Leitsatz (amtlich)
Von einem Verweisungsbeschluss geht nach den Umständen des Einzelfalls entgegen § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO ausnahmsweise dann keine Bindungswirkung wegen willkürlicher Rechtsanwendung aus, wenn ein als Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes unzweifelhaft örtlich zuständiges Gericht sich über eine nach § 35 ZPO unwiderrufliche und bindende Gerichtstandswahl hinwegsetzt.
Normenkette
ZPO §§ 35-36, 281
Verfahrensgang
AG Detmold (Aktenzeichen 8 C 230/11) |
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das AG Detmold bestimmt.
Gründe
A. Der Kläger nimmt den Beklagten aus einem Mietvertrag über eine Veranstaltungsfläche auf Zahlung eines Mietzinses von 714 EUR in Anspruch. Nach vorangegangenem Mahnverfahren und Erlass eines Vollstreckungsbescheides ist das Verfahren auf den als Einspruch zu wertenden Widerspruch des Beklagten an das AG Detmold abgegeben worden. Dort hat der Kläger mit Schriftsatz vom 4.5.2011 die Verweisung an das AG Langenfeld beantragt. Das AG Langenfeld sei zuständig, da die Parteien im Mietvertrag als Erfüllungsort I und als Gerichtsstand für beide Parteien Langenfeld vereinbart hätten.
In der mündlichen Verhandlung vom 6.7.2011 hat der Kläger erneut die Verweisung an das AG Langenfeld beantragt, hilfsweise den Antrag gestellt, den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten. Der Beklagte hat beantragt, den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Daraufhin hat das AG Detmold mit Beschluss vom 27.7.2011 sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG Langenfeld verwiesen. Die Parteien hätten eine wirksame Gerichtsstandvereinbarung geschlossen. Die Voraussetzungen des § 38 ZPO lägen vor, da der Beklagte bestätigt habe, den Vertrag selbst unterzeichnet zu haben, und als Ist-Kaufmann i.S.d. § 1 HGB dem Begriff der Kaufleute unterfalle.
Mit Schriftsatz vom 19.10.2011 hat der Beklagte die Unzuständigkeit des AG Langenfeld gerügt und die Verweisung an das AG Detmold beantragt.
In der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2011 ist die Frage der örtlichen Zuständigkeit erörtert worden. Das AG Langenfeld hat darauf hingewiesen, dass es den Verweisungsbeschluss des AG Detmold für rechtswidrig und nicht bindend erachte. Der Kläger sei als eingetragener (mithin gemeinnütziger) Verein nicht Kaufmann im Sinne des HGB.
Mit Beschluss vom 16.12.2011 hat das AG Langenfeld sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit dem OLG Hamm zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit vorgelegt. Das AG Langenfeld sei örtlich unzuständig, da der Beklagte seinen allgemeinen Wohnsitz im Bezirk des AG Detmold habe und sich dort auch der Erfüllungsort für die Zahlungsverpflichtung befinde. Die örtliche Zuständigkeit folge auch nicht aus § 29a ZPO, da es sich nicht um eine Streitigkeit aus einem Mietverhältnis über Räume handele. Der Verweisungsbeschluss des AG Detmold entfalte keine Bindungswirkung. Der Kläger sei nicht Kaufmann i.S.d. § 38 Abs. 1 ZPO bzw. des § 1 HGB. Damit setzten sich die Gründe des Verweisungsbeschlusses nicht auseinander.
B.I. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Verschiedene ordentliche Gerichte, die AG Detmold und Langenfeld, haben sich jeweils durch einen unanfechtbaren Beschluss (§ 281 Abs. 2 Satz 1 ZPO) rechtskräftig für unzuständig erklärt. Das OLG Hamm ist gem. § 36 Abs. 2 ZPO zu der Zuständigkeitsbestimmung berufen. Das im Rechtszug zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht ist der BGH und das im Bezirk des OLG Hamm gelegene AG Detmold war zuerst mit der Sache befasst.
II. Als zuständiges Gericht ist das AG Detmold zu bestimmen.
1. Die Zuständigkeit des AG Detmold folgt aus dem allgemeinen Gerichtsstand gem. §§ 12, 13 ZPO.
Es kann dahinstehen bleiben, ob die Parteien wirksam eine hiervon abweichende Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. § 38 Abs. 1 ZPO geschlossen habe. In diesem Fall hätte der Kläger sein bestehendes Wahlrechts nach § 35 ZPO zwischen dem vereinbarten Gerichtsstand und dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes beim AG Langenfeld sowie dem allgemeinen Gerichtsstand beim AG Detmold durch die Angabe im Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides für ihn bindend und unwiderruflich zugunsten des AG Detmold ausgeübt, wo der Rechtsstreit auch rechtshängig geworden ist (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 35 Rz. 2).
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Parteien Langenfeld als ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart hätten, so dass es dem Kläger nicht mehr frei stand, das für den Wohnsitz der Beklagten zuständige AG Detmold zu wählen. Er hätte in diesem Fall im Mahnbescheidsantrag nicht eine Wahl zwischen mehreren zuständigen Gerichten getroffen, sondern ein unzuständiges Gericht benannt, das auf Grund des Antrags des Klägers tatsächlich an das zuständige Gericht hätte verweisen müssen. Dass ein derartiger Sachverhalt vorliegt oder vom AG Detmold bei seinem Verweisungsbeschluss zumindest angenommen worden ist, ergibt sich hier jedoch weder aus der Akte noch aus einer Begründung des Verweisungsbe...