Leitsatz (amtlich)

1. Im Hinblick auf Internet-Werbung ist Begehungsort jeder Ort, an dem die Werbung bestimmungsgemäß abgerufen werden kann. Darüber hinaus muss die Internet-Werbung in wettbewerblich relevanter Weise verbreitet sein, d.h. die wettbewerblichen Interessen der Parteien müssen (auch) im Bezirk des angerufenen Gerichts aufeinander stoßen.

2. Im Falle eines Verstoßes gegen § 5 UWG kommt es darauf an, ob auch im Bezirk des angerufenen Gerichts eine relevante Irreführung Dritter möglich ist. Daran fehlt es, wenn sich aus der Internetwerbung ergibt, dass die beworbenen Waren nur lokal begrenzt, und nicht im Bezirk des angerufenen Gerichts bezogen werden können.

 

Normenkette

UWG § 14 Abs. 2 S. 1; ZPO § 281

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 28.02.2006; Aktenzeichen 407 O 344/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 28.2.2006 - 407 O 344/05, aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird an die zuständige Kammer für Handelssachen des LG Heidelberg verwiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen. Eine Entscheidung über die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen LG Hamburg entstandenen Mehrkosten der I. Instanz bleibt der zuständigen Kammer für Handelssachen des LG Heidelberg vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 40.696,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung, Schadensersatzfeststellung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch.

Beide Parteien betreiben in Mannheim Verbrauchermärkte. Sie sind u.a. Wettbewerber im Bereich des Vertriebs von Fotoapparaten.

Am 18.6.2005 bewarb die Beklagte im Internet eine Digitalkamera Canon PowerShot S 2 SI zu einem Preis von 469 EUR. Dabei wies sie auf die unverbindliche Preisempfehlung der Herstellers (UVP) von 549 EUR hin und führte weiter aus "Sie sparen 120". (Anlage JS 1). Tatsächlich betrug die Differenz zwischen dem beworbenem Preis und der UVP lediglich 80 EUR. Die im Internet abrufbare Werbebeilage der Beklagten war zuvor u.a. in einer den Zeitungen "Mannheimer Morgen" (Mannheim) sowie "Rhein-Neckar-Zeitung" (Heidelberg) beigelegten Prospektstrecke veröffentlicht worden. Die Zeitung "Mannheimer Morgen" wird täglich am Hamburger Hauptbahnhof vertrieben sowie per Post an Abonnenten in Hamburg ausgeliefert.

Die Beklagte bietet auf der Eingangsseite ihres Internetauftritts "www.e.de" zwei Auswahlmöglichkeiten an. Zum einen verweist sie unter dem Titel "EINKAUFEN IM INTERNET" auf die Bewerbung ihres Internetvertriebs, zum anderen unter dem Titel "EINKAUFEN IN MANNHEIM" auf die Bewerbung des Angebots ihrer beiden stationären Verbrauchermärkte in Mannheim. Die vorgenannte Werbung vom 18.6.2006 war nur in dem Bereich "EINKAUFEN IN MANNHEIM" abrufbar (Anlage JS 1).

Mit Schreiben vom 23.6.2005 ließ die Klägerin die Beklagte hinsichtlich der falschen Differenzangabe abmahnen (Anlage JS 2). Die Beklagte war jedoch nicht bereit, die verlangte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben (Anlage JS 3). Sie setzte jedoch den Preis für die Canon Digitalkamera PowerShot S 2 SI von 469 EUR auf 429 EUR herab, so dass - ab dieser Preisänderung - die Differenz zwischen der UVP und dem verlangtem Preis tatsächlich 120 EUR betrug.

Nachfolgend erwirkte die Klägerin die einstweilige Verfügung des LG Hamburg vom 7.7.2006 - 312 O 534/05, mit welcher der Beklagten bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in der Werbung für Fotogeräte auf eine Ersparnis im Verhältnis der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) des Herstellers zum verlangten Preis hinzuweisen, soweit die Differenz zwischen beiden tatsächlich geringer ist als die beworbene Ersparnis.

Auf den Widerspruch der Beklagten hob das LG Hamburg mit Urteil vom 27.9.2005 die einstweilige Verfügung vom 7.7.2005 auf und wies den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das LG Hamburg örtlich unzuständig sei. Die streitgegenständliche Werbung wirke sich in Hamburg nicht nachteilig auf den Wettbewerb aus. Es sei kaum vorstellbar, dass relevante Teile des angesprochenen Verkehrs im Bereich des LG Hamburg aufgrund der um 40 EUR zu hoch angegebenen Ersparnis von Hamburg nach Mannheim fahren würden, um die beworbene Digitalkamera dort zu kaufen. Die bloße Empfangsmöglichkeit der Werbung in Hamburg reiche nicht aus, um die Zuständigkeit gem. § 14 Abs. 2 S. 1 UWG zu begründen.

Mit Urteil des Hanseatischen OLG vom 6.7.2006 - 3 U 15/06, wurde dieses landgerichtliche Urteil vom 27.9.2005, Aktenzeichen 407 O 235/05, abgeändert ...

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