Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Ziff. 1, § 32; ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 522 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 17.06.2003; Aktenzeichen 325 O 144/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 25, v. 17.6.2003 aufgehoben
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 25, v. 26.5.2003 wird bestätigt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG vom 17.6.2003 ist zulässig. Sie erweist sich auch als begründet. Dieser Beschluss ist aufzuheben; der Beschl. v. 26.5.2003, durch den die Erstattungspflicht des Beklagten ursprünglich auf 1.099 Euro festgesetzt worden war, ist wiederherzustellen.
Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung einer vollen Prozessgebühr. Diese Gebühr ist durch Stellung des Gegenantrags zu den Berufungsanträgen des Beklagten verdient; sie ist auch in vollem Umfang erstattungsfähig.
Der Senat (OLG Hamburg v. 28.6.1994 – 8 W 136/94, JurBüro 1995, 90) hat in st. Rspr. entschieden, dass zugunsten des Berufungsbeklagten lediglich eine halbe Gebühr nach dem Streitwert der Hauptsache erstattungsfähig ist, wenn die Berufung zurückgenommen wird, ohne dass der Berufungsführer einen Antrag angekündigt hat. Die Begründung ist darin zu suchen, dass die Formulierung des Gegenantrags in diesen Fällen nicht notwendig im erstattungsrechtlichen Sinn (§ 91 Abs. 1 ZPO) ist.
Für Fälle dieser Art hat der BGH zunächst entschieden (BGH NJW 2003, 756), dass auch bei einer nur fristwahrend eingelegten Berufung der Gegner des Rechtsmittelführers kostenrechtlich nicht gehindert ist, einen Rechtsanwalt mit der Wahrung seiner Interessen zu beauftragen.
Der BGH hat ferner (BGH v. 17.12.2002 – X ZB 27/02, MDR 2003, 414 = BGHReport 2003, 355 = NJW 2003, 1324 f.) für den Fall einer zurückgenommenen Revision entschieden, dass für den Antrag des Revisionsbeklagten vor Begründung der Revision nur die halbe Prozessgebühr zu erstatten ist, wenn die Revision zurückgenommen wird.
Allen diesen Fällen war gemeinsam, dass das Rechtsmittel vor seiner Begründung zurückgenommen wurde, so dass sich der Gegenantrag als Sachantrag i.S.v. § 32 BRAGO letztendlich als nicht notwendig erwies.
Der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt zeichnet sich (anders als in dem Beschl. v. 17.6.2003 dargestellt, der ausdrücklich von einer Zurücknahme der Berufung ausgeht) demgegenüber dadurch aus, dass die Berufung vom Beklagten durchgeführt wurde: Sie wurde unter Stellung von Sachanträgen begründet und auch nach einem Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO ausdrücklich weiterverfolgt, woraufhin schließlich ein Zurückweisungsbeschluss des Senats gem. § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO erging. Bei dieser Sachlage war eine Verteidigung der Berufungsbeklagten (Klägerin) unter Stellung von Anträgen fraglos notwendig. Dass sie ihren Gegenantrag bereits vor Eingang der Berufungsbegründung gestellt hat, ist ein rein zeitlicher Gesichtspunkt, der dem Antrag nicht die Notwendigkeit nimmt. Die streitige Durchführung des Berufungsverfahrens zeigt, dass die Klägerin Gegenanträge auch unter dem prozessualen Gesichtspunkt der Notwendigkeit stellen durfte. Auf die zeitliche Abfolge der Anträge kann es hierbei nicht ankommen. Wird die Berufung begründet und stellt der Berufungsbeklagte seinen Gegenantrag, ist die volle Prozessgebühr stets verdient (vgl. auch Madert, NJW 2003, 1496 [1498]).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Daniels
Fundstellen
Haufe-Index 1105938 |
MDR 2003, 1318 |