Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Haftung eines nicht in die Architektenrolle eingetragenen Nahestehenden für aus formlos übernommenen Planungs-, Vergabe und teilw. Bauüberwachungsleistungen entstandene Mängel
Verfahrensgang
LG Marburg (Urteil vom 10.03.2008) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Marburg vom 10.3.2008 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.795 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.8.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird ebenso zurückgewiesen wie die Berufung der Klägerin.
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin 92 % und der Beklagte 8 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien dürfen die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils für die Gegenseite vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz aus einem behaupteten Architektenvertrag. Gleichartige Schadensersatzansprüche aus demselben Rechtsverhältnis betreffend dasselbe Bauvorhaben waren Gegenstand des Rechtsstreits 15 U 91/07 (1 O 290/05 LG Marburg), das aufgrund der von der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 30.4.2008 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH anhängig ist (VII ZR 119/08).
Der Beklagte, der nicht in die Architektenrolle eingetragen ist, war für die Klägerin bei deren Wohnhausneubau als Architekt tätig. Die Architektenleistungen übernahm er, um seiner Arbeitskollegin Schwester A, die das Wohnhaus gemeinsam mit der Klägerin bewohnt und zunächst auch Miteigentümerin des Grundstücks war, sowie auch der Klägerin behilflich zu sein. Die Leistungen wurden vom Beklagten nicht abgerechnet. Zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt erstellte der Beklagte handschriftlich eine Honorarberechnung für die Leistungsphasen 1 bis 4 gem. § 15 Abs. 1 HOAI, die mit 8.270 DM endet. 1/3 hiervon sind gerundet 1.400 EUR. Zu seinem Geburtstag am 5.5.2002 erhielt der Beklagte von der Klägerin und Schwester A jedenfalls 250 EUR, nach der Behauptung der Klägerin 1.400 EUR. Aufgrund Überweisung vom 10.6.2002 erhielt der Beklagte weitere 600 EUR.
Über die Planung des Bauvorhabens hinaus war der Beklagte an der Vergabe der Aufträge an Bauunternehmen und Handwerker beteiligt. Außerdem überwachte er die Arbeiten der Baubeteiligten, längstens bis zum 2.12.2002, nach Behauptung des Beklagten nur bis Ende Oktober 2002. Die Mitteilung über die Benutzung vor abschließender Fertigstellung an das Bauamt vom 2.3.2003, die von der Klägerin und Schwester A unterzeichnet ist, enthält den Zusatz: "Der Bauleiter hat nach Fertigstellung der Rohbau- und Innenputzarbeiten sowie nach den Elektroinstallationsarbeiten gewechselt". Nach Einstellung der Bauüberwachungstätigkeit des Beklagten beauftragte die Klägerin keine andere Person mit dieser Aufgabe, sondern nahm sie selbst wahr.
Die Wärmedämmung im Fußbodenaufbau hatte der Beklagte mit einer Gesamtstärke von 10 cm geplant. Mit Datum 15.8.2002 unterbreitete die B ein Angebot u.a. über Schnellestrich. Darin war eine Wärmedämmung bestehend aus zwei Lagen PS 20 in 30 mm vorgesehen. Ein weiteres Angebot erhielt Schwester A von der C GmbH mit Datum 18.10.2002 über schwimmenden Zementestrich auf 2 Lagen 30 mm PS 20 Polystyrol Hartschaumdämmung. Die Arbeiten wurden von der C GmbH im Auftrag der Klägerin ausgeführt und am 13.11.2002 abgerechnet (Bd. II Bl. 173 d.A.). Abweichend vom Angebot wurde eine Lage 25 mm PS 20 Polystyrol Hartschaumdämmung abgerechnet mit der Bemerkung "Dämmstärke nicht nach DIN, Höhe war durch schon ausgeführte Räume vorgegeben".
Die vom Beklagten erstellte Entwässerungsplanung sieht für das Wohnhaus, das nicht unterkellert ist, keine umlaufende Drainage vor. Zum Grundstück des Nachbarn A hin ist das Grundstück der Klägerin ansteigend. Zur Zeit der Errichtung des Wohnhausneubaus der Klägerin war noch nicht bekannt, wie der Nachbar A sein Grundstück bebauen würde.
In dem von der Klägerin eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren 1 OH 7/06 LG Marburg stellte der Sachverständige Dipl.-Ing. SV1 Mängel fest, und zwar eine technisch völlig unzureichende Wärmedämmung im Fußbodenaufbau, das Fehlen eines Drainspülschachtes und eines Drainkontrollschachtes, eine mangelhafte vertikale Bauwerksabdichtung, eine fehlende Drainanlage im Bereich der südlichen und östlichen Hangseiten des Hauses, ein fehlendes Sockelprofil an Fenstern und Türen und eine fehlende thermische Trennung der Terrassenplatte von der Bodenplatte des Hauses. Die Mängelbeseitigungskosten schätzte der Sachverständige einschließlich Kosten für Architektenleistungen auf 44.300 EUR. Diesen Betrag macht die Klägerin ggü. dem Beklagten geltend.
Auf die tatsächlichen Fes...