Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der kleinen Sicherungshaft
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen, die an die gerichtliche Ermessensausübung bei der Anordnung der kleinen Sicherungshaft nach § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG zu stellen sind.
Normenkette
AufenthG § 62 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Beschluss vom 16.08.2006; Aktenzeichen 6 T 344/06) |
AG Soest (Aktenzeichen 1-XIV 52/06 B) |
Tenor
Unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses wird festgestellt, dass die Haftanordnung des AG sowie die Anordnung der Haftfortdauer durch das LG rechtswidrig gewesen sind.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Betroffenen findet nicht statt.
Gründe
I. Die Betroffene war aufgrund des Bescheids des vormaligen Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 20.7.2004 vollziehbar ausreisepflichtig. Da sie jedoch zunächst ihre minderjährige Tochter betreute, hinsichtlich derer das Bundesamt das Vorliegen von Abschiebungshindernissen festgestellt hatte, wurde sie geduldet. Die Erteilung eines weitergehenden Aufenthaltstitels wurde im Hinblick auf die Anhängigkeit eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens verweigert.
Im Juli 2005 wurde das Kind durch den Kindesvater, einen seinerzeit wohl in Portugal aufhältigen angolanischen Staatsangehörigen, der Mutter entzogen, indem er es auf eine angeblich nur kurze Reise mitnahm, dann aber nicht zurück brachte. Die Betroffene wurde seitens des Beteiligten zu 2) im Oktober 2005 darauf hingewiesen, dass sie keine Aufenthaltserlaubnis erhalten werde, wenn das Kind verschwunden bleibe. Da Nachforschungen nach dem Aufenthalt des Kindes erfolglos blieben, wurde die Betroffene mit Schreiben vom 30.3.2006 auf ihre Ausreisepflicht hingewiesen und zur freiwilligen Ausreise aufgefordert.
Am 28.4.2006 sprach die Betroffene in Begleitung eines angolanischen Staatsangehörigen bei der Ausländerbehörde vor und erklärte dort, diesen kurzfristig in Deutschland heiraten zu wollen, sobald er rechtskräftig geschieden sei. Am 29.5.2006 wurde die Betroffene abermals auf ihre Ausreisepflicht hingewiesen. Daraufhin ließ sie am 12.6.2006 beim VG Arnsberg beantragen, den Beteiligten zu 2) im Wege einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihren weiteren Aufenthalt zu dulden. Der Antrag wurde durch Beschluss vom 7.8.2006 zurückgewiesen, der dem Beteiligten zu 2) am 9.8.2006 übermittelt wurde.
Am selben Tag beantragte der Beteiligte zu 2) beim AG gegen die Betroffene die Abschiebehaft gem. § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG anzuordnen. Mit dem Antrag legte er dar, dass die Betroffene am selben Tag wegen der Verlängerung ihrer (unter Erlöschensvorbehalt stehende) Duldung bei ihm vorgesprochen, und auf Nachfrage erklärt habe, nicht zur freiwilligen Ausreise bereit zu sein. Ein Flugtermin sei für den 17.8.2006 gebucht.
Das AG hat die Betroffene im Beisein ihres Verfahrensbevollmächtigten angehört. Seitens des Beteiligten zu 2) wurde dabei ein Schreiben der Gemeinde Z1 vom 30.6.2006 vorgelegt, wonach die Betroffene seit Ende März 2006 in ihrer Unterkunft nicht mehr gesehen worden sei. Man habe erst am 27.7.2006 erfahren, dass sie sich bei ihrem Verlobten in I2 aufhalte. Die Betroffene erklärte hierzu, dass sie ihren neuen Aufenthaltsort vor ca. drei Monaten dem Sozialamt mitgeteilt habe. Eine Nachfrage des Amtsrichters bei dem Sozialamt ergab, dass sich die Betroffene dort unter Angabe ihres neuen Aufenthaltsortes gemeldet hatte, nachdem man die Überweisung der Sozialhilfe eingestellt hatte.
Durch Beschluss vom 9.8.2006 ordnete das AG die Sicherungshaft für die Dauer von längstens zwei Wochen an. Es stellte die Tatbestandsvoraussetzungen des § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG fest und führte in den Entscheidungsgründen weiter aus, dass die Betroffene nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie sich der Abschiebung nicht entziehen werde.
Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde ließ die Betroffene insb. rügen, dass das AG das ihm durch § 62 Abs. 2 S. 2 AufenthG eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt habe. Seitens des Beteiligten zu 2) wurde zu der sofortigen Beschwerde durch Schreiben vom 15.8.2006 Stellung genommen. In diesem wurde darauf hingewiesen, dass die Betroffene noch am 9.8.2006 auf Nachfrage erklärt habe, zu einer freiwilligen Ausreise nicht bereit zu sein, da sie in Deutschland zu heiraten gedenke. Zudem habe sie ihren Aufenthaltsort gewechselt, ohne dies der Behörde mitzuteilen, und ihre Heiratsabsichten prompt in dem Moment geäußert, in welchem eine Abschiebung konkretisiert worden sei.
Durch Beschluss vom 16.8.2006 hat das LG die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Sicherungshaft verhältnismäßig sei. Eine freiwillige Ausreise sei vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Betroffene der Aufforderung zur freiwilligen Ausreise vom 30.3.2006 nicht nachgekommen sei, nicht gesichert.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die mittlerweile abgeschobene Betroffene mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Sie beantragt festzustellen, d...