Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung von in Form einer Schuldverschreibung ausgegebener Anleihen

 

Normenkette

BGB §§ 314, 490 Abs. 1; SchVG §§ 5, § 55 ff.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 22.01.2014; Aktenzeichen 2-17 O 104/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22.1.2014 verkündete Urteil des LG Frankfurt, 17. Zivilkammer, wird zurückgewiesen. Das Urteil des LG wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 115 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages erbringt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des Nennbetrages zweier von der Beklagten in der Form einer Schuldverschreibung ausgegebener Anleihen über 3.000 EUR und 4.000 EUR nachdem er diese gekündigt hat. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen, der allerdings zum Verständnis wie folgt zu ergänzen ist:

Die Anleihe hat nach den Anleihebedingungen (vollständig: Anlage K 7, Bl. 52 ff.) B 2) eine Laufzeit bis zum 21.1.2017. Die Beklagte hat mit diesem Datum und diesen Bedingungen insgesamt Anleihen i.H.v. 400 Mio. EUR ausgegeben. Eine weitere Schuldverschreibung 2011/2016 mit garantierten 6,375 % Zinsen wurde mit einem Volumen von 150 Mio. EUR im Jahr 2011 ausgegeben (Bedingungen Anlage B 1).

Der Kläger hat sich mit der Klagebegründung für die Wirksamkeit seiner Kündigung auf eine weitere Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 17.4.2013 (Anlage K 4) berufen, wonach die Beklagte im Geschäftsjahr 2012 u.a. einen Verlust in Höhe der Hälfte ihres Grundkapitals erlitten habe.

Die Beklagte hat nach der Kündigung entsprechend der Ankündigung in der Ad-Hoc-Mitteilung ein Verfahren zur Änderung der Anleihebedingungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) durchgeführt (Restrukturierungsverfahren). §§ 11 und 12 der Anleihebedingungen lassen einen Mehrheitsbeschluss über die (danach) gesetzlich zugelassenen Beschlussgegenstände zu. Auf ihren Beschlussvorschlag in der Einladung vom 12.7.2013 (Anlage B 18) hat die Versammlung der Anleihegläubiger der Anleihe 2010/2017 am 6.8.2013 mit der erforderlichen Mehrheit einer Änderung der Anleihebedingungen dahin zugestimmt, dass die Inhaber statt der Anleihe Anrechte auf bestimmte neue, besicherte Schuldverschreibungen und/oder Aktien erhalten (näher Klageerwiderung S. 8 - 16 und Anlage B 5). Ferner wurde beschlossen in die Anleihebedingungen einen Kündigungsverzicht aufzunehmen (Anlage B 5 unter Ziff. 2.9).

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht berechtigt gewesen sei, die Anleihen zu kündigen.

Ein Recht zur Kündigung folge nicht aus § 9 (1) (e) der Anleihebedingungen, weil diese Regelung dahin zu verstehen sei, dass mit "allgemeine Schuldenregelung" nur eine einem Insolvenzverfahren wirtschaftlich gleich kommende Maßnahme gemeint sei, insbesondere eine sämtliche Gläubiger einbeziehende freiwillige Regelung an Stelle einer sonst notwendig werdenden Insolvenz. Die tatsächlich durchgeführten Restrukturierungsmaßnahmen stünden aber einer Insolvenz nicht gleich.

Ein Kündigungsrecht aus § 490 Abs. 1 BGB bestehe unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit deshalb nicht, weil diese abdingbare Bestimmung durch die umfassenden Regelungen über Kündigungsmöglichkeiten in den Anleihebedingungen abbedungen worden sei.

Ein Kündigungsrecht aus § 314 Abs. 1 BGB sei deshalb nicht gegeben, weil allein die Gefahr von finanziellen Einbußen den Fortlauf der Anleihe nicht unzumutbar mache. Dies folge aus dem spekulativen Charakter des Erwerbs von Unternehmensanleihen, mit der die Gefahr von Verlusten verbunden sei..

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.

Er wendet sich gegen die - nach seiner Ansicht nur unzureichend begründete - Auffassung des LG, dass ein Kündigungsgrund nach § 9 (1) (e) der Anleihebedingungen nicht gegeben sei. Die Beklagte habe vielmehr "im Laufe der Restrukturierungen" ein "Angebot einer allgemeinen Schuldenregulierung" im Sinne dieser Bestimmung gemacht. Der Begriff "Angebot einer allgemeinen Schuldenregulierung" bedürfe der Auslegung, die im Zweifel zu Lasten der Beklagten gehe.

Ein Angebot müsse nach der Vertragsbestimmung nicht "im Rahmen eines Insolvenzverfahrens" abgegeben werden. Dies sei nach dem Wortlaut nicht Tatbestandsvoraussetzung. Nach der Überschrift "Insolvenzverfahren oÄ." Sei auch kein Verfahren Voraussetzung. Es genüge eine Maßnahme zur Abwendung der unmittelbar drohenden Zahlungsunfähigkeit und zum dringend notwendigen Schuldenabbau. Eine solche Situation sei bei der Beklagten ohne die Restruktu...

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