Leitsatz (amtlich)

1. Die Feststellung, welches Verhalten einer Partei nach § 531 Abs. 2 ZPO n.F. als nachlässig anzulasten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen, so dass die Anforderungen im einstweiligen Verfahren, das eine schnelle und effektive Sicherung bedrohter Rechte gewährleisten soll, nicht die gleichen sein müssen wie im Hauptsacheverfahren.

2. Jedenfalls im Urheberrecht, wo bei Rechteketten mit internationaler Verflechtung ein lückenloser Nachweis sehr schwierig sein und langwierige Rückfragen und Recherchen erforderlich machen kann, ist dem Rechteinhaber der Verzicht nicht zuzumuten, einen einstweiligen Titel zu erwirken, weil sich später herausstellen kann, dass sich etwaige Lücken in der Rechtekette nur durch in zweiter Instanz vorgelegtes Material schließen lassen.

 

Normenkette

ZPO § 531 Abs. 2, § 936; UrhG § 96

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 308 O 50/02)

 

Tenor

Der Streitwert wird auch für die Rechtsmittelinstanz auf 110.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Auf zwei in Deutschland verkauften, nach den Angaben von Holiday Special Products (Anlage AG 1) lizenzierten CD-Platten (Anlagen Ast 2 und 3) mit u.a. fünf bestimmten Aufnahmen von Bryan Adams wird die Antragsgegnerin im P-Vermerk genannt. Unstreitig hat sie die Platten in Deutschland vertrieben. Die Antragstellerin hat zunächst behauptet und durch eidesstattliche Versicherungen ihres Mitarbeiters Dr. B. (Anlagen Ast 1 und 7) glaubhaft gemacht, sie habe durch Verträge die ausschließlichen Tonträgerrechte der Originalherstellerin A & M Records Inc, Los Angeles, für Deutschland erworben, die die Titel in den USA zuerst veröffentlicht habe. Diese Firma habe durch Generallizenzvertrag vom 1.1.1990 (Anlage zu Ast 7) die Rechte auf die Muttergesellschaft P., Niederlande, übertragen. Diese habe sie ihrerseits am 1.1.1994 an die M. GmbH weitergegeben (Anlage zu Ast 7), die in der Antragstellerin aufgegangen sei. Die Aufnahmen seien identisch (Hörvergleich: Anlagen Ast 4 und Anlage zu Anlage Ast 1). Das LG hat im Wege einer einstweiligen Verfügung Veröffentlichung und Vertrieb der Aufnahmen verboten und die Tonträger sequestrieren lassen.

Nachdem die Antragsgegnerin in der Widerspruchsverhandlung mangelnde Substanz bei Darlegung der Rechtekette gerügt hatte, ist von Antragstellerseite behauptet worden, Originaltonträgerhersteller sei die Firma A & M Records of Canada Ltd. (Adams ist unstreitig Kanadier), die ihre Rechte ebenfalls durch einen Repertoire-Austauschvertrag auf Polygram übertragen habe. Das LG hat seine einstweilige Verfügung aufgehoben, weil der neue Sachverhalt nicht glaubhaft gemacht sei, zumal der Wechsel im Vortrag besondere Anforderungen stelle.

Nunmehr trägt die Antragstellerin vor: Bryan Adams und Bob Clairmountain hätten die Titel „Heaven” und „One Night Love Affair” produziert. Sie hätten die Rechte 1984 auf die A & M Records of Canada Ltd übertragen, die sie 1993 an die US-amerikanische Firma A & M Records Inc. zur Erstveröffentlichung weitergegeben habe (Anlagen BF 2 und 3). Das gleiche gelte auf Grund mündlicher Absprachen und einer schriftlichen Bestätigung von 1993 für den 1987 erstveröffentlichten Titel „Hearts of Fire”. Den Titel „Everything I Do” hätten Adams und Robert „Mutt” Lange produziert. Er sei 1991 in den USA von A & M Records Inc. erstveröffentlicht worden. Der Titel „Have You Ever Really Loved a Woman” sei ursprünglich eine Filmmusik gewesen. Die Tonträgerherstellerrechte an der konkreten Aufnahme, die 1995 in den USA erstveröffentlicht worden sei, seien unmittelbar von der Adams-Firma Badman Ltd auf A & M Records Inc. auf Grund des Vertrages vom 1.8.1993 (Anlage BF 7) übergegangen. Bryan Adams habe seine Rechte immer exklusiv übertragen.

II. Die Berufung der Antragstellerin ist begründet. Sie hat glaubhaft gemacht, dass ihr die Rechte an den genannten Aufnahmen zustehen, woraus sich nach §§ 85, 97 Abs. 1, 126 UrhG die vom LG ursprünglich titulierten Unterlassungsansprüche ergeben. Die Sequestration ist zur Sicherung der Ansprüche aus § 98 UrhG erforderlich.

1. Bryan Adams hat in seinem in der mündlichen Verhandlung überreichten „Affidavit” erklärt, dass die Rechte an allen seinen Aufnahmen, und insbesondere an den fünf streitgegenständlichen, immer und ausschließlich, wenn auch entsprechend ihrer Entstehung auf unterschiedliche Weise, an die Firma A & M Records Inc. gelangt sind. Diese Darstellung findet eine zusätzliche Unterstützung in den Unterlagen, die die Antragstellerin in zweiter Instanz als Anlagen BF 1 bis 7 und BF 9 vorgelegt hat. Die Firma A & M Records Inc. hat ihre Rechte in einem Generallizenzvertrag vom 1.1.1990 auf die P, Niederlande, übertragen, die sie ihrerseits am 1.1.1994 für Deutschland an die in der Antragstellerin aufgegangenen Firma M. GmbH weitergegeben hat. Das ergibt sich aus den eidesstattlichen Versicherungen von Dr. B. und den Anlagen zur Anlage AST 7. Es ist zwar richtig, dass die eidesstattlichen Erklärungen des Zeugen B insoweit nicht ganz korrekt sind, als sie die F...

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