Leitsatz (amtlich)

1. Es verstößt es nicht gegen die §§ 9, 10 AMG, wenn bei einem aus der EU parallelimportierten Arzneimittel die beklagten Parallelimporteure in ihrer Funktion als pharmazeutische Unternehmer im Inland durch den eindeutigen Hinweis "umgepackt und parallelvertrieben von" unter Angabe ihrer inländischen Firma auf der äußeren Umverpackung vermerkt sind. Die wörtliche Wiedergabe des Begriffs "pharmazeutischer Unternehmer" muss in diesem Zusammenhang nicht verwendet werden.

2. Es ist zulässig, wenn auf der äußeren Umverpackung zusätzlich der Originalhersteller eines "zentral" (d.h. von der EG-Kommission) zugelassenen Arzneimittels mit seinem ausländischen Firmensitz und mit dem Hinweis: "pharmazeutischer Unternehmer" angegeben ist:

(a) Ein Verstoß gegen die §§ 9, 10 AMG ist nicht gegeben, weil über den inländischen Verantwortlichen wegen der Angaben "umgepackt und parallelvertrieben von" keine Unklarheit entsteht. Die §§ 9, 10 AMG stellen auf das Fehlen der Funktionsangabe ab und nicht auf das Vorhandensein zusätzlicher Hinweise. Deswegen ist die Etikettierung auch nicht irreführend (§ 5 UWG, § 8 AMG).

(b) Als zusätzliche Angabe ist sie keine unlautere Behinderung (§ 4 Nr. 10 UWG). Einer etwaigen Haftung nach § 84 AMG kann die Klägerin wegen der eindeutigen Hinweise auf der Packung begegnen. Für den beanstandeten Zusatz gibt es zudem einen vernünftigen Grund, denn die Klägerin ist so wörtlich als "pharmazeutischer Unternehmer" in den zentralen Zulassungsunterlagen vermerkt, diese Wortwahl wird von der EMEA akzeptiert.

 

Normenkette

UWG § 4 Nrn. 10-11, § 5; AMG § 4 Abs. 18, §§ 8, 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 01.04.2003; Aktenzeichen 407 O 167/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen vom 1.4.2003 abgeändert.

Die Klage in der in der Berufungsverhandlung verteidigten und erläuterten Fassung (Haupt- und Hilfsantrag) wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf 100.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin - ein forschendes Pharmaunternehmen - gehört dem GG-Konzern an, der das Arzneimittel L. herstellt und vertreibt. Die Beklagten sind Parallelimporteure von Arzneimitteln und miteinander geschäftlich verbunden.

Die Beklagte zu 2) hat das Arzneimittel "L. 2 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung" in der Packungsgröße 20 mg aus Griechenland in die Bundesrepublik Deutschland importiert. Die äußere Umverpackung und das innere Behältnis wurden mit deutschsprachigen Aufklebern versehen, eine deutschsprachige Gebrauchsinformation beigepackt. Das so umkonfektionierte Arzneimittel wurde von der Beklagten zu 1) in Deutschland vertrieben.

Auf der seitens der Beklagten umkonfektionierten äußeren Umverpackung befinden sich - jeweils auf den Aufklebern der Beklagten - u.a. folgende Angaben auf der einen Packungsseite:

"Pharmazeutischer Unternehmer: S., .... Bruxelles, Belgien"; und auf einer anderen Packungsseite: "Umgepackt von: X. GmbH", (Anschrift der Beklagten zu 2) Parallelvertrieben von: W. Arzneimittel GmbH", (Anschrift der Beklagten zu 1) (Anlage K 1).

Die Klägerin beanstandet es als wettbewerbswidrig, dass sie auf der umkonfektionierten Arzneimittelpackung als "pharmazeutischer Unternehmer" bezeichnet wird. Sie nimmt deswegen die Beklagten mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch.

Das Arzneimittel L. ist zentral, d.h. durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften zugelassen, die Klägerin ist Inhaberin der Zulassung. In den Zulassungsunterlagen heißt es zur Etikettierung der äußeren Umverpackung in der deutschen Sprachfassung unter Punkt "11. Name und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers":

"Pharmazeutischer Unternehmer: S. Bruxelles, Belgien" (Anlage B 1; vgl. noch zur Packungsbeilage: Anlage B 2).

In dem vorangegangenen Verfügungsverfahren gleichen Rubrums erwirkte die Klägerin am 21.6.2002 eine Beschlussverfügung des LG, mit der den Beklagten unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten worden ist,

1. im geschäftlichen Verkehr das aus Griechenland importierte und von der ... (Beklagten) zu 2) umgepackte Arzneimittel "L. 2 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung" in der Packungsgröße 20 mg in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, abzugeben, feilzuhalten oder sonst in den Verkehr zu bringen, wenn sich der Hinweis: "Umgepackt von: X. GmbH" (mit Anschrift der Beklagten zu 2) nur unten rechts auf der Rückseite der Gebrauchsinformation befindet und nicht bei den Angaben zum pharmazeutischen Unternehmer und Hersteller;

2. wenn die Gebrauchsin...

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