Leitsatz (amtlich)
Ob Geräuschimmissionen wesentlich sind oder nicht, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und danach, was ihm unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist. Die in § 906 I 3 BGB genannten öffentlich-rechtlichen Vorschriften sind insoweit bedeutsam, als den dort genannten Richtwerten Indizcharakter zukommt. Werden die Richtwerte überschritten, so indiziert dies eine wesentliche Beeinträchtigung. Trotzdem kann die Grenze der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung nicht mathematisch exakt, sondern nur aufgrund wertender Betrachtung festgesetzt werden.
Normenkette
BGB §§ 906, 1004
Verfahrensgang
LG Hanau (Aktenzeichen 1 O 1251/98) |
Gründe
I. Der Kläger ist Eigentümer eines im Jahre 1964/1965 errichteten Einfamilienhauses in O1. Sein Grundstück grenzt an das Sportgelände der Gemeinde O1, welches seit 1976 an den beklagten Sportverein (im Folgenden "Beklagten") verpachtet ist. Das vom Beklagten genutzte Gelände liegt bauplanungsrechtlich im Außenbereich (§ 35 BauGB). Das Grundstück des Klägers befindet sich mangels Bebauungsplans im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB). Im Flächennutzungsplan ist das Gebiet als Wohnfläche (W) dargestellt. Der Kläger begehrt Unterlassung von Geräuschimmissionen, die durch den Trainings- und Spielbetrieb des Beklagten, durch gesellige sowie durch sonstige Aktivitäten von dem Sportlerheim bzw. von dem Sportgelände ausgehen.
Wegen der Lage und Entfernung der Grundstücke, wegen der weiteren Örtlichkeiten auf dem Sportgelände bzw. dessen Umgebung wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und namentlich auf die dort einbezogenen Pläne und Karten sowie die von dem Sachverständigen SV1 gefertigten Lichtbilder verwiesen. Sie werden lediglich zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils wie folgt wiederholt und ergänzt:
Das am Ortsrand der Gemeinde O1 gelegene Sportgelände besteht aus einem Hauptplatz mit Flutlichtanlage und einem - aus Blickrichtung des Klägers - dahinter gelegenen Nebenplatz. Die kürzeste Verbindung zwischen dem Haus des Klägers und dem Sportgelände beträgt ca. 20 Meter, das Sportlerheim ist ca. 40 Meter entfernt. Auf dem Sportgelände befinden sich außerdem unmittelbar neben dem Sportlerheim eine Holzhütte zur Materiallagerung sowie eine aus Holz gefertigte Grillhütte, die in einem Abstand von ca. 25 Metern vom Haus des Klägers entfernt aufgestellt ist. Das Sportgelände ist mit dem Pkw grundsätzlich nur über eine das Dorf in weitem Bogen umfahrende schmale Straße (A-Str.) zu erreichen. Die Zufahrt über den zwischen dem Sportgelände und dem Grundstück des Klägers gelegenen Weg wird durch eine fest installierte Schranke versperrt.
Das Niveau, auf dem das Wohnhaus des Klägers steht, liegt etwa 2 bis 3 Meter unter dem Sportplatzgelände. Zwischen dem Hauptplatz und dem B-Weg befindet sich eine mit hohen Bäumen umstandene steile Böschung. Das Grundstück des Klägers ist ebenfalls in Richtung des Sportgeländes durch hohe Tannen und durch hohe Sträucher umstellt.
Der Kläger hat behauptet, die auf dem Sportgelände stattfindenden Aktivitäten verursachten Geräusche, die die Nutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG Hanau (Bl. 569 ff. d.A.) verwiesen.
Das LG hat ein akustisches Sachverständigengutachten des Dipl.- Ing. SV1 eingeholt, die Örtlichkeiten in Augenschein genommen und mehrere Anwohner und Nutzer des Sportgeländes als Zeugen vernommen. Es hat die Klage abgewiesen. Die Geräuscheinwirkungen vom Spiel- und Trainingsbetrieb des Beklagten beeinträchtigten das Grundstück des Klägers nur unwesentlich. Weil der Kläger sein Wohnhaus an der Grenze zum Außenbereich errichtet habe, müsse er auf das seit vielen Jahrzehnten genutzte Sportgelände Rücksicht nehmen und von dort aus müssten lediglich die für allgemeine Wohngebiete maßgeblichen Grenzwerte der einschlägigen immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen beachtet werden. Diese würden nach einem Gutachten des Sachverständigen SV1 auch eingehalten. Soweit diese Werte - etwa bei Festveranstaltungen im Rahmen einer Kirmes im August 1999 - überschritten würden, handele es sich um ortsübliche und daher hinzunehmende Beeinträchtigungen.
Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch im Hinblick auf etwaige Geräuschbelästigungen durch Musikproben u..ä. zu. Durch den Anbau und Teilumbau 2005 sei das Sportlerheim nachhaltig verändert und ein neuer Probenraum an der abgewandten Gebäudeseite errichtet worden, der die Vorgaben des Schallimmissionsprognosegutachtens des TÜV erfülle. Wesentliche Geräuschbeeinträchtigungen seien nicht mehr zu befürchten.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Ziele überwiegend weiter. Er wirft dem LG verfahrens- und materiell-rechtliche Fehler sowie unzureichende Sachverhaltsaufklärung vor. Das LG habe die von dem Spiel- und Sportbetrieb des B...