ausgeführt Bl. 746, 807 ff. d.A.). Höchst vorsorglich haben die Kläger auch die Vollmachtsbestätigung vom 9.10.1997 nach HWiG widerrufen.

Die Kläger tragen vor:

Das LG habe schwerwiegend gegen wesentliche Verfahrensgrundsätze verstoßen, wesentliche Teile des Vortrags der Kläger übergangen, Beweis unzulässigerweise antizipiert und beantragte Beweis nicht erhoben sowie das einschlägige Recht falsch angewendet.

Das LG habe verkannt, dass eine Haustürsituation vorliege. Es habe keine vorhergehende Bestellung des Vermittlers gegeben - die Kläger wünschten lediglich einen Informations- und Beratungswunsch. Das Handeln des für die Finanzvermittlung tätigen Vermittlers B sei der Beklagten auch zurechenbar, mithin auch die Haustürsituation. Die Haustürsituation sei kausal für die Unterzeichnung der Darlehensverträge etwa am 6.10.1997 gewesen.

Die Widerrufsfrist habe mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung niemals zu laufen begonnen.

Nach den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 sei nunmehr klar, dass eine Haustürsituation bei Abschluss des Darlehensvertrages der Bank in jedem Fall zuzurechnen sei, unabhängig davon, ob diese das Handeln des Vermittlers kannte oder kennen musste.

Die Kläger hätten die Darlehensvaluta nicht empfangen. Sie hätten auch keine wirksame Anweisung zur Auszahlung der Darlehensvaluta auf das Konto der Verkäuferin gegeben. Ein Bereicherungsanspruch der Beklagten, den sie im Wege der Aufrechnung dem Rückzahlungsanspruch der Kläger entgegenhalten könnte, bestehe damit nicht. Sie müsse sich vielmehr an den Zuwendungsempfänger halten. Höchstvorsorglich erklären die Kläger die Aufrechnung mit der von ihnen auf das Darlehen gezahlten Zinsen ggü. dem Restdarlehensanspruch der Beklagten.

Der Vermittler B habe den Kaufvertrag vom 9.9.1997 für die Kläger als vollmachtloser Vertreter mit der unwahren Behauptung abgeschlossen, er...

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