Leitsatz (amtlich)
1. § 13 TMG, wonach der Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs u.a. über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form zu unterrichten hat, ist eine i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG das Marktverhalten regelnde Norm. Denn nach den Erwägungsgründen der dieser Norm zugrunde liegenden Datenschutzrichtlinie 95/46/EG soll durch die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen jedenfalls auch die wettbewerbliche Entfaltung des Mitbewerbers geschützt werden. Den Erwägungsgründen zur Richtlinie ist darüber hinaus zu entnehmen, dass die in § 13 TMG geregelten Aufklärungspflichten auch dem Schutz der Verbraucherinteressen bei der Marktteilnahme dienen, weil sie den Verbraucher über die Datenverwendung aufklären und dadurch seine Entscheidungs- und Verhaltensfreiheit beeinflussen.
2. Es handelt sich nicht um einen gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 HWG für ein Medizinprodukt zulässigen Geld- oder Naturalrabatt, wenn Blutzuckermessgeräte in der Weise beworben werden, dass Patienten für das Ausfüllen einer Gutscheinkarte oder für eine Internet-Registrierung die Übersendung eines Blutzuckermessgeräts und eines Ernährungsratgebers im Nennwert von 100 EUR versprochen wird.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, §§ 5, 8; HWG § 7; TMG §§ 5, 13
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 20.01.2012; Aktenzeichen 406 HKO 155/11) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 20.1.2012, Geschäfts-Nr. 406 HKO 155/11, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es am Ende des Verfügungstenors zu I. b) "wie aus der Anlage A 2 ersichtlich" und am Ende des Verfügungsantrags zu c) "wie aus der Anlage A 6 und A 7 ersichtlich" heißt.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Antragstellerin 7 % und die Antragsgegnerin 93 % zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die in Deutschland B.-Produkte vertreibt, wendet sich im vorliegenden Eilverfahren auf wettbewerbsrechtlicher Grundlage gegen eine Werbung für Blutzuckermessgeräte der Antragsgegnerin, die in Deutschland Roche-Blutzuckermesssysteme vertreibt.
Die Antragstellerin beanstandet von dem Dienstleister C. GmbH unter www.d.de geschaltete Werbung im Internet, mit der Diabetiker aufgefordert wurden, sich zu registrieren und das Gerät "A." "unter Alltagsbedingungen zum Kennenlernen" zu erhalten (Anlage A 2). Zudem wurde in einer auf dem Postweg versendeten Mitteilung Diabetikern unter dem Banner "Gutschein im Wert von 100 EUR" angeboten, sich ein "hochwertiges A. Blutzuckermessgerät (...) kostenfrei zum Testen unter Alltagsbedingungen" nebst dem Ratgeber "Gesunde Ernährung" zuschicken zu lassen (Anlage A 3). Die Seite www.d.de enthielt am 19.8.2011 kein Impressum (Anlage A 2); sie enthielt auch keine Informationen zur Erhebung und Verwendung der für die Registrierung der angesprochenen Kunden erforderlichen personenbezogenen Daten (Anlagen A 6, A 7).
Die Antragstellerin hat unter dem 22.8.2011 die Fa. R. GmbH (Anlage A 9) und die Fa. C. GmbH (Anlage A 11) sowie unter dem 1.9.2011 die Antragsgegnerin (Anlage A 12) abgemahnt. Die Fa. C. GmbH hat sich daraufhin am 26.8.2011 strafbewehrt unterworfen (Anlage A 14), nicht aber die Antragsgegnerin (vgl. Anlage A 18).
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Auslobung einer kostenlosen Zuwendung im Wert von 100 EUR verstoße gegen § 7 Abs. 1 HWG i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG. Ein Ausnahmetatbestand des § 7 HWG liege nicht vor. Zudem beeinflusse die Auslobung entgegen § 4 Nr. 1 UWG die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher in unangemessener und unsachlicher Art und Weise, weil ein erheblicher Anreiz zum "Ausprobieren" gesetzt und der Patient "geködert" werde. Die weiteren Anträge seien begründet, weil der angegriffene Internetauftritt den Vorschriften der §§ 5 und 13 TMG nicht genüge. Die Antragsgegnerin sei neben der Fa. C. GmbH als Mittäterin passivlegitimiert, denn sie habe die genannte Fa. mit der streitgegenständlichen Werbung beauftragt. Eingehende Anfragen von Kunden würden von der Antragsgegnerin selbst bearbeitet; diese versende auch die versprochenen Gegenstände. Auch sei die Internetpräsenz der Antragsgegnerin auf dem Mailing gem. Anlage A 3 als weitere Informationsmöglichkeit angegeben. Zudem seien weite Teile der Adressbestände, an die das Mailing gem. Anlage A 3 versandt worden sei, der Antragstellerin in strafrechtlich relevanter Weise entwendet worden.
Die Antragstellerin hat beantragt, es der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel im Wege der einstweiligen Verfügung zu verbieten, in geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für für das Blutzuckermessgerät "A." wie folgt zu werben und/oder werben zu lassen:
a) mit dem Versprechen, interessierten Diabetikern ein A. Blutzuckermessgerät und den Ratgeber "Gesunde Ernährung", beides in einem Gesamtwert von EUR 100,00, zur Verfügung zu stellen und/oder stellen zu lassen, wenn der Diabetiker hierfür lediglich eine Gutscheinkarte ausfüllt oder eine Registrieru...