Normenkette

UWG §§ 5, 5a

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 16.02.2022; Aktenzeichen 315 O 267/21)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 16.02.2022, Az. 315 O 267/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 80.000,00 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien betreiben Kabelnetze und bieten u.a. Festnetztelefon- und -Internetanschlüsse für zu Hause an. Die Antragsgegnerin ist ein regionales Telekommunikationsunternehmen mit Sitz in Hamburg. Gemeinsam mit dem Unternehmen w...t... GmbH versorgt sie in und um Hamburg über ein eigenes Glasfasernetz mehr als 150.000 Haushalte. Die Antragstellerin beanstandet Werbungen der Antragsgegnerin mit Datenübertragungsgeschwindigkeiten und begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Zum technischen Hintergrund:

Herkömmliche Internetzugänge erfolgten in der Regel über Kupferleitungen der T... (DSL, VDSL, Vectoring) oder das TV-Kabelnetz (HFC-Netz) der Antragstellerin. Deren Datenübertragungsgeschwindigkeiten sind u.a. durch die Länge der Kupferleitung, die Summe der parallel verlaufenden Leitungen und das gleichzeitige Nutzungsaufkommen der Internetkunden beschränkt; die verfügbare Bandbreite schwankt in Abhängigkeit von diesen Faktoren.

Glasfaseranschlüsse wie diejenigen der Antragsgegnerin unterliegen solchen Einschränkungen nicht oder in deutlich geringerem Maße. Dabei gehen die Glasfaserleitungen entweder bis ins Haus (FTTB) oder bestenfalls sogar bis in die eigene Wohnung (FTTH) des Kunden. Die Daten werden durch Lichtwellen übertragen. Ein "Übersprechen" durch parallel verlegte Leitungen ist nicht möglich; auch gestatten Glasfaserleitungen eine große Distanz zwischen Vermittlungsstelle und Kunde, ohne dass sich Übertragungsverluste einstellen. Aktuell hält kein anderes Übertragungsmedium höhere Bandbreitenreserven bereit. Die derzeit gemeinhin - auch von der Antragsgegnerin - vermarkteten Bandbreiten sind auf gängige, tarifbedingte Begrenzungen zurückzuführen, stellen aber kein technisches Maximum dar.

Die Antragsgegnerin bewirbt ihre verschiedenen Internettarife, zum Beispiel "w...duoflat 1.000", mit bestimmten Datenübertragungsgeschwindigkeiten, zum Beispiel "1.000 Mbit/s Download, 250 Mbit/s Upload". Bei diesen Geschwindigkeitsangaben fehlen Einschränkungen durch Hinweise wie "bis zu" oder "max.". Die Antragstellerin hält diese Angaben für unzutreffend und damit irreführend, weil es sich jeweils um maximale Datenübertragungsgeschwindigkeiten handele, die nicht für alle Nutzer gleichzeitig dauerhaft geboten werden könnten.

Der von der beanstandeten Bandbreitenwerbung gemäß Anlagen ASt 3 und ASt 4 angesprochene Verkehr werde diese dahin verstehen, dass die Antragsgegnerin bei sämtlichen ihrer glasfaserbasierten Internettarife die jeweils ausgelobten Maximalgeschwindigkeiten - Download wie Upload - für alle ihre Kunden dauerhaft garantiert. Diese Erwartungshaltung sei jedoch falsch und damit irreführend im Sinne von § 5 UWG.

Die Antragstellerin behauptet hierzu, die Antragsgegnerin könne nicht sämtlichen Kunden ihres Glasfasernetzes dauerhaft die Bereitstellung der maximalen Datenübertragungsgeschwindigkeiten bieten. Das sei insbesondere dann nicht möglich, wenn viele Kunden gleichzeitig auf das Netz zugriffen. Auch das Glasfasernetz sei ein "Shared Medium". Hierzu verweist die Antragstellerin auf den Internetartikel gemäß Anlage ASt 12: Die meisten FTTH-Netze basierten auf der sog. GPON-Technologie, bei der sich je nach Ausbauart bis zu 32 oder 64 Kunden eine einzelne Glasfaser teilten.

Dass die ausgelobten Maximalgeschwindigkeiten nicht durchgängig für alle Kunden erreichbar seien, ergebe sich schon aus den eigenen Produktinformationsblättern der Antragsgegnerin gemäß § 1 TK-Transparenzverordnung (Anlage ASt 7). Dass dort etwas niedrigere Werte als "Normalerweise zur Verfügung stehend" und deutlich niedrigere Werte als "Minimal" genannt werden, belege, dass die uneingeschränkte Werbung mit den Maximalgeschwindigkeiten unrichtig sei. Auch die eigenen AGB der Antragsgegnerin widerlegten die streitgegenständlichen Geschwindigkeitsangaben (Anlage ASt 16).

Überdies kaufe die Antragsgegnerin die zu vergebende Bandbreite ihrerseits extern bei Internet-Austauschpunkten an. Die von ihr und dem Schwesterunternehmen w...t... GmbH eingekaufte Bandbreite könne nicht ausreichen, um all ihren Kunden uneingeschränkt die maximale Datenübertragungsgeschwindigkeit zu garantieren.

Schließlich verweist die Antragstellerin auf Publikationen in renommierten Fachzeitschriften wie die "CHIP", die bestätigten, dass auch in dem Glasfasernetz der Antragsgegnerin die maximalen Datenübertragungsgeschwindigkeiten nicht dauerhaft geboten würden (Anlage ASt 17).

Ergänzend bezieht sich die Antragstellerin auf die eidesstattliche Versicherung des Dipl. Ing. J... Z... (Anlage ASt 11) und auf Breitbandmessungen der Bundesnetzagentur (Anlagen ASt 18 und ASt 19).

Die Antragstellerin hat be...

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