Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsbefugnis des vollstreckungsfreien Miterben. Antragsbefugnis. vollstreckungsfreier Miterbe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der vollstreckungsfreie Miterbe ist zur Antragstellung nach § 2227 Abs. 1 BGB mit dem Ziel der Entlassung des Testamentsvollstreckers befugt, der sein Amt lediglich für einen mit der Testamentsvollstreckung beschwerten Miterben ausübt.

2. Ein wichtiger Grund i.S.d. § 2227 Abs. 1 BGB kann sich in dieser Konstellation nur daraus ergeben, dass der Testamentsvollstrecker durch konkrete Pflichtwidrigkeiten bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses die Rechte des vollstreckungsfreien Miterben gefährdet

 

Normenkette

BGB § 2227 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Siegen (Beschluss vom 17.03.2009; Aktenzeichen 4 T 267/08)

AG Siegen (Aktenzeichen 32 VI 621/08)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG vom 12.11.2008 werden mit Ausnahme der Wertfestsetzung aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Verfahrens der ersten und der weiteren Beschwerde an das AG zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Durch Verfügung vom 23.5.2002 errichtete die Erblasserin zusammen mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament, durch welches sich die Ehegatten gegenseitig zu uneingeschränkten Alleinerben und als Schlusserben ihre beiden Söhne zu 3/5-Anteil - Beteiligter zu 1) - bzw. 2/5-Anteil - Beteiligter zu 2) - einsetzten. Der Beteiligte zu 2) wurde als nicht befreiter Vorerbe berufen, auf den Nacherbfall wurden die Kinder des Beteiligten zu 1) eingesetzt. Hinsichtlich der Vorerbschaft des Beteiligten zu 2) ordneten die Erblasserin und ihr Ehemann Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker bestimmten sie Rechtsanwalt F aus T2.

Nach dem Tod ihres Mannes errichtete die Erblasserin am 2.11.2003 ein maschinenschriftliches Testament, durch welches sie zum einen die Erbanteile der Beteiligten änderte und zum anderen den Beteiligten zu 3) als Testamentsvollstrecker bestimmte.

Nach dem Tod der Erblasserin lehnte Rechtsanwalt F das Amt des Testamentsvollstreckers ab.

Mit Beschluss vom 11.7.2007 hat das AG gem. § 2200 Abs. 1 BGB Rechtsanwalt T aus T2 zum Testamentsvollstrecker ernannt. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 2) hat das LG am 27.8.2007 den Beschluss des AG teilweise abgeändert und den Beteiligten zu 3) als Testamentsvollstecker ernannt. Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) sofortige weitere Beschwerde eingelegt, die der Senat durch Beschluss vom 22.1.2008 als unzulässig verworfen hat.

Am 21.4.2008 hat der Beteiligte zu 3) zu Protokoll der Geschäftsstelle des AG erklärt, dass er das Amt als Testamentsvollstrecker annehme. Daraufhin hat das AG dem Beteiligten zu 3) am 30.5.2008 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, das ihn als Testamentsvollstrecker über den Erbteil des Beteiligten zu 2) ausweist.

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 4.8.2008 hat der Beteiligte zu 1) beantragt, den Beteiligten zu 3) als Testamentsvollstrecker zu entlassen, und das AG darum gebeten, einen anderen Testamentsvollstrecker auszuwählen. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind dem Antrag entgegengetreten.

Durch Beschluss vom 12.11.2008 hat das AG Siegen den Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Beteiligte zu 1) nicht antragsberechtigt sei.

Gegen diesen Beschluss des AG hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 2.12.2008 Beschwerde eingelegt. Durch Beschluss vom 17.3.2009 hat das LG Siegen die Beschwerde als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, dem Beteiligten zu 1) stehe weder eine Beschwerdebefugnis noch das Recht zu, gem. § 2227 Abs. 1 BGB die Entlassung des Testamentsvollstreckers zu beantragen, da sein Erbteil nicht der Testamentsvollstreckung unterliege. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner weiteren Beschwerde, die er mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 4.5.2009 eingelegt hat.

II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) für die weitere Beschwerde ergibt sich bereits daraus, dass seine Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 FGG). Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der Entscheidungen beider Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das AG.

Entgegen der Ansicht des LG war die erste Beschwerde des Beteiligten zu 1) zulässig, insbesondere war der Beteiligte zu 1) beschwerdebefugt. Bei dem Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB handelt es sich um ein Antragsverfahren (Keidel/Schmidt, FG, 15. Aufl., § 12 Rz. 10). Wird der Antrag - wie hier - nur aus ...

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