Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivilrecht/Deliktsrecht und Amtshaftung - Zur Frage, wann die Veröffentlichung eines Warentests unzulässig sein kann (hier: fehlende Vergleichbarkeit): Nahrungsergänzungsmittel. Testbericht. Test. Vergleichbarkeit. Veröffentlichung. Unterlassung. Eingriff. Gewerbebetrieb

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann die Veröffentlichung eines Warentests unzulässig sein kann (hier: fehlende Vergleichbarkeit).

 

Normenkette

BGB §§ 823-824

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-3 O 200/07)

 

Gründe

I.

Die Klägerin, die das Präparat "X" als Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, streitet mit der Beklagten, die "A"-Hefte und sogenannte "A-Ratgeber"-Hefte herausgibt, um Ansprüche auf Unterlassung der Veröffentlichung von Testberichten und auf Erstattung von Abmahnkosten.

Die Beklagte veröffentlichte im Test-Heft .../2006 auf den Seiten .. - .. unter der Überschrift "Gelenkkapseln - Zerknirscht" und in dem Ratgeber-Heft .../2006 auf den Seiten ../... - ... einen Test, bei dem 23 Nahrungsergänzungsmittel (darunter das Präparat der Klägerin) und ein Arzneimittel verglichen wurden. Dabei erhielt allein das Arzneimittel das Gesamturteil gut, während die Nahrungsergänzungsmittel mit ausreichend - so das Produkt der Klägerin - bis ungenügend bewertet wurden. Maßgeblich für die Bewertung war u.a. das "Testergebnis Pharmakologische Begutachtung" bzw. das Kriterium "Wirksamkeit nachgewiesen", bei dem ebenfalls allein das Arzneimittel die Note "gut" erhielt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten geltend gemacht und sich zudem zur Begründung ihres Unterlassungsanspruchs darauf berufen, die Testberichte erfüllten nicht das Gebot der Objektivität. Die getesteten Produkte seien nicht sachlich-funktional miteinander vergleichbar und damit nicht austauschbar, da nach der gesetzlichen Definition nur Arzneimittel, nicht aber Nahrungsergänzungsmittel eine pharmakologische Wirksamkeit entfalten dürften. Auch habe die Beklagte entgegen ihren Angaben in dem Testbericht die Produkte nicht pharmakologisch untersuchen lassen.

Die Beklagte hat sich darauf berufen, dass auch das getestete Arzneimittel alle Voraussetzungen eines Nahrungsergänzungsmittels erfülle. Die Testprodukte seien wegen des einheitlichen Vertriebswegs, der ähnlichen Werbung, des einheitlichen Kundenkreises und der - wenn auch unterschiedlich dosierten - Inhaltsstoffe miteinander vergleichbar.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 218 bis 221 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat das Vorliegen einer Wettbewerbshandlung verneint, aber den geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 1004 BGB für begründet erachtet. Der fragliche Test genüge nicht den Anforderungen an Neutralität, sinnvolle Prüfungskriterien und Objektivität. Neutral sei ein Warentest nur, soweit die ausgewählten Testprodukte im Hinblick auf ihren Verwendungszweck sachlich und funktional miteinander vergleichbar seien. Hieran fehle es jedenfalls im Hinblick auf das an die ausgewählten Testprodukte maßgeblich angesetzte Prüfungskriterium der "pharmakologischen Wirksamkeit". Der auch an diesem Kriterium ausgerichtete Produktvergleich von Nahrungsergänzungsmitteln einerseits mit einem Arzneimittel andererseits berücksichtige nicht den grundlegenden funktionalen Unterschied von Nahrungsergänzungsmitteln und Arzneimitteln. Die Qualifizierung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel- / Nahrungsergänzungsmittel schließe sich begrifflich gegenseitig aus. Da das Produkt der Klägerin für sich nach seiner objektiven Zweckbestimmung als Nahrungsergänzungsmittel nicht in Anspruch nehme, eine heilende oder lindernde Wirkung auf krankhafte Gelenkbeschwerden zu haben, sei es jedenfalls unter dem Kriterium der "pharmakologischen Wirksamkeit" einem entsprechenden Arzneimittel, das gerade auf eine solche Wirksamkeit hin konzipiert sei, nicht sachlich-funktional vergleichbar. Ein entsprechender Vergleich müsse zwangsläufig zu einer schlechteren Beurteilung der Nahrungsergänzungsmittel führen.

Der Test genüge zudem im Hinblick auf das Testkriterium der "pharmakologischen Wirksamkeit" nicht den Anforderungen an eine objektive Untersuchung. Für die Wertung, dass alle getesteten Mittel keine vorbeugende Wirkung hätten und dass bei sämtlichen Nahrungsergänzungsmitteln die pharmakologische Wirksamkeit wenig überzeugend oder nicht vorhanden sei, fehle eine Tatsachengrundlage. Die pharmakologische Wirksamkeit des Wirkstoffs Glucosaminsulfat werde nur in dem Gutachten des Prof. Dr. B thematisiert, wobei sich dieses Gutachten nicht auf eigene Untersuchungen, sondern auf zwei publizierte Studien stütze. Diese Studien hätten sich nur auf bereits an Gelenkbeschwerden erkrankte Probanden bezogen, die Tagesdosen von 1,5 g Glucosaminsulfat, ein anderes Mittel oder Placebos erhalten hätten. Eine Studie, bei der die Wirkung niedrigerer Dosen auf Erkrankte untersucht wurde, wäre ebenso wenig herangezogen wie Studien dazu, ob ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge