Leitsatz (amtlich)
1. Verfügungen sind nur bei Vorliegen besonderer Umstände Verwaltungshandlungen nach § 2038 Abs. 1 Nr. 2 1. Halbsatz BGB.
2. Auch die Veräußerungen von Nachlassgegenständen kann eine wesentliche Veränderung des Gegenstandes i.S.v. §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 3 BGB sein.
Verfahrensgang
LG Gießen (Urteil vom 14.07.2003; Aktenzeichen 3 O 674/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Gießen vom 14.7.2003 (3 O 674/02) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, als Miterbin Schadensersatz zu leisten, weil sie einer Veräußerung des ererbten Ferienhauses in A zum Preis von 144.000 Euro im Mai 2002 nicht zugestimmt hat.
Die Parteien sind Schwestern. Zusammen mit ihrem Bruder C B, für den eine Betreuung angeordnet ist, sind sie Mitglieder einer Erbengemeinschaft nach ihrem am ... 3.2002 verstorbenen Vater D B. Die Erben sind ausgewiesen durch Erbschein des AG Butzbach vom 14.6.2002, ausgefertigt am 19.6.2002.
Zum Nachlass gehören auch mehrere Immobilien, u.a. ein Ferienhaus in A. Nach einer amtlichen Schätzung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte für den Bereich des Landkreises E vom 22.3.2001 beträgt der Wert des Objekts 280.000 DM.
Im Juni 2001, also noch zu Lebzeiten ihres Vaters, beauftragte die Klägerin in ihrer Funktion als Betreuerin ihres Vaters einen örtlichen Immobilienmakler, Herrn F, mit dem Verkauf des Anwesens.
Nachdem der Makler das Objekt mit mehr als 40 Interessenten besichtigt hatte, boten Kaufinteressenten im April 2002 einen dem amtlichen Wert entsprechenden Kaufpreis von 144.000 Euro. Da zwischen den Parteien ein tiefes Zerwürfnis bestand, bat die Klägerin Herrn F, die Zustimmung der Beklagten für den Verkauf einzuholen.
Im Folgenden kam es zu mindestens zwei Telefongesprächen zwischen Herrn F und der Beklagten, deren Inhalt die Parteien unterschiedlich darstellen. Zudem korrespondierten der Makler und die Beklagte schriftlich. Mit Schreiben vom 15.5.2002 forderte die Klägerin die Beklagten nochmals unmittelbar auf, dem Verkauf zuzustimmen.
Dem kam die Beklagte trotz eines von den Kaufinteressenten bis zum 18.6.2002 verlängerten Angebots nicht nach. Vielmehr bewilligte und beantragte die Beklagte einen Tag vor Fristablauf, am 17.6.2002, die Eintragung eines Niesbrauchs an ihrem Erbteil zur Eintragung im Grundbuch.
Auf Antrag der Klägerin bestellte das für Herrn C B zuständige AG in G am 6.7.2002 einen weiteren Betreuer zur Vertretung des Betreuten in der Nachlasssache D B. Bereits am 26.4.2002 hat das AG der Klägerin mitgeteilt, dass der Genehmigung des Verkaufs der Immobilie in A nichts entgegenstehe.
Die Klägerin hat behauptet, keiner der Erben sei an der Übernahme des Grundstücks interessiert gewesen. Herr F habe der Beklagten geschildert, dass sich der Gesamtzustand des Objekts zunehmend verschlechtere und habe ihr wegen der zeit- und kostenintensiven Verwaltungsmaßnahmen zum Verkauf geraten. Auch habe Herr F der Beklagten angeboten, das Grundstück zu besichtigen.
Er habe mitgeteilt, dass die Beklagte den Schlüssel bei ihm abholen könne. Ende April 2002 habe die Beklagte einen Verkauf jedoch kategorisch abgelehnt. Nach weiteren schriftlichen und mündlichen Versuchen des Maklers habe die Beklagte dann im Mai 2002 erklärt, dass sie aus Prinzip nicht verkaufen werde, auch wenn das Haus dadurch weiteren Schaden nehme.
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Erbengemeinschaft H B, C B und I B den Schaden zu ersetzen, der bei der Verwertung des Grundstücks A/J, Gemarkung J-Land, Flur ..., Flurstück .../..., Grundbuch von J-Land Bl. ..., als Differenz zwischen dem Betrag von 144.000 Euro ggü. dem bei der Verwertung erzielten Betrag liegt, soweit der Schaden durch den nicht erfolgten Verkauf im Juni 2002 verursacht worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet, sie habe zum Zeitpunkt der Verkaufsbemühungen ein Interesse daran besessen, das Grundstück selbst zu nutzen. Dies habe sie auch ggü. mehreren Personen deutlich gemacht.
Der Makler F habe ihr den alleinigen Zutritt zum Gebäude verweigert. Auch die Herausgabe der Schlüssel habe er abgelehnt. Sie habe deshalb keine Möglichkeit gehabt, das Grundstück zu besichtigen. Da sie auch im Übrigen nicht in die Verkaufsbemühungen eingebunden worden sei, habe sie ihre Mitwirkungspflichten auch nicht verletzt.
Am 18.6.2002, dem Tag des Fristablaufs des Kaufangebotes, habe sie sich noch nicht einmal sicher sein...