Leitsatz (amtlich)
Klagt der Zessionar einen Anspruch ein, der durch seinen Prozessbevollmächtigten im Auftrag des Zedenten vorgerichtlich angemahnt worden war, ist die vorprozessual angefallene Prozessgebühr des Anwalts auf seine im Klageverfahren verdiente Verfahrensgebühr gem. Vorbem. 3 Abs. f 4 RVG-VV anzurechnen. Der Gegenstand beider Aufträge ist auf Grund der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise derselbe.
Normenkette
RVG-VV Nrn. 3200, 2300; RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 4; RVG § 15a; ZPO § 104; BGB § 398
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 11 O 30/09) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.042,04 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nahm die Beklagte auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht wegen einer nach ihrem Vortrag fehlerhaften Anlageberatung gegenüber dem Zedenten in Anspruch. Gegenstand der Klage war u.a. ein Anspruch auf Zahlung von 5.863,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit.
Nach der Klagebegründung handelte es sich hierbei um eine 2,3 Geschäftsgebühr nebst Umsatzsteuer, welche der Zedent wegen einer vorgerichtlichen Tätigkeit des Klägervertreters für ihn hat aufwenden müssen.
Der Klägervertreter hatte mit Schreiben vom 4.12.2008 im Namen des Zedenten Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht, eine Zahlungsfrist gesetzt und Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Durch ein am 28.10.2009 verkündetes Urteil des LG wurde die Beklagte u.a. verurteilt, an die Klägerin 5.963,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.3.2009 zu zahlen. In den Entscheidungsgründen wurde hierzu ausgeführt, dass die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren habe.
Das landgerichtliche Urteil wurde nach wechselseitiger Berufung der Parteien insoweit i.H.v. 5.963,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2008 durch Urteil des 31. Zivilsenats des OLG Hamm vom 20.9.2010 bestätigt. In den Gründen heißt es hierzu u.a., dass der Klägerin aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten zusteht.
Die Kosten des Rechtsstreits wurden in vollem Umfang der Beklagten auferlegt.
Das Berufungsurteil ist rechtskräftig.
Der Klägervertreter hat mit Schriftsatz vom 30.12.2009 die Festsetzung eines Kostenerstattungsanspruches der Klägerin für die erste Instanz beantragt und dabei eine ungekürzte Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht.
Das LG hat zunächst durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.1.2011 zugunsten der Klägerin eine ungekürzte Verfahrensgebühr für die erste Instanz festgesetzt.
Gegen den am 13.1.2011 zugestellten Beschluss hat die Beklagte mit einem am 26.1.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und mit dieser eine anteilige Anrechnung der für die vorgerichtliche Tätigkeit des Klägervertreters entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angestrebt.
Die Beklagte hat hierzu im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Klägerin müsse sich die ihr zuerkannte Geschäftsgebühr anrechnen lassen. Es sei dabei unerheblich, dass der Klägervertreter vorgerichtlich für den Zedenten und gerichtlich für die Zessionarin tätig geworden sei, weil sich die Tätigkeit des Klägervertreters auf denselben Gegenstand bezogen habe.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, sie müsse sich die aufgrund der Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten für den Zedenten entstandene Geschäftsgebühr nicht auf die Verfahrensgebühr anrechnen lassen, weil es an der notwendigen Gegenstandsidentität fehle. Es liege keine Rechtsnachfolge in ein Prozessrechtsverhältnis vor, sondern es handele sich um zwei Angelegenheiten unterschiedlicher Auftraggeber. Zu ihren Gunsten sei keine Geschäftsgebühr, sondern ein eigenständiger Schadensersatzanspruch wegen vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten tituliert worden.
Mit Schriftsatz vom 19.1.2011 hat der Klägervertreter eine Kostenerstattung für die zweite Instanz angemeldet und dabei ebenfalls eine ungekürzte Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht.
Hierzu hat die Beklagte die Ansicht vertreten, es sei eine anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vorzunehmen, die auch in der 2. Instanz erfolgen könne.
Daraufhin hat das LG in dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.2.2011 im Rahmen der Festsetzung des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin für die zweite Instanz die vorgerichtliche Geschäftsgebühr mit einem Satz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr der zweiten Instanz angerechnet.
Die Beklagte hat daraufhin die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.1.2011 zurückgenommen.
Gegen den am 22.2.2011 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Klägerin mit einem am 25.2.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt,...